Essen. Rot-Weiss Essen ist nach dem 1:1 im Stadtderby gegen FC Kray der Gefahrenzone in der Tabelle bedrohlich nah. Der Gastgeber erweist sich gegen einen äußerst defensiven Widersacher als erschreckend harmlos.

Es sind manchmal ein, zwei Szenen, die stehen für ein ganzes Fußballspiel. Als der Rot-Weisse Cebio Soukou kurz vor dem Schlusspfiff von Emir Alic angeschossen wurde, flog der Ball in Richtung Krayer Tor und dort knapp über die Latte. Zufall. Und nur der hätte die Gastgeber an diesem Abend noch retten können. Und natürlich das Glück, dass RWE sogar mehr benötigte als der Tabellenvorletzte aus der Nachbarschaft (was jetzt nichts mit dem Tabellenplatz von Rot-Weiss zu tun hat). Der eingewechselte Krayer Xhino Kadiu verzog wenig später nach der Soukou-Szene knapp, und der eingewechselte Julia Bluni mit der letzten Aktion des Spiels traf allein vor dem RWE-Tor den Ball nicht richtig. Es hätte schlimmer kommen für Rot-Weiss. So blieb es beim 1:1. Und das ist für die RWE-Fans ja ohnehin schon schlimm genug.

Rudelbildung nach Schlusspfiff

Bei einer Niederlage hätte den Rot-Weissen der eisige Wind noch heftiger ins Gesicht geblasen, als er es ohnehin schon tut. Direkt nach dem Schlusspfiff gab’s die Rudelbildung vor dem Stadion. Enttäuschte RWE-Anhänger versammelten sich vor dem Haupteingang und forderten ein Gespräch mit der Mannschaft und den Bossen. Die zierten sich nicht, RWE-Chef Michael Welling und der Sportliche Leiter Andreas Winkler stellten sich, ein paar Spieler kamen hinzu. Eine halbe Stunde wurde diskutiert, dann löste sich die Versammlung wieder auf.

Das sagen die beiden Trainer

Stefan Blank (FC Kray): „Wir waren der schwere Gegner, der wir sein wollten. Wir haben unsere Sache vor der Pause besser gemacht als im zweiten Durchgang. Da hat Essen mehr Druck gemacht und wir standen zu tief. Obwohl wir es sehr, sehr gut verteidigt haben. Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen, sie hat 90 Minuten lang alles rausgehauen.“

Jan Siewert (RWE): „Wir sind natürlich sehr enttäuscht, auch über das Ergebnis an sich. Es ist eine schwierige Situation für uns. Aber wir haben uns selbst da hineingebracht und müssen selbst wieder herauskommen.“

Bei Misserfolg sind personelle Konsequenzen immer ein Thema. Aber Welling betonte: „Wir tun gut daran, dass wir jetzt nicht aktionistisch sind. Es geht darum, dass wir alle gemeinsam arbeiten und uns Schritt für Schritt verbessern.“ Genau das wird notwendig sein, um sich vom Abstiegskampf fernzuhalten, worin der FCK tief verstrickt ist.

„Wir sind alle sehr enttäuscht“, sagte RWE-Trainer Jan Siewert. Er habe es sich genau so schwer vorgestellt. Allerdings auch geglaubt, dass seine Jungs mit viel Geduld und Aufwand, mit hoher Ballgeschwindigkeit den Krayer Riegel knacken könnten. Der Plan ging nicht auf. Er war schon hinfällig nach wenigen Minuten, als Gino Windmüller von allen guten Geistern verlassen zum Dribbling am eigenen Strafraum ansetzte, ohne Absicherung, völlig unnötig. Der RWE-Verteidiger, der an diesem Abend mehrmals patzte, verlor den Ball an Emre Yesilova, der das Geschenk zum 1:0 nutzte. Die RWE-Fans: fassungslos. Und selbst Michael Boris, Trainer beim Oberligisten KFC Uerdingen und Stammgast auf der Tribüne, schüttelte verständnislos den Kopf.

"Wollen die Situation nicht schönreden"

„Wir haben uns da selbst in eine schwierige Situation gebracht“, fand Siewert. RWE musste alles investieren. Sowieso. Und das 1:1 durch Moritz Fritz war zumindest der gerechte Lohn für den Einsatz. Experte Boris signalisierte in dieser Hinsicht aber Verständnis für die Gastgeber. Es sei halt ungemein schwer, sich gegen eine solch extrem tief stehende Mannschaft Chancen zu erarbeiten. Und daran hatten schon Andere zu knacken, denn Kray hat auch gegen Top-Teams wie RWO (3:1), Gladbach II (2:2) und Vikt.Köln (2:2) gepunktet.

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Die Krayer wurden in Hälfte zwei noch defensiver. Nicht eine sauber herausgespielte Chance gelang RWE. Angreifer Marcel Platzek war auf sich allein gestellt. Der technisch beschlagene Kevin Grund fiel weder als Flügelflitzer noch als Vorbereiter auf. Dem „Floh“ Amar Cecik fehlt die Durchschlagskraft. Der eingewechselte Cebio Soukou bracht keine Impulse. Das Mittelfeld hatte keine Idee oder fand keine Anspielstationen, wie man’s nimmt. Es war vor allem Kampf und Krampf.

Sportdirektor Winkler weiß um den Ernst der Lage: „Wenn man so knapp vor der Abstiegszone steht, kann man das auch Abstiegskampf nennen. Wir wollen die Situation überhaupt nicht schönreden.“ Geht auch nicht nach diesem Auftritt.