Rot-Weiss Essen bindet seine Mitglieder früh in die Entscheidung über eine Ausgliederung der Fußball-Abteilung ein. Ein Kommentar.

Die Frage „Sollen wir?“ muss der Verein seinen Mitgliedern stellen. Ein weiterer Schritt ist die Frage „Dürfen wir überhaupt planen?“ Rot-Weiss Essen hat einen Weg gewählt, der Beachtung und Respekt verdient. Nicht nur in seiner Absicht, sondern auch in der Durchführung.

Und Rot-Weiss Essen setzt noch einen drauf: Sie lassen Vertreter von Fan-Initiativen anderer Vereine zu Wort kommen. Kritisch. Während die Mitglieder-Entscheidung über eine Ausgliederung die Pflicht ist, hat sich RWE noch die Kür auferlegt.

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Die Mär vom Fußball-Romantiker, der rückwärtsgewandt und traditionsliebend alles Neue und Kapitalistische verhindern will – sie wäre schnell erzählt. RWE hat sich geweigert, das zu tun. Und der Traditionsverein hat zudem von einer pittoresken Idealisierung von basisdemokratischer Initiative abgesehen.

Der Klub hat die sachliche und kritische Diskussion gesucht – und er hat sie bekommen. Er hat sie auf Augenhöhe führen lassen und sich dabei, in Person von Fußball-Boss Michael Welling, dezent zurückgehalten.

Genau diese Störgeräusche braucht der Verein

Natürlich: Der Weg der frühen Einbindung in den Entscheidungs-Prozess könnte auch ein Schutzmechanismus für die Verantwortlichen sein. Niemand könnte Welling und Co. später vorwerfen, dass die Führung des Vereins etwas realisiert hat, was keiner wollte. Aber: RWE hat sein höchstes Gut über den so dringend gewünschten sportlichen Erfolg gestellt, der durch eine Ausgliederung möglich gemacht werden soll: die Fans. Beziehungsweise die, die auch Mitglieder des Vereins sind.

Dass dabei Ausgliederungs-Kritiker in erhöhtem Umfang zu Wort kommen würden, war von vornherein klar. Aber genau diese Störgeräusche braucht der Verein. Die Kritikpunkte, das ist zu vermuten, werden auch Wellings Denkprozess und den der anderen Mitglieder beeinflussen.

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Was nicht vergessen werden darf: Bei der Entscheidung, ob eine Ausgliederung realisiert werden darf oder nicht, sprechen Wirtschafts-Funktionäre mit – größtenteils – Laien, die am Ende abstimmen. Wer denen, die über den weiteren Weg des Vereins entscheiden, die Arbeit derer offenlegt, die sich in mühsamer Recherche-Arbeit mit dem Für und Wider einer Überführung in eine Kapitalgesellschaft auseinandersetzen und sich und andere über mögliche Stolpersteine eines solchen Schritts informieren, wählt einen unbequemen Weg. Vor allem aber einen, der richtig ist. Und der als Vorbild dienen sollte.