Schalke scheitert in einer lausigen Saison an sich selbst
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Gelsenkirchen. Nach dem Scheitern im Kampf um einen Platz in der Champions League beginnt auf Schalke die Suche nach den Ursachen. Eine kommentierende Betrachtung.
Bevor diese Saison losging, haben sie auf Schalke viel dafür getan, um gut auszusehen: Als „Kumpel-und-Malocher-Klub” wollten sie sich in Position bringen und das gewisse Etwas noch schärfer herausstellen. Der Spielertunnel in der Arena wurde umgestaltet – er sollte einem alten Bergwerks-Stollen gleichen. Davon gibt es starke Bilder. Sie zeigen Schalke in einem dunklen Tunnel.
Schalke hat die Champions League in dieser Saison nicht verdient
Damals hätte man nicht gedacht, dass diese Bilder heute eine ganz andere Symbolik entfachen, und „Schalke sieht schwarz” ist nur eine harmlose Ableitung. Zum ersten Mal nach drei erfolgreichen Jahren wird Schalke nicht die Champions League erreichen. Könnte man dies allein dadurch erklären, dass vier andere Mannschaften (Bayern, Wolfsburg, Mönchengladbach, Leverkusen) einfach eine herausragende Saison spielen, so ließe sich dieses Scheitern akzeptieren. Aber Schalke ist vor allem an sich selbst gescheitert: Diese Mannschaft hat es einfach nicht verdient, am Ende einer lausigen Saison auch noch belohnt zu werden. Aber wo liegen die Ursachen, dass Schalke jetzt so plötzlich in einem dunklen Tunnel steht?
Fangen wir beim Trainer an, der im Oktober geholt wurde, um die Mannschaft nach einem schwachen Saisonstart (acht Punkte aus sieben Spielen und das Aus im DFB-Pokal) doch noch in die Champions League zu bringen: Mit diesem Projekt ist Roberto Di Matteo krachend gescheitert. In 27 Pflichtspielen unter seiner Regie gab es nur zwölf Siege; Schalke spielt – Stand jetzt – die schlechteste Rückrunde seit 22 Jahren. Auch der in den ersten Monaten berechtigte Hinweis auf die personelle Lage mit vielen verletzten Leistungsträgern taugt nicht mehr als Erklärung: Denn die Tendenz ist negativ – in den letzten drei Spielen schoss Schalke nicht einmal mehr ein Tor. Inzwischen spielt die Mannschaft so emotionslos, wie der Trainer sich gibt. Ob Di Matteo tatsächlich so gut nach Schalke passt, wie es der Verein Glauben machen will, darf inzwischen stark bezweifelt werden.
Schalke-Manager Heldt hatte zuletzt kein glückliches Händchen
Doch stellt man den Trainer schon nach sechs Monaten in Frage, landet man automatisch beim Manager. Horst Heldt hat Di Matteo geholt – der Italiener war sein Kandidat. Heldt hatte zuletzt mit einigen Personalentscheidungen kein glückliches Händchen, obwohl sie auf den ersten Blick fast immer klug erschienen. Nehmen wir in Sachen Spielertransfers nur das Beispiel Sidney Sam: Der war aktueller Nationalspieler, als Heldt ihn zum Wechsel nach Schalke überzeugte – für 2,5 Millionen Euro ein vermeintliches Schnäppchen. Dass Sam auf Schalke nun, wenn überhaupt, wie ein Osterhase spielt, konnte Heldt damals nicht ahnen. Bei Di Matteo muss Schalkes Sportvorstand hoffen, dass der Trainer wenigstens in der nächsten Saison Erfolg hat – sonst war diese Verpflichtung ein millionenschwerer Fehlgriff.
Würde man hingegen an Heldt zweifeln, müsste man konsequenterweise auch Clemens Tönnies hinterfragen, der mit dem Manager die Generallinie absteckt. Und dann wäre der Weg nicht weit zum gesamten Verein – einem Verein, der aber in den vergangenen 14 Jahren 13mal im Europapokal vertreten war und in der Fünf-Jahres-Wertung der Uefa als zweitbester deutscher Klub derzeit auf Platz sieben liegt. So dunkel kann der Tunnel also eigentlich gar nicht sein – so dunkel, wie es in der aktuellen Betrachtung wirkt.
Und dennoch muss es Gründe geben, dass Mannschaft, Trainer und Verein in diesem Jahr meilenweit hinter ihren Vorgaben herlaufen. Mal eine These: Schalke steht sich durch sein Eigenleben in einem ständig aufgeregten Umfeld immer wieder selbst im Wege. Der Klub lebt in einem Klima der Extreme, das es verhindert, Rückschläge in Ruhe zu verarbeiten.
Wenn Schalke im Pokal an einem Drittligisten scheitert (wie in diesem Jahr an Dresden), beginnt damit eine Diskussion, die auch keine Rücksicht darauf nimmt, dass der Trainer (damals Jens Keller) zuvor die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte hingelegt hatte. Wenn Mönchengladbach im Pokal an einem Drittligisten scheitert (wie jetzt in Bielefeld), wird dies abgehakt. Natürlich fällt das leichter, wenn man in der Bundesliga auf Platz drei steht, aber Schalke würde das in einem solchen Fall auch nicht helfen: Auf Schalke würde ein dritter Platz als Normalität abgetan – nicht als Beleg für eine glänzende Entwicklung.
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