Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 trifft am Freitagabend auf den Rekordmeister Bayern München. Wir haben uns vorher mit Trainer Markus Weinzierl getroffen.

  • Der FC Schalke 04 trifft am Freitagabend auf den Rekordmeister Bayern München
  • Wir haben uns vorher mit Trainer Markus Weinzierl getroffen
  • Im Exklusiv-Interview hat er uns verraten, wie er sein Team vorbereitet

Markus Weinzierl (41) kommt im Trainingsanzug zum vereinbarten Termin, es gibt in diesen Tagen viel zu tun auf Schalke. Bei der Heimpremiere am Freitagabend soll sich zum ersten Mal die neue Mannschaft präsentieren, sieben Spieler wurden verpflichtet. Nach dem Fehlstart in Frankfurt (0:1) geht es ausgerechnet gegen Bayern München. Ein ungutes Gefühl? „Nein“, sagt Schalkes neuer Trainer im WAZ-Interview.

Herr Weinzierl, beginnt für Schalke die Saison jetzt noch einmal von vorne?

Markus Weinzierl: Das kann man so sehen. Fakt ist, dass die Entwicklungen in den letzten Jahren in der Bundesliga und im internationalen Fußball dahin gehen, dass der finale Kader immer erst am Ende der Transferperiode steht. Es ist gut, dass wir jetzt mit allen Spielern arbeiten können. In Frankfurt hat die Mannschaft der vergangenen Saison gespielt, nur ohne Leroy Sané. Jetzt haben wir die personellen Möglichkeiten, um auf allen Positionen Konkurrenzkampf zu schaffen.

Schalke-Trainer Markus Weinzierl im Gespräch mit Manfred Hendriock (l.) und Christoph Winkel (Mitte).
Schalke-Trainer Markus Weinzierl im Gespräch mit Manfred Hendriock (l.) und Christoph Winkel (Mitte). © Martin Möller / FUNKE Foto Services

Was versprechen Sie sich von den sieben Neuzugängen?

Weinzierl: Dass sie uns verbessern und das verkörpern, was wir spielen wollen - entsprechend haben wir die Spieler auch ausgewählt. Nabil Bentaleb hat das nach seiner Einwechslung in Frankfurt schon angedeutet. Er war aber erst zwei Tage im Training und kannte daher noch nicht einmal die Namen aller seiner Mitspieler. Deshalb war er nicht in der Startaufstellung.

Bringt Yevgen Konoplyanka die Qualität mit, um Leroy Sané zu ersetzen?

Weinzierl: Yevhen Konoplyanka ist ein international erfahrener Spieler, der jetzt noch etwas Zeit braucht, wie jeder andere Spieler auch, der neu zu einer Mannschaft stößt. Leroy kann man nicht sofort eins zu eins ersetzen, Das hat man auch in Frankfurt gesehen.

Wie viele neue Spieler verträgt eine Mannschaft zu Beginn eines solchen Umbruchs unter den ersten Elf?

Weinzierl: Das wird sich jetzt Woche für Woche in der Trainingsarbeit zeigen, wir haben bisher ein Bundesliga-Spiel in Frankfurt und die Erkenntnisse daraus. Wichtig ist, dass wir jetzt eine Mannschaft entwickeln, die funktioniert.

In Frankfurt war Naldo der einzige Neue in der Start-Elf, und der hat gleich gepatzt…

Weinzierl: Leider, ja. Wir haben als Mannschaft in der Defensive noch nicht über 90 Minuten funktioniert, dann schaut auch Naldo als Innenverteidiger nicht gut aus.

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Es gab Kritik an Ihrer Aufstellung, weil Sie Breel Embolo draußen gelassen haben…

Weinzierl: Bei so vielen Veränderungen in einer Mannschaft gilt die Trainingsleistung. Ich habe Di Santo auf der rechten Seite spielen lassen, weil er engagierter und besser trainiert hat. Franco ist vor allem ein zentraler Stürmer, der aber auch in der Vorbereitung schon rechts gespielt hat. Er hat die Schnelligkeit und die Laufstärke, um dort spielen zu können. Alle müssen sich jetzt in den Dienst der Mannschaft stellen und ihre Qualitäten abrufen, egal auf welcher Position. Embolo ist für mich nicht der Eins-zu-Eins-Ersatz für Leroy Sané.

