Essen. Essens Mittelfeldmann war nach der 0:1-Heimniederlage hin- und hergerissen zwischen Enttäuschung und Stolz über die Saisonleistung. Die Gründe.

Als am Freitagabend die Ehrenrunde durchs Stadion mit Applaus zu allen vier Seiten von den Rot-Weiss-Spielern endlich absolviert war, die Westkurve ihre Lieblinge trotz der 0:1-Niederlage gegen 1860 München noch einmal gebührend abgefeiert hatten, fand Vinko Sapina auch die Zeit für ein paar resümierende Worte an die Medien, nach dem Motto: Hier spricht ihr Kapitän.

Eine Mischung aus Enttäuschung und Stolz

Wobei der Mittelfeldstratege hin- und hergerissen war. „Ich konnte draußen den Fans in die Gesichter sehen, fünfzig Prozent waren enttäuscht, die anderen 50 Prozent durchaus stolz“, fasste er wohl auch seine eigene Gefühlslage in diesem Moment treffend zusammen. „Es ist schwierig, enttäuscht klar, ich würde sagen, es war schon eine unverdiente Niederlage. Wir haben das Spiel im Griff und tolle Ballpassagen gehabt. Ich weiß nicht, wie oft wir heute Aluminium getroffen haben.“ Dreimal stand insgesamt Pfosten oder Latte im Weg: „Das ist schon krass.“

Er macht den Unterschied: Ein Spielertyp wie Fynn Lakenmacher fehlt Rot-Weiss Essen.
Er macht den Unterschied: Ein Spielertyp wie Fynn Lakenmacher fehlt Rot-Weiss Essen. © Hendrik Gräfenkämper/Jan Huebner | Hendrik Gräfenkämper

Enttäuscht war er, aber weit davon entfernt irgendeinen Vorwurf an seine Mitspieler zu äußern: „Klar war das heute eine Riesenchance, aber man muss immer mehrere Spiele betrachten. Ich denke, dass wir heute nichts zu bereuen haben, weil wirklich jeder alles rausgehauen hat“, lautete sein Fazit der verpassten Chance auf den Relegationsplatz. Dann schon eher die verlorene Partie in Münster, die sich der RWE-Kapitän bis heute nicht erklären kann.

Glückwunsch an Darmstadt zum neuen Stürmer Lakenmacher

Dennoch hatten die Münchner bei ihren wenigen Gelegenheiten den Gastgebern aufgezeigt, woran es letztlich in dieser Saison gehapert hatte: An einem wirklich gefährlichen Sturm; so wie ihn die Löwen, allen voran mit Fynn Lakenmacher, zu bieten haben. „Einfache Antwort: hundert Prozent, Glückwunsch an Darmstadt 98, dass sie ihn geholt haben“, so Sapina über den Torschützen des Abends, der den Unterschied ausmachte. Denn da konnten sich auf der Gegenseite zuerst Moussa Doumboya, später Leo Vonic und Ron Berlinski noch so abmühen, ihre Versuche verpufften allesamt wirkungslos.

Ich würde mal sagen: die Konstanz und die Reife
RWE-Kapitän Vinko Sapina zu der Frage, was seine Mannschaft von Meister Ulm unterscheidet.

Dabei sah der RWE-Kapitän den Versuch, mit Distanzschüssen diesmal Erfolg zu haben, durchaus als probates Mittel an. „Zielstrebigkeit im letzten Drittel gegen einen tief stehenden Gegner führt oftmals dazu, dass man schnell die Bälle verliert. Wir mussten das Spiel erstmal in die Länge ziehen, wir würden auch lieber so schnell wie möglich in den Sechzehner kommen, aber wenn Inter Mailand gegen FC Barcelona spielt, müssen die auch erst mal dahin kommen.“

Das erste Ziel für die Saison ist nun Platz vier

Nun geht der Blick wieder nach vorne, und das nächste Ziel lautet: Platz vier und damit die sichere DFB-Pokalteilnahme. „Natürlich sind wir jetzt auch abhängig von den anderen Mannschaften. Wenn wir Platz vier erreichen, dann sage ich euch ehrlich: Oberhausen..... ja, nehmen wir sehr ernst dann“, grinste der Kapitän, der es in diesem Augenblick wohl viel drastischer formulieren wollte.

Zum Schluss ging der Blick des gebürtigen Ulmers noch zum souveränen Aufsteiger, der den Durchmarsch aus der Regionalliga mit Bravour hinlegte. Die Anerkennung des RWE-Kapitäns war ihnen sicher: „Das hat sich die ganze Mannschaft verdient. Man hat schon gesehen in den beiden Partien gegen die Ulmer, dass das kein Zufallsding war, sie haben sehr konstant über die ganze Saison eine tolle Mannschaftsleistung gebracht.“

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Die Ulmer sind fortan die Meßlatte für die Rot-Weissen, zeigten sie ihnen doch auf lange Strecke deutlich auf, was zum großen Ziel Aufstieg noch fehlt in der Zukunft: „Ich würde mal sagen: die Konstanz und die Reife. Sie sind spielerisch stark, mit ein oder zwei Ausnahmespielern, das ist alles kein Hexenwerk, da sehe ich uns viel weiter vorne. Man sieht, dass sie ein eingespielter Haufen sind, dass sie funktionieren als Mannschaft, da nimmt sich keiner raus. Dann gibt letztlich die Kompaktheit den Ausschlag - und der Wille.“

Den hat Rot-Weiss in den meisten Spielen auch gezeigt. Was fehlt also? Eher ein Stürmer á la Lakenmacher. Und einen Obuz-Ersatz gleich mit dazu.

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