Essen. Dass Rot-Weiss Essen den Aufstieg verpasst, ist wahrscheinlich. Marcus Uhlig bereitet den nächsten Anlauf vor – und schließt ein Szenario aus.
Der Kragen von Marcus Uhlig war am Donnerstagmittag „nicht mehr ganz so dick“ wie noch am Mittwochabend – eine gute Leistung in Rödinghausen garniert mit mäßiger Chancenverwertung und aus der Sicht des RWE-Vorsitzenden „grotesken“ Schiedsrichter-Entscheidungen führte zu einem 1:1. Auch wenn Rot-Weiss Essen eine starke Saison spielt, droht das gleiche Ergebnis wie vergangenes Jahr, wie vorletztes Jahr – wie schon viel zu lange: Rot-Weiss Essen muss wohl weiter für die Fußball-Regionalliga planen.
„Wir haben unsere Hausaufgaben nicht erledigt, um diesen Zweikampf wieder befeuern zu können“, stellte Uhlig mit Blick auf das Ergebnis und das Fernduell mit der U23 von Borussia Dortmund fest. Das, was kleiner wurde, war nicht wie erhofft der Rückstand auf den BVB, sondern einzig die Zahl der ausstehenden Spiele – und der Raum für Optimismus. Da redet Uhlig nicht drumherum, auch wenn er weiter an den Aufstieg glaubt.
Rot-Weiss Essen: Am Trainerstuhl wird von Uhlig nicht gerüttelt
„Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit werden wir es nicht schaffen“, sagt Uhlig auf die Frage, wie er die Chancen einschätzt. Das Saisonziel Aufstieg wird also voraussichtlich verfehlt, nach der starken Hinrunde ist das für viele vielleicht noch enttäuschender als in den Jahren davor.
„Wir nehmen natürlich wahr, dass gerade Unzufriedenheit, Frust und Verärgerung größer werden, dass es scheinbar wieder nicht klappt – damit müssen wir umgehen“, sagt Uhlig mit Blick auf das leiderprobte und ungeduldige RWE-Umfeld. Dem Ruf nach einem großen Umbruch erteilt er aber eine Absage – auch und explizit auf der Trainerposition.
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Uhlig kündigt für den Nicht-Aufstiegsfall an: „Wir sind so selbstkritisch, wir müssen dann den Finger in die Wunde legen und herausfinden, was wir mit Blick auf die neue Saison noch besser machen können. Aber keinesfalls in einer Art und Weise, dass wir wieder das große Reinemachen starten und zig Leute rausschmeißen oder einen Trainer rauswerfen.“ Stattdessen wolle man das verbessern, was zu verbessern ist. Was aus Uhligs Sicht der kleinere Teil ist.
Der Aufstieg bleibt für RWE als Ziel „alternativlos“
Der RWE-Chef betont: „Wenn man so ein klar formuliertes Ziel knapp verfehlt, dann kann nicht alles schlecht gewesen sein. Ich glaube, wir haben in dieser Saison mehr richtig als falsch gemacht.“ Aber klar sei auch, dass dieser Aufstieg „alternativlos“ (Uhlig) ist.
Ein „Wischi-Waschi-Ziel“ wollen die Rot-Weissen deshalb auch nächstes Jahr nicht ausgeben, sondern einen „maximal ambitionierten“ Kader aufstellen (das würde übrigens auch im Fall des inzwischen eher überraschenden Aufstiegs gelten). „Dann würden wir mit einer gehörigen Jetzt-erst-recht-Stimmung wieder angreifen“, bereitet Uhlig schon auf den nächsten Versuch vor.
Wenn der Aufstieg eher unwahrscheinlich erscheint – was wäre also im Juni der Maßstab für eine gute Saison? „Einen Punkteschnitt, der in der Vergangenheit normalerweise für Platz eins gereicht hätte“, sagt Uhlig. Da wären: Lotte 2016 (2,31), Viktoria Köln 2017 (2,12), Uerdingen 2018 (2,24), Viktoria Köln 2019 (1,97) und Rödinghausen 2020 (2,42). RWE steht aktuell bei 66 Punkten aus 31 Spielen, macht im Schnitt 2,13 Zähler pro Partie.
Jeder Spieler kann sich für die nächste Saison empfehlen
Neun Spiele haben die Essener noch, die nächsten vier Gegner heißen Bergisch Gladbach, Lippstadt, Straelen, Homberg. Darunter ist kein Topteam, dafür drei Heimspiele gegen Abstiegskandidaten.
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Eins ist Uhlig dabei wichtig, auch wenn er die Wahrscheinlichkeit akzeptiert: „Wir wollen diese Saison noch lange nicht beerdigen. Wir wollen uns nicht nachsagen lassen müssen, dass wir zu früh aufgegeben oder abgeschenkt hätten. Wir sind alle lange genug dabei und wissen, dass komische Dinge passieren können.“ Die „Hausaufgaben“ sind also sowohl in Bezug auf Einstellung als auch auf Ergebnisse klar.
Die Antwort auf die Frage, wie es mit den Personalplanungen für die kommende Saison aussieht, darf jeder Spieler im Kader als persönliche Aufforderung verstehen, diese Hausaufgaben auch zu machen: „Wir haben natürlich einen klaren Plan für beide Ligen-Szenarien. Aber jeder Spieler hat natürlich Zeit und Gelegenheit, sich in unseren Planungen nochmals etwas höher zu spielen.“