Gelsenkirchen. . Mitglieder des Aufsichtsrates fühlen sich von Schalke-Boss Clemens Tönnies wiederholt vor vollendete Tatsachen gestellt – das gilt auch für den Fall Horst Heldt. Sie wollen eine Aussprache

Der Begriff „Eilausschuss“ ist für viele Mitglieder des Schalker Aufsichtsrates gewissermaßen ein rotes Tuch. Denn durch den Eilausschuss kann der Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten sportliche Entscheidungen genehmigen, ohne dass zuvor das komplette Gremium dazu befragt werden muss. Insgesamt gehören elf ehrenhafte Herren dem Aufsichtsrat des FC Schalke an – den Eilausschuss bilden aber nur zwei Personen: Gegenwärtig sind das Clemens Tönnies und Peter Lange.

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An sich scheint der Eilausschuss durchaus eine sinnvolle Einrichtung zu sein, denn manchmal müssen dringende Entscheidungen schnell getroffen werden. Das Problem, das dabei entsteht: Viele Aufsichtsratsmitglieder fühlen sich durch den Eilausschuss übergangen, weil sie am Ende vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Ihr Eindruck: Letztlich entscheidet sowieso Clemens Tönnies und zieht dabei neben Peter Lange nur noch seinen Stellvertreter Dr. Jens Buchta zu Rate. So mag durchaus auch die gängige Praxis auf Schalke sein. Auch im aktuellen Fall um den geplanten Manager-Wechsel von Horst Heldt zu Christian Heidel.

Nur der engste Zirkel ist auf Schalke informiert

Als der Plan am Mittwoch vergangener Woche durch eine Indiskretion – von wem auch immer – durchsickerte, waren mehrere Herren aus dem Schalker Führungskreis wie vor den Kopf gestoßen. Sie waren nicht eingeweiht und erfuhren aus den Medien, was in ihrem Verein abläuft. Eine knappe Woche später liegen die Fakten längst öffentlich auf dem Tisch, aber über die Hintergründe wird immer noch gerätselt. Man wisse „noch nichts Neues“, hieß es von Männern, die nicht dem allerengsten Zirkel angehören, den Tönnies gezogen hat.

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Das Wort „Alleingang“ macht die Runde, und ist wohl gar nicht so abwegig. So ist der Schalker Aufsichtsrat inzwischen irritiert, dass es keine offene Information über den Manager-Wechsel gibt und möchte diese nun einholen: Bevor die von Heldt für diese Woche angekündigte Entscheidung von Schalke öffentlich gemacht wird, möchte man im Aufsichtsrat doch wenigstens einmal über das Für und Wider diskutieren. Bisher gab es keine Sondersitzung, und die nächste turnusmäßige Sitzung des Gremiums ist für Dezember anberaumt.

Heldt hat seine Entscheidung bereits getroffen

Es geht dem Aufsichtsrat nicht mehr darum, den Manager-Wechsel zu verhindern oder „CT“ zu stoppen – dazu ist es längst zu spät, denn Heldt ist durch die Diskussion der vergangenen Tage so beschädigt, dass er nicht mehr glaubwürdig für die Schalker Zukunft stehen kann. Außerdem hat der Noch-Sportvorstand auch angekündigt, seine eigene Entscheidung bereits getroffen zu haben. Und die dürfte nicht so ausgefallen sein, dass er noch Lust hat, sich weiter vorführen zu lassen.

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Vielmehr geht es Mitgliedern des Aufsichtsrates um den Stil: Es könne nicht angehen, hieß es, dass Tönnies auf der Jahreshauptversammlung verkünde, Heldt werde künftig an seinen Taten gemessen – und dann trotzdem gehen müsse, obwohl die Taten inzwischen gut seien. Für eine Abberufung von Heldt braucht Tönnies im Aufsichtsrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit: Die wird er bekommen, aber nicht ohne vorherige Diskussion. Im Gespräch sind schon Stimmenthaltungen als Zeichen des stillen Protests.

Entscheidungen stehen an

Wann Heldt seinen Schreibtisch auf Schalke räumen wird, steht noch nicht fest: Ein reibungsloser Übergang zu Heidel ist aber nicht gewährleistet. Harald Strutz, Präsident des FSV Mainz 05, schloss offenbar nach einer Sitzung am Montagabend einen kurzfristigen Wechsel Heidels aus. So könnte sogar ein Macht-Vakuum entstehen – schlimmstenfalls bis zum Saisonende. Dabei stehen in den kommenden Monaten wichtige Entscheidungen an: In der Winterpause möchte Trainer André Breitenreiter neue Spieler haben. Und Joel Matip, dem ein Angebot zur Vertragsverlängerung vorliegt, dürfte sich kaum entscheiden, bevor er weiß, mit wem er sich überhaupt jetzt an den Verhandlungstisch setzen soll.

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Clemens Tönnies, davon kann man ausgehen, hat sich seine Entscheidung pro Heidel nicht leicht gemacht – dass er diese ein Stück weit alleine vorbereiten muss, steht außer Frage. Dennoch würde sich der Aufsichtsrat spätestens jetzt deutlich mehr Transparenz wünschen: es gibt Mitglieder, die seit Tagen versuchen, Tönnies telefonisch zu erreichen – vergeblich.

Womit wir wieder beim engsten Zirkel und auch beim Eilausschuss sind, der vor ein paar Wochen sogar vor Gericht zur Sprache kam. Als Aufsichtsrats-Mitglied Axel Hefer mit Erfolg gegen seine befristete Suspendierung durch den Schalker Ehrenrat klagte, erwähnte er: Der Eilausschuss habe im vergangenen Geschäftsjahr mit einer einzigen Ausnahme über alle Vorgänge entschieden – nicht nur über die zeitlich dringlichen.