Essen. Am nächsten Samstag beginnt beim Regionalligisten Rot-Weiss Essen die Vorbereitung auf die neue Saison. Doch noch immer sind bei RWE einige Baustellen zu bearbeiten.

  • Am nächsten Samstag beginnt beim Regionalligisten Rot-Weiss Essen die Vorbereitung auf die neue Saison
  • Doch noch immer sind bei RWE einige Baustellen zu bearbeiten
  • Wir haben sie aufgelistet

Im Grunde genommen fehlt am Stadion Essen nur das gelbe Schild mit schwarzer Aufschrift: Wegen Umbau geschlossen. Auch wenn die Heimspielstätte selbst seit vier Jahren fertiggestellt ist, die Umbauarbeiten für den Aufstiegskampf in die 3. Liga sind bei Rot-Weiss noch lange nicht abgeschlossen. Sowohl für den Vereinsvorsitzenden Michael Welling als auch für Sportdirektor Jürgen Lucas und Trainer Sven Demandt gibt es eine Woche vor dem Beginn der Vorbereitung noch sieben Baustellen, bevor die Spitzengruppe im zweiten Jahr der Hoch3-Kampagne ins Visier genommen werden kann.

Baustelle 1: die Finanzen
Spätestens nach dem Ausstieg von Großsponsor innogy ist die finanzielle Lage bei Rot-Weiss Essen angespannt. Mit den Mäzenenteams Viktoria Köln oder Rödinghausen kann der Verein in Geldfragen genauso wenig mithalten wie mit den Reserve-Teams von Borussia Dortmund und Mönchengladbach. Hinzu kommt der Aufsteiger KFC Uerdingen, der bei seinen Neuzugängen auf namhafte Spieler setzt. Der in Essen immer wieder kolportierte Name von Sascha Mölders kann nur über andere Faktoren als dem Gehalt zu einer Rückkehr bewegt werden. Dass es mit der Brechstange nicht funktioniert, hat der insolvenzerfahrene Klub bereits vor einigen Jahren am eigenen Leib spüren müssen. Von daher ist der Aufstieg in die 3. Liga aktuell mehr als ein Kraftakt. Selbst Verlängerungen - wie im Fall Robin Heller - waren nur durch Gehaltseinbußen möglich.

Immerhin gibt es hier einen Lichtblick: Auf der Mitgliederversammlung stimmten 81,94 Prozent der 465 anwesenden Mitglieder für eine Ausgliederung der ersten Mannschaft. Doch auch hier gibt es einen Haken: Bis es wirklich so weit ist, dass ein Investor einsteigen kann, vergeht noch mindestens ein Jahr. Denn erst dann werden die Mitglieder frühestens entscheiden, ob ihnen das erarbeitete Konstrukt zusagt oder eben nicht.

Baustelle 2: die Kadergröße
Im Jahr eins von Sportdirektor Lucas war dieser in erster Linie damit beschäftigt, die Fehler in der Kaderplanung seines Vorgängers Andreas Winkler zu beheben. So haben die Essener in den vergangenen zwölf Monaten nicht weniger als 20 Abgänge zu verzeichnen - mit Heller und Tolga Cokkosan sind nur noch zwei Winkler-Transfers im Kader. Dies führte zu dem wohl kleinsten Kader im deutschen Profifußball. Zwischenzeitlich hatte RWE Schwierigkeiten, bei den Spielen die Bank zu füllen. Trainer Sven Demandt hielt bei jeder Verletzung den Atem an. Der Mannschaft ist daher hoch anzurechnen, dass sie trotz aller Personalprobleme in der Rückserie den fünften Platz und die Qualifikation für den DFB-Pokal geschafft hat.

Baustelle 3: die Neuzugänge
Bis auf Leroy Kwadwo haben die Lucas-Neuzugänge bisher allesamt gegriffen. Der Vater von Sechsertalent Nico Lucas hat bei seinen Einkäufen bisher eher auf Qualität als auf Quantität gesetzt. Das soll in diesem Jahr zum Erfolg führen. Mit Marcel Lenz hat Lucas einen erfahrenen Keeper als Konkurrenten für Robin Heller verpflichtet, der schon in höheren Spielklassen Erfahrung sammeln durfte. Auch Kai Pröger, den in der Regionalliga West fast niemand auf dem Zettel hatte, deutete beim Finaltag der Amateure mit den beiden Siegtreffern zum Ende der Verlängerung seine Qualität an.

Eine Woche vor Vorbereitungsbeginn fehlt es dem Kader aber noch an der nötigen Breite. 18 Spieler stehen im Moment unter Vertrag, fehlen noch fünf, um die letzten Planstellen zu besetzen. Allen voran ein gestandener Innenverteidiger sowie ein zweiter Knipser neben Marcel Platzek stehen auf der Wunschliste ganz oben.

Baustelle 4: die Torgefahr
Am Ende konnten sie es wohl selber nicht mehr hören. Immer wieder haben bei RWE die Effektivität oder der berühmte letzte Pass gefehlt. Fakt ist: Mit 48 Saisontoren steht RWE in der unteren Hälfte der Regionalliga. Meister Viktoria hat so viele Treffer alleine zu Hause erzielt. Es fehlt im Essener Spiel ein Akteur, der in engen Spielen den Unterschied macht. Doch um so jemanden zu verpflichten, dürfte den Rot-Weissen schlicht und einfach das Geld fehlen. Die Fans hoffen auf eine Rückkehr von Sascha Mölders. Realistischer ist derzeit, dass ein jüngerer Stürmer verpflichtet wird.

Baustelle 5: die Unbeständigkeit
Just wenn man dachte, dass der RWE-Zug ins Rollen gekommen ist, wurden die Zuschauer eines Besseren belehrt. Einer starken ersten Halbzeit zum Rückrundenauftakt bei Viktoria Köln folgte die Ernüchterung im zweiten Abschnitt. Dem starken Auftritt in Mönchengladbach folgte eine Schwächeperiode von fünf Ligaspielen ohne Sieg. Einer starken Leistung beim 3:1-Sieg bei Köln II folgte ein Rumpelsieg gegen abgestiegene Siegener. Wenn RWE in diesem Jahr in die Spitzengruppe vordringen will, muss die Mannschaft konstanter werden. Das funktioniert allerdings auch nur, wenn der Kader breit genug ist, um Formschwächen von Stammspielern aufzufangen.

Baustelle 6: die Fans
Man braucht nicht lange zu diskutieren, dass ein Verein wie Rot-Weiss Essen eigentlich nicht in die Regionalliga gehört. Doch um das zu schaffen, braucht es auch etwas Geduld auf den Rängen. Aktuell scheint diese aufgrund der inkonstanten Leistungen und dem Stillstand seit einigen Jahren überstrapaziert. Um den Schulterschluss mit den Fans zu schaffen, muss die Demandt-Elf im kommenden Jahr in Vorleistung gehen. Mit nur 23 Heimtoren und weniger als der Hälfte gewonnener Heimspiele wird dies nicht zu funktionieren. Im Gegenteil: Aktuell scheint das Stadion Essen so leer zu sein, wie seit der Eröffnung nicht.

Baustelle 7: die Jugend
Die Abstiege der drei höchsten Jugendteams sind ein harter Schlag. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Eigengewächs den Sprung von der Niederrheinliga ins Regionalliga-Team schafft, sinkt erheblich. Einen neuen Nico Lucas, Timo Becker oder Boris Tomiak dürfte es somit zumindest im nächsten Jahr nicht mehr geben. Zumal die Stelle des U19-Trainers aktuell noch nicht einmal besetzt ist.