Essen. Nach der Entlassung von Thomas Strunz übernehmen Co-Trainer Uwe Erkenbrecher und Ralf Aussem bei Rot-Weiß zunächst die Verantwortung und bereiten die Mannschaft auf das Spiel in Worms vor.

Es war ein bizarres Bild, das sich den Gästen im VIP-Zelt an der Hafenstraße gut zwei Stunden nach dem Abpfiff bot. Der versammelte RWE-Vorstand mit Stefan Meutsch, Uwe Pietsch sowie die beiden neuen Mitgliedern Klaus Grewer und Thomas Hermes hockte an einem Tisch in der Raummitte. Hinten in einer Ecke saßen die Spieler in ihren roten Trainingsjacken beisammen, mit dem Trainerstab. Und mit dem zuvor entlassenen Teamchef Thomas Strunz.

Die Öffentlichkeit ist ein anderes Ritual nach solchen Personalentscheidungen gewohnt. Die geschassten Trainer und Manager steigen nach der Scheidung zumeist direkt ins Auto und verlassen wortlos den Ort der Schmach. Nicht so Strunz, der sich möglicherweise die Zeit nahm, um sich zu verabschieden. Oder aber dem RWE-Vorstand demonstrieren wollte, wie eng und intakt sein Verhältnis zu den Spielern ist. Kommentieren wollte Strunz seinen Rausschmiss allerdings nicht.

Dafür musste vor allem der Vorstandsvorsitzende Stefan Meutsch Rede und Antwort stehen. Auf der Pressekonferenz hatte er nach der 0:2-Pleite gegen den 1. FC Köln II verkündet, dass sich RWE mit sofortiger Wirkung von Thomas Strunz getrennt habe. Das kam nicht überraschend, weil die Leistung des Gastgebers einfach zu deprimierend war. Und weil sich Rot-Weiß als Titelkandidat die dritte Heimpleite in Folge geleistet hatte und nun nur noch einen Punkt vom Abstiegsplatz entfernt im unteren Tabellenbereich der Regionalliga dümpelt.

Dennoch war die Trennung in dieser Form nicht zu erwarten. Nicht direkt nach dem Schlusspfiff – und weil man sich Alternativen wohl gar nicht leisten kann. Und vor allem nicht, weil der Aufsichtsratvorsitzende Dietmar Bückemeyer in Urlaub weilt und vor kurzem sagte, dass er nicht wüsste, was in dieser schwierigen Situation anders oder besser zu machen sei.

Dass Bückemeyer – ein Fürsprecher von Strunz – nicht begeistert war, nachdem er von der Entlassung erfuhr, ist leicht auszumalen. Aber auch er wollte auf Anfrage dieser Zeitung nichts aus der Ferne kommentieren. Am Freitag kehrt er aus dem Urlaub zurück. „Dann werden wir darüber reden. Es geht allein um das Wohl des Vereins.”

Und darum ist es nicht gut bestellt. Der Traum von besseren Zeiten liegt in Trümmern. Sportlich ist es ein Debakel, und die Kosten für den laufenden Spielbetrieb sind, so ist zu hören, auch noch nicht bis zum Saisonende gedeckt.

Meutsch wehrt sich, dass der Vorstandsbeschluss ein emotionaler Schnellschuss gewesen sei. „Wir haben nicht nur anhand der ersten sieben Spiele entschieden, sondern auch die vergangene Saison mit einbezogen”, sagt er. Und da sei bekanntlich einiges schiefgelaufen (siehe Text unten). „Wir sind am Freitag auch nicht mit dem Plan ins Stadion gefahren, uns von Strunz zu trennen.” Sondern man habe ein schönes Spiel und einen Sieg sehen wollen.

Den Kritikern, die dem Verein nun fehlende Kontinuität vorwerfen, widerspricht er ebenfalls: „Trotz der wenig erfreulichen sportlichen Entwicklung inklusive der Pokalpleite gegen Speldorf haben wir Strunz vertraut. Aber am Ende fehlte uns die Überzeugung, dass wir die Wende mit ihm schaffen können.”

Die Spieler selbst haben da offenbar eine ganz andere Meinung. Kapitän Sascha Mölders suchte zu später Stunde noch einmal das Gespräch mit Meutsch, um seinen Unmut über diese Entlassung des Teamchefs deutlich zu machen. Zuvor in der Kabine hatten die Spieler bereits für eine Schonfrist von zwei Spielen plädiert. Und nochmals argumentierte Mölders, dass noch 27 Spiele lang Zeit seien, zu zeigen, was diese Mannschaft kann. Als der Vorstand nicht mit ihm diskutieren wollte, verschwand der Kapitän samt Familie. Und wirkte ziemlich verärgert.

Seine Kollegen harrten noch eine Zeit deprimiert aus. Und das mussten sie auch sein. Vor allem nach diesem kläglichen Auftritt gegen Köln.