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Die Existenz von Regionalligist RWE hängt am seidenen Faden. Die Opposition übt scharfe Kritik an Oberbürgermeister Paß. Selbst den völligen Untergang des Traditionsclubs schließen Verein und Stadt nicht mehr aus.

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Von DerWesten

Am Tag nach dem endgültigen „Nein“ von Oberbürgermeister Reinhard Paß, dem Fußballclub Rot-Weiß Essen frisches Geld von der Stadt zu spendieren, herrscht in der politischen und sportlichen Szene helle Aufregung. Selbst den völligen Untergang des über hundert Jahre alten Traditionsclubs schließen Verein und Stadt nicht mehr aus.

Die Opposition von CDU, FDP und Grüne werfen Paß „einen destruktive Vorgehensweise“ und einen „eigenmächtigen Alleingang“ vor, die SPD versucht, Paß trotz interner kritischer Stimmen zu schützen. „Als Kommune im Nothaushaltsrecht kann man kein Sponsoring für einen Profi-club machen“, sagt SPD-Fraktionschef Thomas Fresen. „Wir unterstützen den OB. Die Stadt hat mehr als genug in den Verein investiert. Ich kann nicht über die Schließung einer Schule wie Bergmannsfeld im Brennpunktviertel diskutieren und zeitgleich RWE Millionen gegen“, sagt Essens SPD-Chef Dieter Hilser.

Spendenkonto bei der Sparkasse eingerichtet

Die finanzielle Lage von RWE ist so prekär, dass Vorstand Thomas Hermes zwei Tage vor der Lizenz-Entscheidung des DFB sogar ein Spendenkonto für RWE bei der Sparkasse Essen eingerichtet hat. Doch dem Club fehlen insgesamt 2,6 Millionen Euro, ob er dafür die Bürgschaft der Sparkasse wie am gestrigen Montag geplant, überhaupt ziehen darf, entscheidet der DFB in Frankfurt. Sollte der DFB dies nicht erlauben, muss nach Vereinsaussagen RWE das Insolvenzverfahren eröffnen und würde der Club in die fünfte Liga zwangsabsteigen.

Ein Insolvenzverfahren bedeutet zwar noch nicht die völlige Pleite, doch scheitert dieses am Ende, müsste RWE ganz von vorne in der unterste Spielklasse anfangen. Immerhin präsentierte Hermes am Dienstag einen kleinen Hoffnungsschimmer: Sponsoren erklärten sich bereit, 200 000 Euro zusätzlich zu geben. „Ich mache mir Sorgen, dass der Verein nun völlig abgeht“, gesteht Stadtdirektor und Sportdezernent Christian Hülsmann, der sich stets für RWE eingesetzt hat.

Paß verteidigte am Dienstag seine Entscheidung - und überzog RWE mit Vorwürfen. „Wo sind denn die professionellen Strukturen? Im Verein hat sich doch nichts bewegt.“ In der SPD-Fraktion zeigte man sich irritiert darüber, dass die Vereinsspitze selbst nach der Brandrede von Paß gegen RWE Ende April bei der Einbringung des Sparpakets kein Gespräch mit dem OB gesucht habe. „Der Verein hat mich noch nicht einmal gebeten, Türen für Sponsoren zu öffnen“, sagt Paß selbst.

Erst in der vergangenen Woche habe RWE um eine Million Euro frisches Geld angefragt: „Aber nur mündlich, noch nicht einmal eine plausible schriftliche Vorlage wurde ausgearbeitet“, heißt es in der SPD. Derweil weist der Verein die Kritik zurück. Man habe mit allen Fraktionsspitzen und dem Büroleiter von Paß stetig in Kontakt gestanden. Das müsse reichen.

„So geht man mit einem Traditionsverein nicht um“

Die Opposition wirft Paß vor, übereilt gehandelt und dem Verein keine echte Chance gegeben zu haben. Die Stadt habe nicht alle Hilfsmöglichkeiten ausgelotet, schimpft Grünen-Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger.

„So geht man mit einem Traditionsverein nicht um“, sagt CDU-Fraktionschef Thomas Kufen. „Bei RWE hat sich viel verändert, es wurde im letzten halben Jahr von der neuen Spitze so viel gespart wie es rechtlich möglich war.“ Auch Hülsmann (CDU) lobt: „Seit Leute wie Thomas Hermes und Dirk Buttler dabei sind, wurde nachhaltig gespart.“

FDP-Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß hält den RWE-Kurs von Paß für „völlig überzogen“. Es mache „keinen Sinn, RWE die letzte Hilfe zu verweigern und damit alles bisher Geleistete zu gefährden“. Die neue Lage von RWE mache die Realisierung des für die Stadt wichtigen Infrastrukturprojekts Stadion fast unmöglich. „Nur mit RWE ist es möglich, so ein Stadion wirtschaftlich zu betreiben.“

Dagegen meint die SPD, die Stadionfrage sei unabhängig von RWE zu beantworten. „Die Option RWE muss bestehen bleiben, selbst wenn RWE in der fünften Liga spielt. Es soll auch den Schönebecker Fußballerinnen dienen und andere Veranstaltungen möglich machen.“ Wenn das Sparpaket im Rat Ende Juni genehmigt sei, habe man hier wieder Handlungsspielräume für Investitionen, sagt Hilser.