Auf welcher Position sehen Sie Embolo?

Weinzierl: Er ist ein Spieler fürs Zentrum, der auch auf dem Flügel spielen kann. In Frankfurt war der Gedanke vor dem Anpfiff, dass Embolo das Spiel entscheiden kann, wenn er auf seiner Position eingewechselt wird.

Embolo hat in der Tat eine unauffällige Vorbereitung gespielt, aber er schien auf rechts gesetzt.

Weinzierl: Das war auch dem Umstand geschuldet, dass der Ersatz für Leroy noch nicht da war. Wenn Embolo eine überragende Vorbereitung gespielt hätte, hätte es keine Diskussionen gegeben. Embolo ist ein guter Transfer, wir sind von ihm überzeugt. Ich finde, dass er sein Potenzial andeutet, aber er muss sich noch an die Bundesliga gewöhnen und sich für die Mannschaft zerreißen.

Lieferte das Spiel in Frankfurt auch die Erkenntnis, dass es der Vorjahres-Mannschaft an Qualität gefehlt hat?

Weinzierl: Wir haben in den ersten 25 Minuten geballt die Probleme vor Augen geführt bekommen, um die wir schon gewusst haben: im aggressiven Verhalten gegen den Ball, in der Laufstärke und vor allem im Zentrum. Dahingehend werden wir die Mannschaft verändern. Jetzt geht es darum, dass jeder seine Qualität in jedem Training unter Beweis stellt und es ist die Aufgabe,die richtige Mischung zu finden. Dafür haben wir jetzt Alternativen, die es vor dem Spiel in Frankfurt nicht gab.

Ihr Vorgänger wähnte Schalke in der vergangenen Saison gegenüber Leverkusen oder Mönchengladbach als schlechter besetzt. Wie haben Sie aus Ihrer damaligen Perspektive in Augsburg diesen Vergleich eingeschätzt?

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Weinzierl: Leverkusen und Gladbach sind gewachsene Mannschaften. Wir brauchen eine kontinuierliche Entwicklung. Ich will, dass Schalke eine laufstarke, kompakte Mannschaft wird, die aggressiv gegen den Ball spielt. Die Gegner müssen sagen: Es ist unangenehm, gegen Schalke zu spielen. In Frankfurt waren wir jedoch in den ersten 25 Minuten kein unangenehmer Gegner. Wir arbeiten daran, einer zu werden.

Also wird Schalke in diesem Jahr konkurrenzfähig?

Weinzierl: Das wird die Entwicklung zeigen - ich bin positiv gestimmt.

Ihr Saisonziel wollten Sie nach Abschluss der Transferperiode formulieren. Wie lautet es?

Weinzierl: Wir wollen international dabei sein und so weit oben wie möglich landen.

Auf Augenhöhe mit Leverkusen und Gladbach?

Weinzierl: Erst einmal ist es das Ziel, international dabei zu sein und natürlich Anschluss an die oberen Teams zu bekommen.

Gibt es in Ihnen eine Lust nach Titeln?

Weinzierl: Generell ja. Aber glauben Sie mir: Mit dem Spiel in Frankfurt habe ich jetzt nur die kurzfristigen Ziele im Kopf. Es geht darum, dass die Mannschaft umsetzt, was wir trainieren.

Diese Niederlage scheint schwer an ihnen zu nagen…

Weinzierl: Es ist wichtig, ein anderes Gesicht zu zeigen: Ich will eine Mannschaft haben, die 120 Kilometer läuft, nicht 110.

Haben Sie ein ungutes Gefühl vor dem Spiel jetzt gegen die Bayern?

