Essen. Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen entthronte durch den 2:1-Sieg Spitzenreiter SF Lotte und hat dabei auch eine überzeugende Leistung abgeliefert. Allerdings ist jetzt Konstanz gefordert. Am kommenden Samstag geht es zu Borussia Mönchengladbach II.

Der Jubel an der Hafenstraße über den 2:1-Erfolg war verhallt, die RWE-Fans hatten sich bestens gelaunt und hochzufrieden auf den Heimweg gemacht. Sie hatten einen schönen, nein, sie hatten einen wunderbaren Fußballabend erlebt. Und davon gab es in der jüngeren Vergangenheit ja wahrlich nicht viele. Erst einmal hatte RWE in dieser Spielzeit an der normalerweise so gefürchteten Hafenstraße gewonnen, das war zu Saisonbeginn im August mit 2:0 über Alemannia Aachen. Nun also der zweite Heimsieg. Und es war nicht irgendein Gegner, sondern es war der bis dahin ungeschlagene Spitzenreiter Sportfreunde Lotte, den die Essener gerade ohne Punkte und mit einer ordentlichen Portion Frust im Koffer nach Hause geschickt hatten. Es war die erste Auswärtsniederlage für Lotte seit Mai dieses Jahres (0:1 bei RWO).

RWE-Trainer Wrobel wirkte gewohnt sachlich

RWE-Trainer Waldemar Wrobel wirkte dennoch gewohnt kühl und sachlich in der Analyse. „Wir haben keinen Grund euphorisch zu sein. Da muss man nur auf die Tabelle schauen.“ RWE rangiert in der Regionalliga auf Rang neun. Das Saisonziel haben sich die Essener bekanntlich bei Platz drei gesteckt. Doch dieses Geplänkel um die Platzierung spielt derzeit, wenn überhaupt, bei Rot-Weiss nur eine eher untergeordnete Rolle. Es geht mehr um das Leistungsniveau, um die Qualität der Mannschaft. Und die war gegen Lotte bemerkenswert gut. „Wir haben das Spiel hochverdient gewonnen“, stellte Wrobel fest. „Dass man gegen diese starke Mannschaft so dominant auftritt, das haben zuvor noch nicht viele in dieser Liga geschafft. Und mit dem 2:0 zur Pause war Lotte noch gut bedient.“

Spitzenreiter Lotte gestoppt: Kevin Grund (l., RWE) gegen Christian Groß.
Spitzenreiter Lotte gestoppt: Kevin Grund (l., RWE) gegen Christian Groß. © WAZ FotoPool

Als robust, aggressiv und gallig bezeichnete Wrobel die Spielweise seines Teams. Und in der Tat, was noch vor gut fünf Wochen beim 0:4 gegen den Titelanwärter Fortuna Köln gründlich misslang, klappte diesmal vorzüglich. Immer wieder gab es Szenen die bezeichnend waren für die erste Hälfte. Die Gastgeber setzten Lotte mit frühem Tackling unter Druck, eroberten immer wieder früh den Ball. Lotte verlor entscheidende Zweikämpfe bereits im Mittelfeld. Beim 1:0 durch Marcel Platzek (1.) und beim 2:0 durch Pires-Rodrigues (26.) ebenfalls. Es gab weitere Szene, die die physische Überlegenheit der Essener verdeutlichten. Als Platzek und Grieneisen Schulter an Schulter um einen Ball kämpften, strauchelte Lottes Verteidiger beim fairen Körperkontakt, während der RWE-Stürmer eine gute Torchancen bekam (34.). Wenig später hakelte Konstantin Fring in der neutralen Zone den ehemaligen Rot-Weißen Ali Bilgin von hinten. Nicht fair in diesem Fall, aber das Signal war klar: „Nicht mit uns“.

Lotte deutete das enorme Potenzial erst nach dem Wechsel an

Lotte war irritiert, ja sogar verunsichert, suchte dennoch nach einer spielerischen Lösung, vergaß aber zumindest im ersten Durchgang körperlich dagegenzuhalten. „Wenn man versucht, das Ganze fußballerisch zu lösen und dann noch das 0:2 bekommt, ist es nicht so einfach“, erklärte Lottes Trainer Ramazan Yildirim zerknirscht. „Trotzdem haben wir eine überlegene zweite Halbzeit gespielt - nicht mit den klarsten, aber trotzdem mit klaren Chancen. Wir müssen das Tor früher machen.“

Dann hätte es tatsächlich noch einmal eng werden können. Denn nach dem Wechsel deutete Lotte an, welch enormes Potenzial in dieser Mannschaft steckt. Yildirim verglich die letzten halbe Stunde mit einem Handballspiel, so gekonnt ließ der Titelanwärter zeitweise den Ball im Mittelfeld kreisen. Aber auch nur dort, denn richtig gefährlich wurde es vor dem Essener Tor kaum. Und bevor Kevin Freiberger zum 1:2 (87.) traf, hätte RWE nach Kontern die Partie längst entscheiden können.