Oberhausen. RWO-Trainer Andreas Zimmermann (44) spricht im Interview über Disziplin und Feingefühl im Fußball. Der gebürtige Berliner sagt: “Talent ist gut, aber Charakter ist wichtiger.“ Welche feinen Unterschiede es im Fußball-Land gibt und wie RWO den nächsten Moritz Stoppelkamp finden kann.
Seit Anfang der Saison ist er ein Rot-Weißer: Im Interview mit Dirk Hein erzählt RWO-Trainer Andreas Zimmermann (44) vom Seelenleben der Kleeblätter. Was der gebürtige Berliner an der Mentalität des Reviers schätzt.
Es wurde zuletzt viel über die Finanzen bei RWO geredet: Beunruhigt Sie die Diskussion?
Andreas Zimmermann: Mich beunruhigt das überhaupt nicht, weil ich volles Vertrauen in den Vorstand habe. Bestimmt ist der eine oder andere junge Spieler nachdenklich, weil er so etwas nicht kennt. Aber wir konzentrieren uns voll auf das Sportliche.
RWO möchte in die Spitzengruppe, doch der Saisonstart verlief sehr durchwachsen...
Zimmermann: ...aber die Saison dauert noch bis Mai. Wir lassen uns nicht verrückt machen.
Nach dem Uerdingen-Spiel sind Sie explodiert. Sind Sie ein "harter Hund"?
Zimmermann: Nein, ich bin eigentlich ganz ruhig — auch in der Halbzeit. Eine Mannschaft erwartet da Lösungsvorschläge und nicht, dass man laut herumschreit. Sicher: Es fällt das eine oder andere klare Wort. Okay, auch mal etwas lauter. Aber das habe ich vor der Saison den Jungs gesagt: Dass in unserem Wohnzimmer, das sind Kabine und Besprechungsraum, klare Worte gesprochen werden, aber nicht außerhalb.
Wie reagieren Sie, wenn Sie richtig zufrieden sind?
Zimmermann: Bei Siegen gibt es Belohnungen, das gehört dazu.
Was schätzen Sie an Rot-Weiß Oberhausen?
Zimmermann: Hier sind Menschen am Werk, die Weitsicht haben und die nötige Ruhe. Wir waren schnell auf einer Wellenlänge.
Sie haben auch in Jena und Ingolstadt gearbeitet. Wie unterscheiden sich der Fußball und die Mentalität der Menschen?
Zimmermann: Im Süden sind sie schon sehr verwöhnt. Es geht den Leuten gut. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Fußball ist eine Freizeitbeschäftigung. Im Ruhrgebiet ist es dagegen auch eine Chance rauszukommen, groß zu werden. Und im Osten herrscht noch mehr Disziplin. Das ist dort auf dem Trainingsplatz das höchste Gut.
Inwieweit entspricht das Ihrer Philosophie?
Zimmermann: Disziplin und Ordnung stehen bei mir ganz oben. Wahrscheinlich haben sie mich damals in Jena deshalb genommen. (lacht) Das habe ich von meiner Mutter gelernt. Und die Jungs sollen ein Stück danach leben.
Das bedeutet?
Zimmermann: Pünktlichkeit! Sie müssen nicht um 10 Uhr stramm stehen. Aber Vor- und Nachbereitung, die Pflege des eigenen Körpers sind sehr wichtig.
Ist Fußball bei jungen Spielern auch ein Stück Erziehung?
Zimmermann: Es wird immer wichtiger. Bei allen Spielern geht das nicht. Es gibt unterschiedliche Charaktere. Einen musst du umarmen, mit anderen klar reden. Es ist die Generation, die oft zu früh zufrieden ist und das stört mich ungemein. Drei, vier gute Spiele reichen nicht aus.
Wie findet RWO den nächsten Moritz Stoppelkamp?
Sie haben früher in Paderborn gespielt, der Verein rockt momentan die Bundesliga. Mit dabei ist ausgerechnet ein ehemaliger Oberhausener, Moritz Stoppelkamp...
Zimmermann: Das ist genial, das freut mich richtig. Moritz Stoppelkamp war damals noch nicht so weit, wie er es jetzt ist. Das ist eine Entwicklung. Er hat in Hannover eine schwierige Zeit durchgemacht und ist jetzt gereift.
Wie findet RWO den nächsten Moritz Stoppelkamp?
Zimmermann: Wenn es nur geht, schauen wir uns Spiele an. Ich habe in der gesamten Republik gespielt. Das hilft, weil man überall Kontakte hat. Man bekommt immer wieder Vorschläge. Das Schwierige ist dabei, herauszufiltern, wer zu uns passt. Talent ist gut, aber Charakter ist noch wichtiger.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Wunschspielern?
Zimmermann: Wir wollen eine Mannschaft aufbauen, mit der wir über Jahre zusammenspielen können. Es sind viele neue Jungs dabei, die unterklassig gespielt haben. Und die brauchen einfach Zeit. Man muss dabei Geduld haben, nicht nur als Trainer und Verein, sondern auch als Zuschauer.
Geduld gibt es im Fußball selten, das spüren auch die Trainer. Haben Sie so etwas im Hinterkopf?
Zimmermann: Nein, überhaupt nicht. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit. Ich habe bei RWO direkt großes Vertrauen gespürt.
RWO - FC Kray
Woher stammt Ihr Spitzname „Zimbo“?
Zimmermann: Zimbo, Zimmermann. Das lag nah. Ich weiß gar nicht mehr, woher das stammt. Das hat sich weitergetragen.
Nicht nur Spitznamen werden weitergetragen, sondern auch Charakter-Eigenschaften. Was wird über Sie erzählt?
Zimmermann: Man kann das ja nur erraten. Vielleicht: kommunikativ, ein lebenslustiger Mensch. Ich laufe gerne mit einem Lächeln im Gesicht herum. Wenn ich schlechte Laune habe, ist das nach zehn Minuten erledigt. Ich bin nicht nachtragend.