Weinzierl: Nein. Es ist kein glücklicher Spielplan - gerade, wenn du das erste Spiel nicht gewonnen hast. Aber wir freuen uns auf die Bayern, werden ein anderes Gesicht zeigen und schauen, dass wir punkten oder gewinnen können.

Ihre persönliche Vita sieht nach einem klaren Karriereplan aus: Erst Regensburg, dann Augsburg, jetzt Schalke - die Vereine werden immer größer…

Weinzierl: Es gibt aber keinen Karriereplan, sondern es ist so gelaufen, dass ich bei meinen bisherigen Vereinen das Glück hatte, sie relativ weit unten übernehmen und nach vier Jahren auf dem Höhepunkt verlassen zu können. Regensburg habe ich von einem Abstiegskandidaten in die 2. Liga geführt und Augsburg von einem Bundesligisten, der gerade aufgestiegen war, auf Platz fünf und bis in die Europa League nach Liverpool. Das sind zwei tolle Stationen, die ich mir vorher nicht so ausgemalt hatte. Auf Schalke kann ich jetzt den nächsten Schritt gehen - ich bin sehr zufrieden.

Diese Trainer imponieren Schalkes Markus Weinzierl 

Haben Sie als Trainer ein Vorbild?

Weinzierl: Nein, auch wenn ich ein paar Trainer gut finde.

Wen finden Sie gut?

Weinzierl: Ottmar Hitzfeld und Giovanni Trapattoni sind Trainer, unter denen ich gespielt habe und die mir imponieren.

Sie wurden mit Ottmar Hitzfeld verglichen und in Ihrem konsequenten Handeln auch mit Ernst Happel und Felix Magath. Können Sie damit etwas anfangen?

Weinzierl: Ich habe weder Ernst Happel noch Felix Magath persönlich als Trainer erlebt. Aber, Konsequenz ist erst einmal ein positives Merkmal. Von daher habe ich kein Problem damit, wenn mich jemand in dieser Hinsicht mit den beiden vergleicht.

Dürfen die Spieler bei Ihnen mitbestimmen?

Weinzierl: Das kommt darauf an, um welche Thematik es sich handelt.

Den Mannschaftsrat durften die Spieler nicht selbst wählen. Das ist ungewöhnlich.

Weinzierl: Beim Mannschaftsrat geht es darum, Spieler zu haben, die die Ideen in die Mannschaft hineintragen. Deshalb finde ich es in diesem Fall wichtig, dass ich als Trainer die Auswahl treffe.

Fahren Sie aus der Haut - zum Beispiel in der Halbzeitpause in Frankfurt?

Weinzierl: Das kommt vor (lächelt lange). Ich denke, es ist wichtig auch emotional ganz dabei zu sein, um 100-prozentig erfolgreich zu sein. Das erwarte ich auch von meinen Spielern. Aber man muss sich auch wieder zurücknehmen können.

Im Mannschaftskreis, auch beim Training, sind Sie lauter als in der Öffentlichkeit…

Weinzierl: Das stimmt. Privat bin ich eher ruhig. Aber wenn es um Schalke geht, kann ich auch aus mir herausgehen.

Wie kann man Sie aus der Reserve locken?

Weinzierl: Ich versuche einfach, mich nicht locken zu lassen. Aber ich sage nie, dass das nicht passieren kann. (lacht)

Schafft das Ihre Frau?

Weinzierl: Die schafft das...

Ihre Familie wohnt weiter in Straubing, Sie sind in Gelsenkirchen. Kommt Ihre Familie irgendwann nach?

Weinzierl: Das ist schon das Ziel, dass meine Familie früher oder später hierherzieht. Aber wir haben schulpflichtige Kinder und die Ferien liegen in Bayern anders als in Nordrhein-Westfalen. Wir möchten, dass alles passt und werden zusammen entscheiden.

Anfangs hatten Sie Probleme, hier ein Haus zu finden: Ein Vermieter hat Sie abgelehnt, weil er langfristig vermieten wollte. Hat sich nun jemand erbarmt?

Weinzierl: Ja. Ein Schalke-Fan.