Essen. Rot-Weiss Essen kehrt in den Profifußball zurück. Der Traditionsverein von der Hafenstraße muss für die 3. Liga zunächst einen Trainer finden.

Als Schiedsrichter Niklas Dardenne pünktlich nach 90 Minuten abpfiff, gab es auf den Rängen kein Halten mehr: Das Stadion an der Hafenstraße nahm ein Vollbad in Rot und Weiß, die Fans fluteten den Rasen. Rot-Weiss Essen meldet sich zurück in der Dritten Liga, nach endlos lang scheinenden 14 Jahren, die Verantwortlichen wie Fans viele Nerven und noch mehr Geld kosteten.

Rot-Weiss Essen entscheidet Herzschlagfinale für sich

Das Herzschlagfinale mit den Preußen aus Münster, die vor dem letzten Spieltag punktgleich mit den Essenern waren, lief ganz nach dem Geschmack des Spitzenreiters: Cedric Harenbrock brachte RWE gegen RW Ahlen nach 29 Minuten in Führung, wenig später lag die U23 des 1. FC Köln in Münster plötzlich in Front. Im Stadion wurde schon ein bisschen angeglüht.

Nach dem Aufstieg ging die Party für die Fans von Rot-Weiss Essen in der Stadt weiter.
Nach dem Aufstieg ging die Party für die Fans von Rot-Weiss Essen in der Stadt weiter. © ffs | Kerstin Kokoska

Kurz nach der Pause glichen die Münsteraner zwar aus, aber als Essens Tormaschine Simon Engelmann (24 Saisontreffer) nach einer Stunde auf 2:0 erhöhte, gab es schon kein Halten mehr. Es setze die ersten Bierduschen. Dann öffneten sich endlich die Tore, obwohl das Spiel in Münster beim Stande von 2:1 noch gar nicht abgepfiffen war, aber das Endergebnis des Konkurrenten wurde nur beiläufig registriert, die Party auf dem Rasen hatte längst begonnen. Ein Tor beugte sich der Wucht der Menschenmenge und ging in die Knie, auch der Rasen war an den markanten Stellen nicht mehr so üppig, worauf das Spiel der SGS Essen in der Frauen-Bundesliga tags darauf an andere Stätte verlegt werden musste, aber man war darauf vorbereitet.

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Am Ende ging Rot-Weiss Essen mit drei Toren Vorsprung über die Ziellinie. Knapp, aber verdient. Der Klub hatte auf dem Weg etliche Klippen umschiffen müssen: Der Abwerbeversuch des RWE-Kapitäns Dennis Grote aus Münster kurz vor der Winterpause mit anschließender Suspendierung, coronabedingte Spielausfälle, der Böllerwurf gegen Münster mit anschließendem Punktabzug.

RWE: Ein riskanter Weg zahlt sich aus

Die Verantwortlichen konnten sich hinterher anerkennend auf die Schultern klopfen, waren sie doch zwei Spieltage vor Ende volles Risiko gegangen und hatten in einer Schwächephase Trainer Christian Neidhart freigestellt. Sportdirektor Jörn Nowak als Teamchef und Co-Trainer Vincent Wagner hauchten dem Team wie erhofft neues Leben ein.

Rot-Weiss Essen steigt auf: Alle Texte zur RWE-Party

Die Mannschaft wird nun von Montag bis Mittwoch auf Mallorca ihr Schlafdefizit ausweiten. Innenverteidiger und Partyhengst Felix Herzenbruch, bei den Feierlichkeiten später in grüner Warnweste und Leoparden-Badehose zu bestaunen, hatte schon beim Aufwärmen „Tränen in den Augen“, als er die 16.500 Fans sah. Herzenbruch freut sich heute schon auf später: „Ich bin jetzt eine Legende, wenn ich in 15 Jahren hier hinkomme und die Leute sagen, Herze ist ein geiler Typ, dann habe ich alles erreicht.“

Während das Team nun Party macht, beginnt bei den Verantwortlichen ab Montag schon die Vorbereitung auf die neue Saison. Bis Ende Mai, so RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig, der das erste Mal in seiner Essener Zeit nach Abpfiff gelöst wirkte, soll der neue Trainer feststehen: „Wir haben noch nichts Konkretes, aber schon einige Ideen.“

Und Aufsichtsratschef Andre Helf, dessen Nachtruhe am Samstagmorgen um 4.30 Uhr irgendwie zu Ende ging, bevor „der Tanz auf der Rasierklinge“ seinen Showdown nahm, hat natürlich schon den verstärkten Kader im Blick. Es gab schon viele Gespräche mit Kandidaten, denen aber im Endeffekt die entscheidende Zusicherung fehlen musste, weil die Ligazugehörigkeit vakant blieb. Nun haben sie Sicherheit. Helf: „Alle dürfen davon ausgehen, dass RWE in Liga Drei eine schlagkräftige Truppe beisammen haben wird.“

Rot-Weiss Essen: Torjäger Simon Engelmann bleibt

Besonderheit am Rande: Ex-Trainer Christian Neidhart, der daheim in Osnabrück vor dem PC mitfieberte, hat nun auch einen Kontrakt für die Dritte Liga in der Tasche, sein Vertrag verlängerte sich automatisch. Während er ihn wohl kaum erfüllen wird, sieht es beim Torjäger Simon Engelmann wohl anders aus: Auch der Vertrag des 32-Jährigen verlängerte sich mit dem Aufstieg automatisch. Der Spieler freut sich bereits auf die nächste Saison: „Endlich Dritte Liga, ich habe darauf 12 Jahre gewartet, der Verein 14, ich bin einfach nur froh und stolz.“ Und der Stürmer, um den sich zuletzt Wechselgerüchte rankten, will auch weiter für RWE auflaufen: „Das ist der Plan, ja.“