Essen. Der scheidende Stürmer von Rot-Weiss Essen verabschiedete sich mit einem Tor gegen RWO. Nach zwei Jahren bei RWE empfindet er tiefe Dankbarkeit.

Es war ihm wohl tatsächlich eine Ehre: Als Ron Berlinski mit seinem Treffer zum 3:0 das i-Tüpfelchen auf den Finalsieg über Rot-Weiß Oberhausen gesetzt hatte (Berlinski: „Bin megaglücklich, dass ich den über die Linie gezittert habe“), machte er eine tiefe Verbeugung vor der Westkurve und bedankte sich später bei Sascha Voelcke, der ihm dieses letzte Tor für Rot-Weiss uneigennützig aufgelegt hatte. Ron Berlinski - einer von ihnen.

Schon bei der Verabschiedung der scheidenden Spieler hatte er vor der Partie den größten Applaus von den Rängen bekommen. Der Stürmer mit dem immer geröteten Gesicht wirkte immer so, als sei er direkt aus der Fankurve auf den Platz gerufen worden. Seine Sprintwerte von der Aufwärmseite, wenn er zur Einwechselung gerufen wurde, hatten immer Rekordwerte und werden auf lange Zeit Bestmarke sein. Da brannte immer einer auf seinen Einsatz.

Brannte immer auf seinen Einsatz: Ron Berlinski.
Brannte immer auf seinen Einsatz: Ron Berlinski. © IMAGO/Noah Wedel | IMAGO/Noah Wedel

Jetzt, wo er gehen musste, nach zwei Jahren im RWE-Trikot, klappt er das persönliche Märchenbuch zu und empfindet einfach nur tiefe Dankbarkeit gegenüber dem Traditionsklub von der Hafenstraße. „Ich bin glücklich und traurig zugleich, dass das Kapitel Rot-Weiss Essen nun zu Ende ist.“

Ich bin glücklich und traurig zugleich, dass das Kapitel Rot-Weiss Essen nun zu Ende ist
Ron Berlinski zum Abschied von der Hafenstraße.

Berlinski ließ seine Fußballerlaufbahn kurz Revue passieren: jahrelang in der Westfalenliga zu Hause, dann beim SC Verl direkt den Sprung in die Dritte Liga geschafft - ehe ihn RWE rief, ein kleines Fußballmärchen wurde für ihn wahr: „Dass ich das mit 26 Jahren noch erleben durfte, da könnte man echt ein Buch drüber schreiben. Ich bin megadankbar. Die Fans haben mich so akzeptiert, wie ich bin, sie wussten, was sie an mir haben.“

Und das war eine ganze Menge: „Ich habe wirklich mein Leben auf dem Platz gelassen, ich habe mir Knochen gebrochen. Riesendank auch an die Fans, dass sie das alles so erduldet haben, auch wenn ich ihnen nicht so viele Tore beschert habe, aber sie wussten, dass ich alles für Rot-Weiss Essen getan habe.“

Berlinski bot mehr als Tore: ehrliche Maloche

Natürlich wird ein Stürmer an seinen Toren gemessen, aber Berlinski bot alternativ ein hohes Gut an, dass sie an der Hafenstraße noch mehr zu schätzen wissen: ehrliche Maloche. „Ja, wir sind im Ruhrgebiet. Ich kann nur sagen, mein Vater hat auf der Zeche gearbeitet, der hat mir das mitgegeben, diese Malocher-Mentalität. Hier weiß man harte Arbeit noch zu schätzen und am Ende ist das eine feine Geschichte, die ich mein Leben lang jedem erzählen werde.“

Allerdings hat er auch nicht vergessen: Das erste Drittliga-Jahr für Rot-Weiss war kein Zuckerschlecken, erst im zweiten Jahr habe jeder Spielen seinen Beitrag geleistet, ob er spielte oder nicht, dass man so eine Saison gespielt habe. Natürlich sei es ärgerlich, dass man am Ende Federn gelassen habe, „aber wir müssen auch darauf achten, wo wir hergekommen sind“, so der Stürmer.

Highlight: Eröffnungstraining vor 3500 Zuschauern

Highlights in zwei Jahren RWE? Reichlich: „Erstmal muss ich sagen, das Eröffnungstraining vor 3500 Zuschauern, das war die größte Kulisse, vor der ich je trainiert habe - oder gespielt habe, zu dem Zeitpunkt. Bielefeld, der Last-Minute-Treffer. Mannheim, die geschenkten Tore. Die Mannschaft, das Drumherum, alles ein Bonus in meinem Leben.“

Tiefpunkte? Da kommt er ins Grübeln. „Rot-Weiss Essen lebt von Höhen und Tiefen, ich habe selbst die Tiefen genossen - das gehört in diesem Geschäft dazu.“

Berlinskis Zukunft als Fußballer ist offen

Pläne für die Zukunft hat der 29-Jährige eher kurzfristige: „Also, morgen geht es erst mal nach Mallorca, da werde ich mir drei Tage lang ordentlich einen reindübeln. Danach konzentriere ich mich auf meine Zukunft. Ich hoffe natürlich, dass ich in der Dritten Liga bleibe.“

Und wenn nicht, trifft ihn das auch nicht unvorbereitet: „Ich muss sagen, ich habe zehn Jahre lang ganz normal gearbeitet, es ist schon ein Bonus, in der Dritten Liga Fußball zu spielen, der Alltag ist nicht vergleichbar mit jedem anderen Job. Ich würde mir wünschen, dass es mit Fußball noch nicht zu Ende ist, und wenn doch, ist auch nicht schlimm. Ich falle weich, ich habe zehn Jahre gearbeitet, ich weiß, wo die Brötchen gebacken werden.“

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Plan B? „Zur Not gehe ich wieder zurück in die Werkstatt und lege mich untern LKW, damit habe ich auch kein Problem. Natürlich ist es nicht der große Wunsch, da wieder anzufangen, wo ich aufgehört habe. Es war schon ein Knochenjob, man kann auch einfacher sein Geld verdienen“, weiß der gelernte Kfz-Mechaniker.

Aber die Werkstatt kann warten, es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollte Ron Berlinskis ehrliche Maloche nicht woanders noch benötigt werden. Stürmer sind ein kostbares Gut.

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