Gelsenkirchen. . Schalke siegt 1:0, doch nach der schwachen Vorstellung wird der Ärger bei den Fans größer. Wachleute müssen den Eingang der Arena barrikadieren, Vereins-Boss Tönnies kündigt an: Ich laufe nicht weg.
Eine Dreiviertelstunde nach dem Abpfiff hatte das Unheil seinen Höhepunkt erreicht. Männer vom Wachdienst hasteten aus dem Innenraum nach oben zum Haupteingang der Arena, wo sich etwa 250 wütende Schalke-Fans versammelt hatten: Sie wollten dort die Spieler und die Vereinsführung zur Rede stellen. Schalke hatte die Türen von innen verbarrikadiert, der Wachdienst sollte eine zusätzliche Absicherung herstellen. Es waren bedrohliche Szenen, die sich auf Schalke nach dem 1:0-Erfolg gegen den SC Paderborn abspielten. Bilder, die man so bei dem Fußball-Bundesligisten aus Gelsenkirchen noch nie gesehen hatte.
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Schalke-Manager Heldt stellt sich den Fans
Eine Zeit lang musste man eine Eskalation befürchten, ehe der Vereinsvorstand durch einen Seitenausgang nach draußen trat und auf die Anhänger zuging. 20 Minuten wurde diskutiert, zu Ausschreitungen kam es nicht. Manager Horst Heldt, der von Peter Peters und Alexander Jobst flankiert wurde, schlüpfte ins Büßergewand und sagte zu der protestierenden Menschenmenge: „Es ist einzig und allein meine Verantwortung, ich kann mich nur aufrichtig bei euch entschuldigen.“ Als er um 18.32 Uhr durch den Seiteneingang wieder zurück in die Arena ging, war Schalkes Sportvorstand kreidebleich.
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Dieser schwarze Samstag, an dem zwar die Europa League erreicht wurde, aber auch ein Bruch mit Teilen der eigenen Anhänger offen zutage getreten war, hatte Schalke schwer geschockt. Vereinschef Clemens Tönnies sagte dieser Zeitung am Sonntagmittag mit leiser Stimme: „Das muss ich erst einmal in Ruhe sacken lassen und überdenken. Dann gibt es eine Reaktion.“ Er stellte aber auch klar: „Es wird nicht so sein, dass ich weglaufe.“ Das würde auch nicht seinem Selbstverständnis entsprechen.
Fans sind der Meinung: „Der Fisch stinkt vom Kopf“
An Tönnies und Heldt hatten die Zuschauer während des Spiels gegen Paderborn am meisten ihre Wut über die schlechten Leistungen in dieser Saison entladen. Im Stadion gab es eine Reihe von Transparenten, die sich um die Vereinsführung drehten („Der Fisch stinkt vom Kopf“). Es gab wütende Rufe („Tönnies raus“) und sogar auf der Tribüne wurden Aufsichtsrats-Chef und Sportvorstand massiv von Zuschauern beschimpft. „Ein schwieriger Moment für alle“, konstatierte Heldt. Die Entfremdung zwischen Schalkes Fans und der Vereinsführung sowie den Spielern hatte neue Dimensionen angenommen.
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Während die Zuschauer in der ersten Halbzeit weitgehend schwiegen oder mit Hohn und Spott reagierten, wurde der Tonfall mit zunehmender Dauer des Spiels immer aggressiver. „Das Fass ist übergelaufen“, sagte Torwart Ralf Fährmann. Auch der Siegtreffer, der bezeichnenderweise durch ein Eigentor des Paderborners Uwe Hünemeier in der 88. Minute zustande kam, hatte keine deeskalierende Wirkung. Und als die Spieler nach dem Abpfiff zunächst grußlos in die Kabine gingen, schallte es ihnen hinterher: „Wir sind Schalker, und ihr nicht.“
Fährmann von den Fans in Schutz genommen
Um den Flächenbrand aufzuhalten, kehrten die Spieler eine Viertelstunde später auf den Rasen zurück und wagten sich Richtung Nordkurve – es wirkte wie der Gang nach Canossa. Fährmann, den die Fans als einzigen freundlich empfingen („Außer Fährmann könnt ihr alle geh’n“) gestand später, dass die Mannschaft mit dieser Situation überfordert gewesen sei: „Das ist so eine emotionale Kiste, man wusste nicht, wie man sich richtig verhält. Wir sind als Mannschaft reingegangen, und dann haben wir alle zusammen beschlossen, uns den Fans zu stellen.“ Auch Trainer Roberto Di Matteo kam mit auf dem Platz und hielt sich in der letzten Reihe auf – es wirkte fast so, als würde er sich hinter der Mannschaft verstecken.
Schalke schlägt Paderborn
Wie Schalke aus dieser Lage herauskommen will, muss der Klub nach der Saison klären. „Es liegt an uns, die Herzen zurückzugewinnen“, sagt Heldt, der weiter das Vertrauen genießen soll. Über die Position von Di Matteo wird dagegen nach Informationen dieser Zeitung zumindest gesprochen. Er selbst glaubt: „Die Zeit hilft, Wunden zu heilen.“ Das aber kann man sich im Moment aber nur schwer vorstellen.