Gelsenkirchen. Das 0:3 gegen Köln hat Gründe, doch die Niederlage wirft Schalke nicht aus der Bahn. Breitenreiter will die Hohe Belastung nicht als Grund ausmachen.

Es kann gut sein, dass Flieder bei den Königsblauen jetzt aus der Mode gerät. André Breitenreiter, der Trainer des Fußball-Bundesligisten Schalke 04, ist zwar kein Typ, der Erfolg auf Aberglauben zurückführt. Dennoch hatte er in den vergangenen Wochen bei den Spielen auffällig häufig ein fliederfarbenes Polo-Shirt getragen - das war kleidsam, und Siege gab es obendrein. Auch am Sonntag wählte Breitenreiter diese Garderobe, doch seine Mannschaft verlor gegen den 1.FC Köln unerwartet deutlich mit 0:3 (0:1) - die erste Niederlage für Schalke 04 nach zuvor sechs Pflichtspiel-Siegen. Es wurde also nichts mit dem Vereinsrekord von sieben Siegen in Folge - so viele hat Schalke noch nie geschafft, und dabei bleibt es zunächst.

Trotz Niederlage: Applaus der Fans

Dennoch bekamen die Schalker Spieler Applaus von den Fans, als sie sich nach der Niederlage von ihnen verabschiedeten. Breitenreiter fand das “bemerkenswert und gerecht”, nachdem seine Mannschaft zuletzt so viel Gutes geleistet hatte. Deswegen wollte Schalkes Trainer dieses 0:3 auch nicht überbewerten: “Wenn man sechs Spiele in Folge gewinnt, gibt es irgendwann auch mal einen Rückschlag - und jetzt war eben dieser Tag. Köln war einfach besser.”

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In der Tat gab es am Sieg der Gäste nichts zu kritisieren - überraschend war vielleicht die Höhe der Schalker Niederlage, aber die war erklärbar. Denn in der Schlussphase ging Breitenreiter mit seinen Wechseln volles Risiko und setzte auf totale Offensive, um den Rückstand aus der ersten Halbzeit noch umzubiegen - doch dies nutzte Köln mit zwei weiteren Toren durch Yannick Gerhardt (79.) und Simon Zoller (84.) aus. Entscheidend für den Spielverlauf war indes das 0:1 in der 45. Minute durch Anthony Modeste: Der Kölner Torjäger traf mit einem scharfen Flachschuss durch die Beine von Ralf Fährmann und beendete damit imposante 543 Pflichtspielminuten, in denen Schalkes Torwart ohne Gegentor geblieben war.

“Durch die Beine - das tut einem Torhüter immer weh”, sagte Fährmann nach dem Spiel: “Natürlich kann man den Ball halten, und an manchen Tagen habe ich einen solchen Ball auch schon gehalten.” Doch an diesem Sonntag hatte Schalke eben keinen Sahne-Tag erwischt. Fährmann nicht, und die Mannschaft auch nicht.

Breitenreiter macht Niederlage nicht an Belastung fest

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Köln stellte mit einer vorzüglichen Organisation die Schalker Wege so geschickt zu, dass die Gastgeber nur ganz selten den letzten, entscheidenden Pass in die Tiefe spielen konnten. Dennoch gab es in der ersten Halbzeit zwei große Chancen für Schalke, doch einmal setzte Klaas-Jan Huntelaar einen Kopfball gegen das Außennetz (29.), und einmal entschärfte FC-Torwart Timo Horn eine Direktabnahme von Leroy Sané (40.). Mit dem Rückstand wurde es für Schalke dann noch schwerer, zumal es für die Spieler das siebte Spiel in nur 22 Tagen war. Doch daran wollte Breitenreiter die Niederlage wirklich nicht festmachen: “Dass wir eine brutal hohe Belastung haben, ist klar, aber entscheidend war, dass die Kölner es einfach gut gemacht haben.” In der zweiten Halbzeit konnte sich Schalke praktisch keine Chance mehr herausspielen.

