Essen. Essens Coach ist von den Lobhudeleien der Gäste fast schon genervt. Es wird deutlich: Fallen Eckpfeiler aus, verliert die RWE-Abwehr ihre Statik.

Die RWE-Fans ließen sich auch vom Spiel den ersten richtigen Frühlingstag nicht vermiesen. Als die 1:3-Heimniederlage gegen die Spielvereinigung Unterhaching so gut wie besiegelt war und das Aufbäumen der Rot-Weissen nicht mehr zu erwarten war, sangen sie auf den Rängen „RWE, RWE - wir halten zusammen“. Eine nette, aufmunternde Geste, gewiss, aber was nutzt es? Um den Tatsachen ins Auge zu sehen: Mit der zweiten Heimniederlage in Folge, mit der dritten Niederlage gegen den dritten Aufsteiger, dürften die Essener vom Aufstiegszug nur noch die Rücklichter sehen - bevor er am Sonntag (16.30) beim SC Verl wohl endgültig um die Ecke biegt und außer Sichtweite ist.

Die Niederlage gegen Unterhaching wurde selbst eingeleitet

War die 0:2-Niederlage gegen Ulm noch zu akzeptieren, weil gegen das bessere Team geschehen, so hatte man die Pleite gegen Unterhaching ein Stück weit selbst eingeleitet. Die alte Fußballer-Weisheit, dass Stürmer im eigenen Strafraum nicht verteidigen sollen, sie bewahrheitete sich auch diesmal: Die Art und Weise, wie Ron Berlinski im Strafraum den Unterhachinger Raphael Schifferl mit der Fußspitze in Kopfhöhe attackierte, konnte folgerichtig nur Rot als Konsequenz haben. Der in dieser Szene sicherlich übermotivierte RWE-Stürmer war zumindest Manns genug, sich hinterher freiwillig den Fragen zu stellen. Kleinlaut entschuldigte er sich bei Mannschaft und Anhang für diese Aktion und wies als kleine Entschuldigung auf die Tatsache hin, dass er noch nie glatt Rot kassiert habe.

Die Rote Karte leitete die stärkste RWE-Phase ein

Dass die Rote Karte und der Rückstand durch fälligen Strafstoß ausgerechnet die stärkste Phase der Rot-Weissen bis zur Pause einleitete, gehört zum Kuriosum der 94 Spielminuten. Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch drehten die Gastgeber plötzlich auf, auf der rechten Seite stand Marvin Obuz wieder in der Blüte seines Schaffens, sorgte folgerichtig für den Ausgleich und hätte fast noch einmal die Hände zum Jubel hochreißen können, als Torben Müsel kurz vor der Halbzeit das Gestänge zum Klingen brachte.

Auch Moussa Doumbouya konnte dem RWE-Sturm nach seiner Einwechselung kein Leben mehr einhauchen.
Auch Moussa Doumbouya konnte dem RWE-Sturm nach seiner Einwechselung kein Leben mehr einhauchen. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Es war der Augenblick des Spiels, in der die Partie noch einen gänzlich anderen Verlauf hätte nehmen können - wenn da nicht die Unzulänglichkeiten in der RWE-Abwehr wären. Es bleibt dabei: Fällt die Achse Götze - Sapina von Beginn an aus, leidet die Statik des RWE-Spiels auf fatale Art und Weise. Der Kapitän dient als „Staubsauger“ vor der Abwehr, er löscht manch gefährliche Aktionen bereits im Mittelfeld, wozu die offensiv ausgerichteten Müsel und Thomas Eisfeld nicht in der Lage sind.

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Und wenn hinten Rios Alonso nicht die ordnende Hand eines Götze neben sich spürt, wird sein Abwehrverhalten phasenweise recht konfus, was natürlich auch auf Nebenmann Mustafa Kourouma abstrahlt. Das 21jährige Abwehrtalent war dann auch folgerichtig an den Gegentreffern zwei und drei fast schon in der Zuschauerrolle maßgeblich beteiligt, beim entscheidenden 1:3 durch Maurice Krattenmacher (61.) gesellten sich auch noch Andreas Wiegel und Rios Alonso als „Spalierobst“ hinzu.

Nach den Einwechselungen ging kein Ruck durch die Mannschaft

Die größte Enttäuschung des Spiels aber war, dass auch nach 67 Minuten, als mit Sapina und den Stürmern Leo Vonic und Moussa Doumbouya drei frische Kräfte eingewechselt wurden - später kamen noch Voelcke und Kaiser hinzu - kein Ruck mehr durch die RWE-Reihen ging. Vielleicht reagierte Trainer Christoph Dabrowski auch deshalb auf die „Lobhudelei“ seines Kollegen Marc Unterberger besonders genervt. Der RWE-Coach möchte wieder mehr „Motivation und Intensität“ von seiner Mannschaft daheim sehen. Damit ist er nicht alleine - trotz der aufmunternden Gesänge.

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