Essen. RWE-Trainer Neidhart war nach dem 1:2 beim Schlusslicht bedient. Condé fordert mehr Zweikampfhärte. War es das schon mit den Aufstiegsträumen?
Nach dem Spiel in Ahlen hatten es die Gastgeber eilig. Die 1:2-Niederlage von Rot-Weiss Essen war noch nicht lange in der DFB-Statistik vermerkt, da gingen im und am Wersestadion die Lichter aus. Um nicht zu sagen, es wurde zappenduster.
So gelangten die Gästespieler wortlos und zügig zum Mannschaftsbus, aber das bisschen Zwielicht reichte, um die fahlen und leeren Gesichter auszuleuchten. War es das schon mit den Aufstiegsträumen?
Rot-Weiss Essen: Coach Neidhart schwer enttäuscht vom Team
Die Niederlage beim abgeschlagenen Tabellenletzten RW Ahlen war mehr als ein Wirkungstreffer und unterschied sich so ganz von den Auswärtsniederlagen zuvor in Düsseldorf und Münster. Das Team von Trainer Christian Neidhart begegnete den „Zimmermännern“ (Trainer: Andreas Zimmermann) in weiten Teilen des Spiels auf Augenhöhe.
„Der Gegner kommt zweimal vors Tor und macht zwei Buden“, so Neidhart hinterher, auch ihm stand der Schrecken des Spiels noch ins Gesicht geschrieben. Ganz so wie es der Gästecoach schildern wollte war es dann doch nicht.
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Die Ahlener, von der ersten Minute an mächtig von ihrer Bank angetrieben – dort feierte man jede gelungene Spielszene – bekamen nach der Führung in der 40. Minute so richtig Auftrieb und fuhren nach dem Wechsel ein paar ganz gefährliche Konter, auch wenn der finale Schuss meist in den Abendhimmel ging.
Ohne Heber ist Unwucht in der RWE-Abwehr
Aber sie deckten in dieser Phase schonungslos die Schwächen in der Essener Hintermannschaft auf – und gleichzeitig die Bedeutung von Daniel Heber in der Abwehrkette. Denn ohne den Gelbgesperrten war eine große Unwucht vor dem RWE-Torhüter Daniel Davari zu erkennen.
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Vertreter Felix Weber wurde beim Führungstor durch Sebastian Mai das Opfer seiner fehlenden Spielpraxis. Mit einer einzigen Körpertäuschung wurde er ausgewackelt, der Ahlener verschaffte sich den entscheidenden Vorsprung im Laufduell und netzte cool ein.
Das Last-Minute-Tor der Platzherren, denen dieser dritte Saisonsieg (!) vermutlich auch nicht in der Endabrechnung helfen wird, war eine Gemeinschafts-Fehlproduktion des halben RWE-Teams. Die stellte nach einem vermeintlichen Handspiel im Mittelfeld einfach die Arbeit ein und wartete auf den Pfiff von Schiedsrichterin Vanessa Arlt. Der kam aber nicht.
Die halbe Mannschaft wartete auf den Pfiff
So konnte der gerade erst eingewechselte Yasin Altun auf der linken Seite fast unbehelligt davon gehen und zum Siegtreffer einnetzen. RWE-Coach Neidhart, der schwer enttäuscht von seiner Mannschaft war, dieses aber nur intern besprechen wollte, deutete in klaren Worten allerdings an, was ihn so fassungslos machte: „Klar kriegt er den Ball an die Hand, aber wenn sie nicht pfeift, dann können wir nicht aufhören zu spielen. Und dann verteidigen wir es schlecht.“
Dass seine Mannschaft sich von der Gier der lautstarken Gastgeber offensichtlich beeindrucken oder gar einschüchtern ließ, schmeckte ihm ebenfalls gar nicht: „Wenn von draußen Theater ist, darf dich das nicht aus der Ruhe bringen. Wenn dich das aus der Ruhe bringt, musst du zu Hause bleiben“, fand er klare Worte.
Wenn Engelmann schwächelt, hat RWE ein Problem
Noch ein weiteres großes Problem machten diese 90 Minuten von Ahlen deutlich: Wohl und Wehe bei RWE hängt in dieser Saison von der Treffsicherheit eines Simon Engelmann ab. Klar steht der Torjäger mit seinen 21 Saisontreffern mehr als im Soll, klar steuerte er mit seinem cool verwandelten Handelfmeter den Ausgleich kurz nach der Halbzeit bei. Dass aber mit seinen drei vergebenen Chancen in Halbzeit eins auch seine Nebenleute immer verunsicherter werden, war nicht von der Hand zu weisen.
Als er direkt vor der Pause alleine auf Torhüter Schipmann zusteuerte und so lange überlegte, bis ein kleiner Erdhügel ihm die Entscheidung abnahm, war das auch symptomatisch für seine momentane Verfassung. Der „alte Engel“ hätte nicht lange gefackelt und einfach abgezogen – vermutlich mit Erfolg. Aber der Kopf hat zur Zeit wohl gerade Gewalt über das Schussbein.
RWE ließ es an Zweikampfhärte vermissen
Was blieb, war eine gewisse Fassungslosigkeit bei den Akteuren: „Ahlen musste alles versuchen, die hatten keine andere Wahl, aber sie hatten mehr Gier auf den Sieg als wir“, staunte Torhüter Davari.
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Und Amara Condé ging mit seinen Teamkameraden ziemlich hart ins Gericht: „Wir sind auf dem zweiten Platz und wollen Erster werden. Dementsprechend müssen wir solche Spiele annehmen, müssen unsere Zweikampfhärte einbringen. Davon brauchen wir viel, viel mehr – in solchen Spielen geht es nicht ums Schönspielen, sondern darum, die Punkte zu holen.“
Die nächsten drei gibt es schon am Samstag in Oberhausen.