Breitenreiter hatte sich da bereits einen dunklen Pulli über sein fliederfarbenes Polo gezogen - es wurde ja auch kühl. Natürlich ging auch er mit einer Enttäuschung nach Hause, aber die Köpfe blieben nicht lange unten. “Man darf das jetzt nicht überbewerten”, sagte Fährmann: “Man muss die gesamte Entwicklung sehen, und die ist weiter positiv.”

So sahen die Schalker das 0:3 gegen Köln - die Stimmen 

André Breitenreiter (Trainer FC Schalke 04): "Ein verdienter Sieg für den 1. FC Köln! Wir hatten im letzten Drittel nicht die Präzision, nicht die Genauigkeit. Das lag zum einen daran, dass unser Passspiel nicht so gut war, aber in erster Linie daran, dass der 1. FC Köln das hervorragend gespielt hat. Die Kölner standen sehr tief, haben uns keine Räume geboten. Sie haben die Kontersituationen gnadenlos ausgespielt."

Breitenreiter über die Fans: "Ich finde das bemerkenswert und gerecht, dass die Mannschaft trotz der 0:3-Niederlage mit Applaus verabschiedet wird. Man kann der Mannschaft nicht vorwerfen, dass sie nicht alles versucht hat. Der Gegner war heute besser, das muss man neidlos anerkennen."

Horst Heldt (Manager FC Schalke 04): "Das siebte Spiel in drei Wochen hätten wir auch noch gern gewonnen. Jetzt haben wir sechs von sieben gewonnen - aber wenn das vorher einer angeboten hätte, hätten wir das alle unterschrieben. Der 1. FC Köln liegt uns nicht, wir haben zum dritten Mal hintereinander gegen Köln verloren. Die haben das einfach gut gemacht. Sie haben sehr defensiv gestanden und waren dann immer mal wieder gefährlich. Wir haben kein Mittel gefunden gegen die zwei Viererketten. Die Präzision im letzten Drittel hat gefehlt, wir haben zu langsam gespielt, in allem war der berühmte Meter nicht da. Das Ergebnis ist um Tor zu hoch, die Niederlage aber verdient."

Heldt über die englischen Wochen: "Ich würde nicht sagen, dass wir überspielt sind. Wir freuen uns doch, dass wir so viele Spiele in kurzer Zeit haben. Das ist für uns kein Alibi. Man sieht es aber am Ende von sieben Spielen im Detail, wenn der Pass zu scharf ist oder zu spät kommt, wenn die Flanke nicht präzise ist. Sicherlich fehlt bei einer jungen Mannschaft ein bisschen die Routine."

Ralf Fährmann (FC Schalke 04): "Wir sind auf einen taktisch sehr gut eingestellten Gegner getroffen und haben nicht die richtigen Mittel dagegen gefunden. Jede Serie ist einmal zu Ende. Unterm Strich stehen sechs Siege in Folge in der ersten Phase der Saison. Das ist phänomenal. Da kann ich der Mannschaft nur ein riesiges Kompliment aussprechen. Von so einer Niederlage darf man sich nicht unterkriegen lassen - bei den Siegen sind wir auch auf dem Teppich geblieben.

Fährmann über die Fans: "Die Fans haben applaudiert, weil sie gesehen haben, dass wir alles probiert haben. Wir hatten heute ein bisschen zu wenig Spritzigkeit. Die letzte Geduld hat gefehlt."

Leon Goretzka (FC Schalke 04): "Heute haben wir gesehen, dass wir sehr viel an uns arbeiten müssen. Ich bin sehr enttäuscht, weil wir Geschichte hätten schreiben können mit einem Sieg. Es ist sehr, sehr ärgerlich, dass uns das nicht gelungen ist. 0:3 ist aber etwas zu hoch. Die Kölner haben es taktisch hervorragend gemacht. Heute hat uns die Lösung gefehlt."

Klaas-Jan Huntelaar (FC Schalke 04): "Wir konnten heute das entscheidende Loch nicht finden. Der letzte Pass war nicht gut. Das hat uns gefehlt. Köln stand sehr defensiv und hat das gut gemacht." (aufgezeichnet von Andreas Ernst)