Essen. . Freitag startet die Regionalliga. Aufsteiger KFC Uerdingen plant den Durchmarsch. Dafür wurde auch der Ex-Bayern-Profi Michael Wiesinger geholt.
Das Warten hat ein Ende: Am Freitag startet die Regionalliga West mit dem Spiel Alemannia Aachen gegen Borussia Mönchengladbach II (19.30 Uhr, Tivoli) in die Spielzeit 2017/18. In eine Saison mit einem großen Favoritenkreis, inklusive eines unnormalen Aufsteigers.
Laut einer Reviersport-Umfrage sagen 14 von 18 Trainer voraus, dass vor allem der amtierende Meister Viktoria Köln, die Traditionsklubs Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen sowie die U23-Mannschaften von Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund den Meister der Oberliga Niederrhein jagen werden: den KFC Uerdingen. Die ambitionierten Krefelder haben nicht nur Aufstiegstrainer André Pawlak gegen Fußballlehrer Michael Wiesinger getauscht, sondern auch sage und schreibe 14 Zugänge verpflichtet – die meisten davon mit Zweit- und Drittliga-Erfahrung.
Verpflichtungen mit großen Namen
Doch ob die für Regionalliga-Verhältnisse großen Verpflichtungen wie Mario Erb (zuletzt Kapitän RW Erfurt), Christopher Schorch (einst Real Madrid Castilla und 1. FC Köln) oder Rene Vollath (vergangene Saison im Tor des Karlsruher SC) auch den gewünschten Erfolg bringen, bleibt abzuwarten. Der Ex-Profi Achim Weber, ein Kenner der Regionalliga West, bezweifelt das Vorhaben des KFC: „Das Modell des KFC Uerdingen ist für mich eine Totgeburt. Hier versucht jemand, der viel Geld, aber wenig Ahnung von Fußball hat, den Erfolg zu kaufen. Dieses Modell kann nur scheitern.“ In Krefeld sieht man das natürlich anders.
Wir haben vor dem Start mit dem neuen KFC-Trainer und ehemaligen Bundesligaprofi (unter anderem 1. FC Nürnberg, 1860 München, Bayern München) über die Favoritenrolle des KFC, die Aufstiegsregelung und TV-Spiele gesprochen.
Herr Wiesinger, sechs Testspiele und kein Gegentor. Wer kann den KFC Uerdingen auf dem Weg zum Titel aufhalten?
Michael Wiesinger: Ich höre und lese auch, was die Konkurrenz so erzählt. Aber ich betone es an dieser Stelle: Wir gehen mit sehr viel Demut an die Sache heran. Wir sind Aufsteiger und haben Respekt vor dieser Liga. Ich sehe uns nicht in der Favoritenrolle. Viktoria Köln ist Titelverteidiger und hat gutes, frisches Blut dazugeholt. Wenn meine Mannschaft das abruft, was in ihr steckt und fleißig ist, dann können wir in dieser Liga sehr, sehr viele Spiele gewinnen.
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Wie konnte der Verein so vielen zweit- und drittliga-erfahrenen Profis die Regionalliga schmackhaft machen?
Wiesinger: Wir haben viele Gespräche mit diesen Spielern geführt. Manchmal haben wir uns auch zwei- oder dreimal mit den Kandidaten getroffen. Der Charakter und die Einstellung waren uns sehr wichtig. Wir wollten, dass sich die Jungs mit dem Projekt KFC Uerdingen identifizieren. Dass manchmal auch die Finanzkraft des Vereins geholfen hat, ist doch auch klar. Da müssen wir nicht um den heißen Brei reden.
KFC-Präsident Mikhail Ponomarev soll dem KFC für die Regionalliga-Mannschaft einen hohen einstelligen Millionen-Etat zur Verfügung stellen. Spüren Sie den Druck, aufsteigen zu müssen?
Wiesinger: Nein, auf gar keinen Fall. Nochmals: Das ist ein Projekt, das beinhaltet, dass wir innerhalb von zwei Jahren oben anklopfen. Natürlich würde sich niemand dagegen wehren, wenn es früher klappt.
Platz eins heißt nicht gleich Aufstieg. Sie sind mit der SV Elversberg zweimal in der Aufstiegsrelegation gescheitert. Was ist das für ein Gefühl? Wie ist Ihre Meinung zur aktuellen Aufstiegsregelung?
Wiesinger: Das Gefühl ist schwer zu beschreiben, aber es ist ein sehr negatives. Diese Regelung verfälscht Meisterschaften. Die Bayern sagen ja nicht umsonst, dass die Deutsche Meisterschaft der ehrlichste Titel ist, weil mit dieser Auszeichnung das ganze Jahr belohnt wird. Und welchen Lohn hat ein Regionalliga-Meister wie im Vorjahr Viktoria Köln? Sie scheitern in der Aufstiegsrelegation an der Auswärts-Torregelung an Carl Zeiss Jena. Das hat wenig mit dem Sportgeist zu tun. Der Verband muss da schleunigst eine andere, faire Regelung finden.
Derweil hat der Verband mit dafür gesorgt, dass der TV-Sender Sport 1 künftig Regionalligaspiele live überträgt. Eine gute Idee?
Wiesinger: Das kann man so und so sehen: deutschlandweit im Fernsehen übertragen zu werden, ist für einen Viertligisten eine tolle Sache. Ich habe das in der letzten Saison mit Elversberg mitgemacht, als unser Spiel auf dem Bieberer Berg in Offenbach live übertragen wurde. Ich glaube, dass wir da eine tolle TV-Quote hatten. Auf der anderen Seite kosten Spiele unter der Woche Zuschauer im Stadion. Und noch eines: Wichtig ist, dass die Übertragung professionell über die Bühne geht und nicht zu einer Kasperle-Veranstaltung wird.
Sie waren die letzte Zeit in Elversberg tätig. Wie sehr unterscheidet sich die Regionalliga Südwest von der West-Staffel?
Wiesinger: Diese Staffel erscheint mir noch einen Tick attraktiver zu sein. Ich merke, dass die Anfahrtswege kurz sind, hier liegt alles nah beieinander, es gibt viele Derbys. Zudem ist das mediale Interesse im Vergleich zum Südwesten sehr groß. Im Westen schlägt das Fußball-Herz.