Duisburg. . Auf einmal geht beim Zweitligisten wieder die Angst vor dem Absturz um. Zebras müssen dringend ihre jüngsten Defensivprobleme abstellen.
Die Angst geht wieder um. Nach drei Niederlagen der Zebras in Folge. Nach dem Sieg von Aue gegen Fürth. Nur noch vier Punkte beträgt die Kluft zwischen dem MSV auf Rang sieben in der Tabelle und dem Relegationsrang. Oh ja, Relegation, das kann furchtbar sein. Weiß man in Duisburg mehr als genau. Eben noch schaute der Fan in Richtung Fußball-Bundesliga und jetzt wieder in den Abgrund. Vielleicht reichen nicht einmal die 40 Punkte in dieser so dicht gepackten Klasse, um den Schrecken der Zusatzspiele abzuwenden.
Schon erscheint das Heimspiel gegen Schlusslicht 1. FC Kaiserslautern nicht mehr als Mitnahme-Artikel. Die Partie ist richtungsweisend: Um Punkte geht es auch, und das sind richtig wichtige. Entscheidend mit Blick auf den Rest der Spielzeit ist gleichwohl vor allem eine andere Frage: Kann Ilia Gruev das Scheunentor zuschieben? In der Rückrunde hat der MSV 20 Gegentore geschluckt. Das letzte Zu-Null-Spiel war am 23. Januar beim 2:0 in Bochum. Durch keine Abwehr in der Liga pfeift der Wind so zugig wie bei den Zebras. Selbst das Schlusslicht der Rückrunden-Tabelle, der SV Darmstadt 98, hat nur zwölf Hütten kassiert. Allein in den letzten drei Spielen schenkten die Zebras der Konkurrenz zehn Jubelmomente.
Trainer machte „Flausen im Kopf“ aus
In der Hinrunde war der MSV ebenfalls vor einer Länderspielpause in ganz ähnlicher Lage und schluckte in vier Partien 14 Tore. Damals half eine taktische Neuorientierung. Es bleibt abzuwarten, wie Gruev dieses Mal auf das Leck im Heck reagiert. Der Coach sprach nach dem 2:3 in Braunschweig von „Flausen im Kopf“ der Spieler. Die Aussicht auf die besten Plätze hätten dem Personal irgendwie die Sinne vernebelt.
Eine andere Erklärung ist ebenfalls möglich: Die Grippe und das Absitzen der Sünden mischten sich unselig. Auch wenn es der Coach anders sagt: Der MSV hat nur einen ausgehtauglichen Anzug. Der aber befand sich zuletzt dauernd in der Reinigung: Dustin Bomheuer fehlte drei Wochen mit Grippe. Enis Hajri saß erst seine Gelbsperre ab und musste dann eine Virus-Pause einlegen. Fabian Schnellhardt (verletzt) und Lukas Fröde (gelbgesperrt) fehlten in Braunschweig.
Zugleich fällt auf: Die Probleme decken sich mit denen vor der Spielpause im Herbst. Der MSV hat eine Schwachstelle auf seiner rechten Abwehrseite. Enis Hajri war beim 2:3 in Braunschweig bei allen drei Gegentreffern zu sehen. Auch beim 2:2 gegen Bielefeld fiel durch seinen Ballverlust die zwischenzeitliche Führung der Gäste. Den Ausgleich für Darmstadt beim 2:1-Sieg erleichterte sein verlorenes Laufduell im Strafraum. Nico Klotz gönnte sich zwei Pannen beim 1:3 in Nürnberg. Dan-Patrik Poggenberg stand gegen Kiel auf diesem verlorenen Posten.
Der hohe Ball vor den Strafraum
Die zweite Leckage offenbart sich in der Zentrale des Mittelfelds. Dem Gegner gelingt es inzwischen leichter, den Ball aus der wenig bewehrten Position in die Schnittstelle oder auf die rechte Abwehrseite des MSV zu spielen. Das war beim 0:2 in Nürnberg, beim 0:2 in Kiel sowie beim 0:1 und 0:3 in Braunschweig zu sehen. Ein gern probiertes Mittel der Konkurrenz ist inzwischen der hohe Ball vor den Strafraum. Da geht der entscheidende Zweikampf fatal verloren. Das was beim 0:1 in Kiel und beim 0:1 sowie 1:2 gegen Heidenheim so. Auch das 0:1 gegen Düsseldorf nahm so seinen Anfang. Was bei der Nachschau der Treffer auffällt: Gerrit Nauber ist nicht selten beteiligt. Er verlor die raumöffnenden Duelle beim 1:2 gegen Heidenheim, beim 0:1 in Kiel oder beim 0:1 gegen Düsseldorf.
Dritte Schwachstelle: die Standards. Gegen Kiel (zwei Mal), Nürnberg und Braunschweig kassierte der MSV ein Tor nach einer Ecke.
Da kommt einen dann wieder in den Sinn, was Gruev mit Flausen im Kopf meinte. Auch nach der Herbstkrise zeigte sich das Personal reumütig und meinte, man sei allzu euphorisch nach vorn und in die Saison gerannt. Der Weg aus dem Tal führt deshalb vermutlich erneut nur über spröden Dienst nach Vorschrift oder wie es Gruev sagen würde: seriöse Spielweise. Das wird nicht schön. Aber wir sind ja nicht beim Eiskunstlauf.
Zurück zur Ausgangsfrage: Muss man fürchten, dass der MSV das Schicksal der Würzburger Kickers erleidet, die auf der Zielgeraden aus der Liga purzelten? Klare Antwort: Nein, muss man nicht. Die Mannschaft kann’s. Die Kräfte trotz mancher Müdigkeit beim Spielaufbau reichen allemal. Aus sieben Spielen drei, wenn nicht sechs Punkte zu holen, das geht. Die Qualität reicht sogar für deutlich mehr. Es muss nur einer mal laut rufen: „Tür zu, es zieht!“