Duisburg. Lukas Daschner und Moritz Stoppelkamp sind die Gesichter des MSV Duisburg. Im Interview sprechen sie über ihre Heimat und besondere Momente 2019.

Auf der Haupteinkaufsstraße flanieren die Besucher über den Duisburger Weihnachtsmarkt. Mo­ritz Stoppelkamp (32) und Lukas Daschner (21) nehmen an diesem Nachmittag zum Interview in einem benachbarten Café Platz. Derzeit führen die beiden Fußballprofis mit dem MSV die Drittliga-Tabelle an. Als gebürtige Duisburger sind sie die Gesichter des Vereins.

Herr Stoppelkamp, Herr Daschner, was bedeutet es für Sie, für den MSV zu spielen?

Moritz Stoppelkamp: Wir nehmen alles ganz anders wahr als der eine oder andere Junge, der hierhin gezogen ist. Wir sind hier aufgewachsen und fühlen uns sehr wohl. Du hast hier angefangen, Fußball zu spielen, und der MSV war für dich als kleines Kind schon der Verein.

Lukas Daschner: Man bekommt ein ganz anderes Feedback, wenn man ein Spiel gewonnen oder verloren hat. Ich glaube schon, dass wir hier alles intensiver fühlen als Spieler, die von außerhalb kommen.

Moritz Stoppelkamp. "Wir sind Kinder des Ruhrgebiets. Wir brauchen nicht viel"

Was macht diese Stadt für Sie aus?

Auch interessant

Daschner: Meine Familie vor allem. Das ist für mich Heimat.

Stoppelkamp: Wenn einer aus München oder Berlin hierhin kommt, will er am liebsten schnell wieder zurück (lacht). Uns fällt es einfacher, hier klarzukommen. Wir sind Kinder des Ruhrgebiets. Wir brauchen nicht viel.

Daschner: Man kennt auch noch viele Leute von früher, die ins Stadion gehen oder den MSV verfolgen. Und wenn man einen Kaffee trinken oder zusammen essen geht, quatscht man mit ihnen. Man hat viele Kontakte in der Umgebung.

Daschner: "Wir haben Spaß daran, zusammen zu spielen"

Sie beide haben zusammen schon insgesamt 18 Treffer in dieser Saison erzielt. Warum läuft es bei Ihnen so gut?

Auch interessant

Daschner: Wir haben Spaß daran, zusammen zu spielen. Ich genieße es, neben einem so erfahrenen Spieler auf dem Platz zu stehen. Stoppel unterstützt mich und hat mir auch schon ein paar Tore aufgelegt − wie auch ich ihm andersherum.

Stoppelkamp: Wir beide freuen uns, dass das Team auf dem ersten Platz steht und wir unseren Beitrag dazu leisten. Das muss aber auch mein Anspruch als Kapitän sein. Daschi hat in diesem Jahr den nächsten Schritt gemacht. Er hat sich unglaublich entwickelt. Wir müssen gucken, dass wir ihn, so lange es geht, halten können. Das schaffen wir nur, wenn es beim MSV sportlich läuft. Es ist ganz gut, dass Daschi Duisburger ist, denn so fällt es ihm schwerer, den Verein irgendwann vielleicht zu verlassen.

Daschner: Wenn ich vom MSV weg wollen würde, hätte ich den Vertrag nicht verlängert. Ich bin glücklich, dass ich jetzt die Chance bekomme, zu spielen. Was aber irgendwann passiert, weiß ich auch nicht. Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft.

MSV-Profi Stoppelkamp: "Wir spielen erfrischend offensiv"

Was hat sich verändert, dass Sie sportlich wieder so aufblühen, Herr Stoppelkamp?

Stoppelkamp: Die Spielweise kommt mir in dieser Saison sehr entgegen. Wir sind vorne sehr flexibel, kaum zu packen und rotieren viel. Gerade wir zwei wechseln uns immer wieder ab − im Zentrum und auf dem Flügel. Wir spielen erfrischend offensiv. So kommt man öfter zu Torabschlüssen.

Inwiefern sehen Sie sich jetzt als Vorbild in Ihrer Rolle?

Stoppelkamp: Ich bin einer der Älteren im Team und habe von der Vita her das eine oder andere schon erlebt. Also muss ich zwangsläufig vorneweg gehen. Dass ich Kapitän bin, heißt nicht, dass ich in der Kabine stehe und mit der Binde am Arm irgendwelche Reden halte. Ich versuche, mit Leistung voranzugehen. Ich denke, das ist mir bisher ganz gut gelungen.

