Gelsenkirchen. Nach dem 1:1 gegen den SC Freiburg wägt Schalke-Manager Christian Heidel noch ab: Neuzugänge könnten auch die Rückkehrer blockieren.

Schalkes Sportvorstand Christian Heidel gilt als Graf Zahl der Fußball-Bundesliga. Während der Spiele checkt der 52-Jährige regelmäßig die statistischen Daten, die er mit seinem Mobiltelefon auf der Schalker Bank am Spielfeldrand abruft. Heidel kann so erkennen, wie hoch die Laufbereitschaft der S04-Profis ist, wie viele Pässe ankommen und wer die stärkste Zweikampfbilanz aufweist.

Beim 1:1 (0:0) gegen den SC Freiburg erlebte selbst Statistik-Fan Heidel ein Novum. Der Gegner spulte den bisherigen Bundesliga-Rekord von 128,6 Kilometern Team-Laufleistung ab. Da konnten selbst die physisch starken Schalker nicht mithalten. Mit 124,7 Kilometern kamen sie nicht an Freiburg heran.

Auch interessant

Dass die ersatzgeschwächten Schalker sich in der aktuellen Situation die Zähne an eigentlichen Außenseitern ausbeißen, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die personellen Möglichkeiten ausgereizt sind. Trainer Markus Weinzierl musste neben dem rotgesperrten Abwehrschrank Naldo auch auf Aushilfs-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting (Virus) verzichten. Da auch Franco Di Santo (Bauchmuskelzerrung) weiterhin passen muss und Klaas-Jan Huntelaar (Bänderriss) sowie Breel Embolo (Sprunggelenksbruch) ohnehin fehlen, gehen die Königsblauen in der Offensive am Stock.

Schalke-Talente bringen noch keinen Erfolg

Der Versuch, mit Fabian Reese (19), Donis Avdijaj (20) und Talent Bernard Tekpetey (19) durch jugendlichen Elan den Engpass zu überbrücken, bringt derzeit noch keinen Erfolg. Das Trio benötigt Zeit, um den Bundesliga-Schnupperkurs mit Auszeichnung abzuschließen. „Ein ausgebuffter Stürmer hätte gegen Freiburg helfen können“, meinte Heidel, „aber es war keiner da.“

Die Frage, ob im Januar einer kommt, der das Problem lösen kann, ist noch offen. Trainer Weinzierl hatte erst vor wenigen Tagen nach dem Europa-League-Spiel in Salzburg (0:2) Alarm geschlagen. Er weiß, dass es schwer wird, die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb zu schaffen, wenn auch weiterhin wichtige Korsettstangen wegbrechen. „Was nicht passieren wird, ist, dass wir groß einkaufen gehen“, sagt Christian Heidel und schiebt erklärend nach: „Das geht wirtschaftlich nicht. Und das wollen wir auch nicht.“

Heidel denkt optimistisch und geht davon aus, dass sich die Lage im Jahr 2017 bessert. „Wir können jetzt nicht einfach drei Stürmer kaufen. Wenn unsere Verletzten zurück kommen, hätten wir sieben Angreifer“, sagt Heidel etwas überspitzt und korrigiert die Aussage: „Wenn wir einen dazuholen würden, hätten wir fünf Stürmer. Wir haben das noch nicht endgültig entschieden.“ Handlungsbedarf besteht aber definitiv, zumal gerade Hochkaräter Embolo frühestens im April zurückerwartet wird. Ob er dann noch helfen kann?

Das Abschalten wird schwerfallen

Unwahrscheinlich. Ex-Nationalspieler Klaas-Jan Huntelaar erntete nach wenigen Spielen bereits Kritik, weil er nicht ins laufintensive Weinzierl-System passt und gegnerische Abwehrspieler gar nicht in die Zweikämpfe verwickelt. So wie es beispielsweise der pfeilschnelle Breel Embolo in seinen wenigen Einsätzen vormachte.

Auch interessant

Der frühere Blackburn-Rovers-Angreifer Di Santo ist nicht gerade als Knipser bekannt. Er wirft zwar enorme Laufleistung in die Waagschale, strahlt aber im Abschluss kaum Gefahr aus. Eric Maxim Choupo-Moting gilt als zen­trale Anspielstation im Angriff ebenfalls nur als eine Variante, die aus der Not heraus geboren ist.

Schalkes Probleme bleiben. Möglicherweise wird Christian Heidel das Abschalten über Weihnachten schwerfallen, weil er nicht aus dem Grübeln herauskommt. Dass der Manager den eng gesteckten Finanzrahmen im Blick behält, spricht für ihn. Und auch das Szenario eines prall gefüllten Aufgebots, das irgendwann zwangsläufig aus einem Heer von Unzufriedenen bestehen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen.

Auf der anderen Seite muss Heidel auch im Blick haben, dass Schalkes Saisonziele gefährdet sind. Aktuell ist das Team Elfter. In so einer Situation nachzurüsten, wäre verständlich. Kapitän Benedikt Höwedes hält es zumindest „nicht für abwegig“, dass Schalke nachlegt. Heidel wird darüber nachdenken.