Essen. Chef Michael Welling sieht RWE gut aufgestellt. Viel Applaus für den Sportlichen Leiter Andreas Winkler und Trainer Jan Siewert. Flammende Plädoyers zum Thema „Stadion-Pacht“.
Rot-Weiss Essen geht es gut - zumindest wirtschaftlich. Sportlich gesehen hat der Viertligist trotz der Qualifikation für die Hauptrunde im DFB-Pokal nach wie vor eine Menge Luft nach oben. Aber dafür, dass es wieder einmal kräftig geknarzt hatte in der abgelaufenen Saison, ging die gut dreieinhalbstündige Mitgliederversammlung am Sonntag in der Messe Essen unspektakulär und harmonisch über die Bühne.
Kritische Stimmen aus dem Auditorium (362 Mitglieder waren erschienen) gab es nicht. Sie blüht bereits wieder, die Hoffnung auf Besserung. Der neue Sportdirektor Andreas Winkler und Trainer Jan Siewert durften nach ihrem überzeugenden Auftritt in Applaus baden, bevor sie mit der Mannschaft schon nach gut einer Stunde zum ersten Vorbereitungsspiel nach Würzburg reisten (siehe Außenspalte). Mehr Zuspruch bekam an diesem Tag nur noch Otto Rehhagel, das neue Ehrenmitglied (siehe Zweittext).
Welling: "Rot-Weiss Essen geht es gut"
„Wir sind nicht auf Rosen gebettet, aber Rot-Weiss Essen geht es gut. Wir sind solide aufgestellt“, fasste RWE-Chef Michael Welling seinen Finanzbericht zusammen. Aber die Finanzen sind ja ohnehin kaum noch ein Thema, seit der gewiefte Marketingstratege die Regie an der Hafenstraße übernommen hat. Die Entwicklung im Sponsoring ist positiv, von knapp drei Millionen Euro (Saison 13/14) auf 3,65 Mio. gestiegen. Die Gewinn-Verlust-Rechnung zum Jahreswechsel ergab ein Plus von 80,91 €. Punktlandung. Das Eigenkapital beträgt 700 000 €, zum 31.Dezember 2014 hatte RWE sogar 1,7 Mio. auf dem Konto. 1,1 Mio. sind für „sonstige Rückstellungen“ vorgesehen. Auch da geht RWE auf Nummer sicher, denn möglicherweise muss man ja noch weiter für den einstigen Sportvorstand Uwe Harttgen zahlen. Der wurde Ende März geschasst, weil das Vertrauensverhältnis zerrüttet war.
Welling, aber auch der Aufsichtsratschef Christian Hülsmann, skizzierten die Abläufe, die zur Trennung führten, Details sparten sie wohlweislich aus. Schließlich hat Harttgen geklagt, eine Schlichtung abgelehnt, sodass das Gerichtsverfahren weiterhin läuft. Die Mitglieder demonstrierten allerdings, was sie von dem einstigen Hoffnungsträger halten: Sie bejubelten noch einmal dessen Rausschmiss.
Harttgen-Entlastung mit Hindernissen
Bei der obligatorischen Entlastung des Vorstandes war diese tiefe Ablehnung erneut zu spüren. Bei Michael Welling war’s kein Problem (eine Enthaltung), bei Uwe Harttgen wollten die meisten noch nicht einmal den Arm heben. Wie auf einer Versteigerung musste Hülsmann eindringlich um die Kooperation betteln, um zumindest aus Vereinssicht reinen Tisch zu machen. Es gelang ihm. Mit zwölf Gegenstimmen und etlichen Enthaltungen wurde auch Harttgen entlastet. Und weil Trainer Fascher, auch ein vermeintlicher Übeltäter, ebenfalls nicht mehr an Bord ist, gab es für die Mitglieder offenbar auch keinen Grund mehr, sich aufzuregen.
Das übernahmen Michael Welling und Christian Hülsmann. Als die Stadion-Pacht und die finanziellen Ungereimtheiten beim Stadion-Projekt zur Sprache kamen, lieferten sie zwei flammende Plädoyers für die Unschuld des Klubs. „Dass RWE immer wieder mit in ein schlechtes Licht gerückt wird, empfinde ich als komplett unfair“, ereiferte sich Welling. „Wir sind dankbar für dieses Stadion, aber wir sind nicht für die aktuell diskutierten Probleme verantwortlich.“