Gelsenkirchen. . Nach 1:2-Blamage in Darmstadt ist der harte Kern der Anhänger mit der Geduld am Ende. Spieler ratlos. Die Kritik an Trainer Markus Weinzierl wächst. Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies erhöht Druck.
Christian Heidel zeichnet aus, dass er sich stellt. Schalkes Sportvorstand diskutierte nach dem 1:2-Debakel beim abgeschlagenen Schlusslicht Darmstadt 98 mit aufgebrachten S04-Fans am Metallzaun im Stadion. „Was sollen wir denn machen“, sagt Heidel entschuldigend, „Huntelaar krank, Höwedes verletzt. Wir haben keine Leute mehr.“ Auf die Frage eines Anhängers, wie es denn jetzt weitergehe, meinte Heidel: „Wir versuchen alles.“
Die Schalker Profis kamen im Gegensatz zu Heidel nicht in den Austausch mit den gefrusteten Anhängern. Nach dem Abpfiff flogen aus dem Schalker Fanblock einige Plastikbecher in den Innenraum. Es hagelte Pfiffe und Schimpfkanonaden. Ordner mussten beruhigend eingreifen, nachdem eine Handvoll Fans über den Zaun geklettert und in den Innenraum gesprungen war.
Relativ nah heran an die wütenden Fans trauten sich nur Coke, Donis Avdijaj, Alessandro Schöpf und Reservespieler Sascha Riether. Der Rest der Profis zog es vor, in sicherer Entfernung zu bleiben oder gleich in die Kabine zu verschwinden. Auch das kam bei Teilen der Fans nicht gut an. „Ich kann die Situation und auch die Tatsache, dass die Leute verärgert sind, verstehen“, sagte Coke im Hinblick auf die Proteste. Schalke steht vor dem Viertelfinal-Rückspiel gegen Ajax Amsterdam (21.05 Uhr/Sport 1) vor der Zerreißprobe.
Spießrutenlauf droht
Sollte gegen die Niederländer ein ähnlich desolater Auftritt wie beim 0:2 im Hinspiel folgen, droht Profis und Verantwortlichen der nächste Spießrutenlauf. Aktuell hat es den Anschein, als würde Schalke binnen weniger Tage eine ganze Saison zunichte machen. Trotz zahlreicher Ausfälle prominenter Kräfte wie Benedikt Höwedes, Klaas-Jan Huntelaar oder Sead Kolasinac muss Schalkes Qualität immer noch reichen, um einen limitierten Außenseiter wie Darmstadt in die Schranken zu weisen. Oder zumindest in Unterzahl auf Distanz zu halten. Als Schalke nach Thilo Kehrers Platzverweis nur noch zu zehnt war, hätten bei den Spielern alle Warnlampen angehen müssen.
Stattdessen stimmte die Zuordnung bei einer Standardsituation, in der eigentlich Stürmer Franco Di Santo wegen seiner Kopfballstärke hätte mitverteidigen sollen, nicht. Und Darmstadt ging als Sieger vom Platz. Trainer Markus Weinzierl hat es nach wie vor nicht geschafft, seine Gefolgschaft in besonderen Situationen zu sensibilisieren.
Schon beim Auswärtsspiel in Bremen (0:3) hätte Schalke einen Riesensatz Richtung Euro League-Ränge unternehmen können, ließ sich aber abschießen. Jetzt in Darmstadt lockte die Aussicht, bis auf einen Punkt zum Sechsten SC Freiburg aufzuschließen. Weinzierl: „Mit drei Punkten wären wir Siebter gewesen. Das hat die Mannschaft gewusst.“ Aber nicht umgesetzt.
Keine Entwicklung zu erkennen
Der 42-Jährige versucht seit Monaten, Konstanz in die Team-Leistungen zu bringen und kommt dabei nicht voran. Der Druck auf den Trainer steigt. Mit der Ruhe, die in den ersten Monaten des Umbruchs auf Schalke herrschte, ist es vorbei, weil die Zahl der Enttäuschungen die guten Spiele bei weitem übersteigt.
Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies setzte Trainer Weinzierl in einem Interview mit der BamS unter Druck: „Wir benötigen und erwarten sportlich eine klare Struktur und Entwicklung.“ Genau diese fehlt bisher zwischen Systemänderungen, Personalpuzzlen und immensen Leistungsschwankungen.
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Die Arbeit von Christian Heidel, der das Scouting-System umstrukturiert hat, findet Anklang bei Tönnies: „Ich zweifle nicht daran, dass wir zukünftig tolle Spieler für Schalke gewinnen werden.“ Aktuell geht es für Schalke mehr denn je um’s Siegen. Mit einem Erfolg über Ajax könnten Leon Goretzka & Co. nicht nur Selbstvertrauen, sondern vor allem die Herzen der Fans zurückgewinnen. Und das steht beim Malocherklub über allem.