Lukas Daschner und Moritz Stoppelkamp, v.re, Profis des MSV Duisburg und Redakteur Nils Balke sprechen in einem Cafe in Duisburg.
Lukas Daschner und Moritz Stoppelkamp, v.re, Profis des MSV Duisburg und Redakteur Nils Balke sprechen in einem Cafe in Duisburg. © Kai Kitschenberg / FUNKE Foto Services

Ist Kapitän Stoppelkamp für Sie ein Vorbild, Herr Daschner?

Daschner: Auf jeden Fall. Selbst in seinem Alter zeigt sich, dass die Entwicklung noch nicht ausgereift ist. Man sieht ja, wie er als Kapitän der Mannschaft einen Push geben kann, wenn man ihm das Vertrauen gibt. Ich bin ein ähnlicher Spieler. Auch ich brauche viel Vertrauen.

Was ist nach dem Umbruch, der im Sommer nach dem Abstieg erfolgte, jetzt anders im MSV-Team?

Daschner: Die komplette Stimmung hat sich verändert. Der Umbruch war wichtig, um mit frischen Leuten und frischen Gedanken in die Saison zu gehen. Dass wir das Team verjüngt haben, war ein zusätzlicher Reiz, den Ivo Grlic gesetzt hat.

Wie haben sich die neuen Spieler eingefügt?

Stoppelkamp: Sie haben sich top integriert. Am Anfang der Saison hatten uns viele in Duisburg und im Umfeld als Überraschungsei betrachtet. Sie wussten nicht so recht, wie sie das alles einschätzen sollten. Wir haben viele Spieler, die sehr hungrig und lernwillig sind. Sie haben ein klares Ziel vor Augen, wollen sich unbedingt weiterentwickeln. Viele von ihnen sind zudem nicht durch einen Abstieg vorbelastet. Man merkt bei ihnen, dass die Dritte Liga nicht die Endstation sein soll. Sie haben die Qualität, höher zu spielen.

Der MSV war lange Zeit nicht gerade für Heimstärke bekannt. Warum ist Ihr Team zu Hause wieder so erfolgreich?

Auch interessant

Daschner: Wir hatten uns in der Vorbereitung vorgenommen, dass wir die Heimstärke zurückgewinnen wollen. Das hat der Trainer auch so vorgegeben. Die Fans merken, dass wir alles versuchen auf dem Platz. Und sie honorieren es auch, wenn es mal nicht so läuft. Auch mit 14.000 und 15.000 Zuschauern kann es sich so anfühlen, als ob 28.000 da wären. Die Stimmung kann die gleiche sein. Das ist auch ein Grund, warum wir so heimstark sind.

Stoppelkamp: Der MSV Duisburg ist eigentlich kein Drittligist, sondern gehört mindestens in die Zweite Liga. Die Fans spielen für uns eine große Rolle. Man kann verlieren, aber die Art und Weise muss stimmen. Wir haben eine junge Mannschaft, der man Fehler verzeihen kann. Die Fans stehen hinter uns und pushen unglaublich.

"Es ist ein Privileg, dass man mit seinem Hobby Geld verdienen kann"

Sehen Sie den Profifußball von heute mitunter auch kritisch?

Stoppelkamp: Ich würde mich niemals darüber beschweren. Es ist ein Privileg, dass man mit seinem Hobby und seiner Leidenschaft Geld verdienen kann. Wir gehen morgens raus, spielen – etwas übertrieben gesagt – ein, zwei Stunden Fußball, während andere neun Stunden auf dem Bau ackern. Jeder, der mit dem Fußballspielen Geld verdient, sollte das wertschätzen.

Daschner: Das sehe ich auch so. Es gibt zwar dreckige Phasen, wenn es sportlich nicht läuft oder etwas hinter den Kulissen passiert, aber wir sollten uns insgesamt sehr, sehr glücklich schätzen.

Auch interessant

Woran erinnern Sie sich im Jahr 2019 gerne zurück?

Stoppelkamp: Bis Juni war da nicht viel. Das wurde schnell ausgeblendet. Du warst abgestiegen und zwei Wochen mies drauf. Aber dann musst du das abhaken, aufstehen, Kräfte sammeln und irgendwie das Positive herausziehen. Hätte ich mir bei meinen vier Abstiegen zu viele Gedanken darüber gemacht, dann hätte ich schon längst aufgehört. Für mich war es schön, beim Neuanfang des MSV dabei zu sein und zu helfen.

Daschner: Ich genieße jeden Heimsieg sehr, weil man mit den Menschen feiern kann, die einen die ganze Zeit umgeben. Das sind die positiven Ereignisse in diesem Jahr. Solche Momente sind für mich sehr schön.

Und was wünschen Sie sich nun zu Weihnachten?

Daschner: Auf Platz eins zu überwintern.