Essen. . Batmans großer Bruder: Willy Aubameyang steht an der Seite von BVB-Star Pierre-Emerick. Klopp vermittelte ihn an den Regionalligisten FC Kray.

Manchmal hören sie ihn kommen. Das ist im Grunde ein echtes Kunststück, denn die Buderusstraße ist zu klein für einen großen Auftritt. Sie ist nicht lang genug, nicht breit genug, es fehlen Parkplätze. Und überhaupt: eine Sackgasse. Kein Ort, um aufzudrehen. Aber manchmal hören sie ihn kommen, schon wenn er um die Ecke biegt, und dann vibrieren am Ende der Buderusstraße im Klubhaus des FC Kray die Biergläser im Wandregal.

Zwei-, dreimal hat Pierre-Emerick Aubameyang, der Paradiesvogel von Borussia Dortmund, bis jetzt in Kray vorbei geschaut. Er röhrt dann in einem seiner italienischen Sportwagen vor, die so teuer sind, dass der FC Kray davon eine halbe Saison finanzieren könnte und die im Leerlauf wummern wie eine Dorfdisco beim Tanz in den Mai. Pierre-Emerick Aubameyang kommt dann aus Dortmund herüber, um seinem Bruder zuzusehen. Der Bruder heißt William Fils, wird aber von aller Welt Willy gerufen und spielt in Kray. Innenverteidiger.

Willy ist der ruhigere Aubameyang

Beim FC Kray fühlen sie sich von den Besuchen des großen beim kleinen Aubameyang durchaus geschmeichelt. Und manchmal lächeln sie auch ein bisschen darüber: Der FC Kray ist ja nicht gerade der richtige Verein für einen lauten Auftritt. Im Klubhaus gibt’s Nudeln mit Gehacktem für 6,80 Euro, aus den Lautsprechern kommen die Village People. Kray ist Fußball zum Anfassen mit Typen zum Anfassen, übrigens sehr ordentlicher Fußball. Der FC hat es in die Regionalliga West geschafft, er sitzt Rot-Weiss Essen im Nacken und hat Schwarz-Weiß als Nummer zwei in der Stadt abgelöst.

Das liegt auch ein bisschen an Willy Aubameyang, den sie in Kray kennen- und schätzen gelernt haben. Und wenn man sagt, der große Aubameyang besucht den Kleinen, dann bezieht sich das nur auf die Laufbahn als Fußballer. Willy ist der Ältere, 28, drei Jahre trennen ihn von Pierre-Emerick, und ohne dass er es sagt, merkt man: Er ist mit nach Deutschland gekommen, um ein bisschen auf seinen extrovertierten Bruder acht zu geben.

Klopp vermittelte Willy Aubameyang nach Kray

„Er ist ein netter Kerl“, sagt Willy, „aber er ist auch ein spezieller Typ. Ich bin der Ruhigere.“ Als Aubameyang, der Dortmunder, zum BVB wechselte, kam Willy also mit. Er trainierte in der Dortmunder Reserve, aber er war nicht fit und BVB-Coach Jürgen Klopp vermittelte ihn im September zum FC Kray. Dort musste Aubameyang erst einmal einen satten Trainingsrückstand aufholen. Inzwischen ist er Stammspieler und die Krayer sagen über ihn: einer, gegen den man als Stürmer nicht spielen möchte.

In der Kabine gilt Aubameyang als netter Typ, höflich und eher etwas bescheiden, was angesichts des Lebensstils seines Bruders verwundert, der es bei Autos, Kleidung, Schmuck und Frisuren gerne schrill und teuer mag, der sich zum Jubeln vor 80.000 eine Batman-Maske aufzieht. Wenn Pierre-Emerick Batman ist, dann ist Willy wohl Robin. Der treue Begleiter.

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    Man würde in Kray den Vertrag, der bis zum Saisonende gilt, wohl verlängern, aber dagegen spricht die Vita von Willy Aubameyang. Er hat früher ausschließlich in Italien und Frankreich gespielt, ganz am Anfang stand er im Kader des AC Mailand, aber für ganz oben hat es nie gereicht. Er hat ein besseres Kopfballspiel als sein Bruder, sagt er, aber nicht dessen irrsinnige Geschwindigkeit. Er ist auch nie lange bei seinen Vereinen geblieben, und er möchte zurück nach Frankreich oder Italien. In Frankreich ist er aufgewachsen, in Italien, in der Nähe von Mailand, lebt seine Frau mit den drei Söhnen Nelson, Wesley und Jason. Sonntags fliegt Aubameyang oft zu Frau und Kindern, dienstags ist er zurück in Kray.

    Nach Mailand zur Familie

    Das ist ein unstetes Leben, auch ein Leben im Windschatten des Bruders, der überall erkannt wird und im Mittelpunkt steht, weil er nun einmal das große Talent abbekommen hat. Aber es hat auch seine Vorzüge, dieses Leben. Die relative Anonymität. Die Flüge zur Familie. Die kann sich der Ältere leisten, weil er in Dortmund zusammen mit dem Jüngeren wohnt: „Wir haben doch eine Haushaltskasse.“

    Willy Aubameyang zögert einen Moment, dann lächelt er. Es ist ein eher kleines Lächeln. Aber es passt. Kray ist nicht der Ort für die ganz großen Auftritte.