Berlin. Im Kampf um die Champions-League-Plätze gelang den Königsblauen trotz Überlegenheit bei Hertha BSC nur ein 2:2 - weil der Keeper patzte.

Auf eine offizielle Sprachregelung hatten sich alle schnell verständigt. Verantwortliche und Spieler des FC Schalke 04 bauten einen Schutzwall um Timon Wellenreu­ther auf. Seit Wochen vertritt der junge Torhüter die verletzten Ralf Fährmann und Fabian Giefer, und in dieser Zeit stellte sich heraus, dass der 19-Jährige von Bundesligareife noch weit entfernt ist. Ein Wettbewerbsnachteil für die ständig den Champions-League-Plätzen hinterher hechelnden Schalker – Wellenreuther kostet sie zu viele Punkte. Zwei waren es in Berlin, wo es für die überlegenen Schalker in letzter Minute noch zu einem 2:2 bei Hertha BSC reichte, nachdem sich Wellenreuther zweimal vergriffen hatte.

Tolles Tor von Leroy Sané für Schalke

„Jeder macht Fehler, ich auch. Wir stehen das zusammen durch”, betonte Joel Matip, dem in der 90. Minute mit einem tollen Kopfball der Ausgleich gelungen war, nachdem er sechs Minuten zuvor einen Ball verstolpert hatte, den er nur noch über die Linie hätte schieben müssen. Auch Trainer Roberto Di Matteo versuchte, kein weiteres Öl ins lodernde Feuer der Verärgerung zu gießen: „Wenn ein Torwart einen Fehler macht, ist es sofort ein Tor”, sagte der Italiener. „Wir alle machen Fehler, und wir werden dem Jungen weiter vertrauen.”

Zweimal lud der Schalker Christian Fuchs die Berliner zu Angriffen ein, zweimal ließ Wellenreuther haltbare Fernschüsse von Valentin Stocker nach vorne abprallen, zweimal ging die eher harmlose Hertha in Führung: Zum 1:0 staubte Änis Ben-Hatira in der 20. Minute ab, das 2:1 durch den eingewechselten Genki Haraguchi in der 81. Minute war eine Kopie des ersten Treffers.

Für das 1:1 hatte fünf Minuten vor der Halbzeit mit einem technisch perfekten Lupfer Leroy Sané gesorgt, der nach der kurzfristigen Absage des von einer Wadenprellung geplagten Eric Maxim Choupo-Moting sein Startelf-Debüt in der Bundesliga geben durfte und nach seinem Tor beim 4:3 in der Champions League bei Real Madrid von der schönsten Woche seiner noch jungen Karriere schwärmte. Dem 19-jährigen Sané wird eine prächtige Perspektive prophezeit, der gleichaltrige Wellenreuther hingegen ist nach kurzfristigen Höhenflügen hart aufgeschlagen.

Den gebotenen Welpenschutz für Wellenreuther gab es zwar auch von Benedikt Höwedes („Wir gewinnen und verlieren zusammen”), aber der Kapitän konnte sein tatsächliches Empfinden nicht verbergen. Schon auf dem Platz hatte er stocksauer reagiert und den jungen Torwart nach dem zweiten Gegentor kräftig zusammengestaucht. „Wir haben zwei Punkte verschenkt”, knurrte der Weltmeister.

Am Samstag kommt Bayer Leverkusen in die Arena (18.30 Uhr, live in unserem Ticker), nicht nur nach Ansicht von Höwedes „ein ganz entscheidendes Spiel” im Kampf um die Königsklassen-Plätze. Höwedes selbst wird fehlen, er sah in Berlin die fünfte Gelbe Karte und schimpfte deshalb über Schiedsrichter Michael Weiner: „Aus 20 Metern Entfernung habe ich ihm bei einer Szene zugerufen, das sei kein Foulspiel gewesen, und er hat behauptet, er habe sich bedroht gefühlt.” Ob Timon Wellenreuther noch einmal aufs Feld darf, ist derzeit ungewiss. Unsicherer könnte auch der 35-jährige Christian Wetklo nicht auftreten, aber Manager Horst Heldt sagte in Berlin, dass ein weiterer Torwartwechsel nur wenig sinnvoll sei („Wenn man sich dafür entschieden hat, muss man das auch durchziehen“). Es sei denn, Ralf Fährmann kehrt schon gegen Leverkusen zurück. Er soll nach seinem Kreuzband-Teilriss selbst grünes Licht geben, wenn er sich bereit fühlt.

Nebenrolle für Schalkes Ex-Führungsspieler Kevin-Prince Boateng

Neben Timon Wellenreuther gab es beim Unentschieden in Berlin noch einen Verlierer auf Schalker Seite. Kevin-Prince Boateng, der ehemalige Führungsspieler, durfte nur in den letzten elf Minuten mitwirken. Der exzentrische Star hat nach der 0:3-Derbypleite vor zwei Wochen in Dortmund den Anschluss ans Team verloren. Sein Vertrag läuft noch bis 2016, aber die Zeichen stehen deutlich auf Abschied zum Saisonende.