Mönchengladbach. . Borussia Mönchengladbach und der FC Bayern München beherrschten in den 1970ern die Bundesliga. Gemeinsam kamen sie auf acht Deutsche Meisterschaften. Das Spitzenspiel am Sonntag ist der 100. Vergleich der beiden Traditionsvereine. Favre: „Wir müssen keine Angst vor Bayern haben.“

Dieser Fan hat sie alle miterlebt, die großen Erfolge der Siebziger. Davon zeugen die Aufnäher auf seiner verwaschenen Jeansjacke, die von Meisterschaften und Pokalsiegen berichten. Jetzt steht er im hochmodernen Borussia-Park, beißt in seine Bratwurst und wirkt etwas verloren; ein bisschen wie ein Zeitreisender, der seinen Stammplatz am alten Bökelberg sucht. Es ist Donnerstagabend, Borussia Mönchengladbach fertigt in der Europa League den zypriotischen Gruppengegner Apollon Limassol mit 5:0 ab, und doch gibt es nur ein Thema: Am Sonntag kommen die Bayern.

Der Klassiker der Bundesliga

Vizepräsident Rainer Bonhof schreibt in der Gladbacher Stadionzeitung vom einzigen echten Klassiker, ohne den die Fußball-Bundesliga ein ganzes Stück ärmer wäre. Und ja, wenn die Borussia am Sonntag als Tabellenzweiter den Spitzenreiter aus München empfängt, werden Erinnerungen wach an alte Zeiten. An Zeiten, in denen diese beiden Vereine die Bundesliga nach Herzenslust dominierten. Günter Netzer beherrschte Gladbachs Mittelfeld, Franz Beckenbauer wurde in München zum Kaiser, Gerd Müller stellte Torrekorde für die Ewigkeit auf.

Kommt diese Zeit wieder? Können die Fohlen dem Rekordmeister in absehbarer Zeit wieder Paroli bieten – oder sie wenigsten ein bisschen ärgern?

Franz Beckenbauer kann sich das nicht vorstellen: „So wie früher, als Bayern und Gladbach über neun Jahre die Meisterschaft unter sich ausmachten, wird es wohl nicht mehr werden“, sagte Beckenbauer der „Bild“.

Auch Gladbachs Sportdirektor Max Eberl sieht die Lage realistisch: „Bayern München ist die größte Nummer in Deutschland, vielleicht sogar auf der ganzen Welt.“ Die Borussia habe zwar eine gute Entwicklung genommen, „aber wir sollten nicht die Bayern als Maßstab nehmen“. Immerhin sei Mönchengladbach noch vor dreieinhalb Jahren fast abgestiegen. Bei der Frage, ob er sich denn zumindest mit der Rolle des Bayern-Jägers anfreunden könnte, muss Eberl schmunzeln. „Ich denke, wir können uns noch nicht als Bayern-Jäger bezeichnen, weil der FC Bayern meines Wissens aktuell an keinem unserer Spieler interessiert ist.“ Eine Anspielung auf die Transferpolitik der Münchener, die vorsieht, direkte Konkurrenten durch den Wegkauf von Schlüsselspielern zu schwächen.

Favre hat keine Angst

Lucien Favre wirkt entspannt in diesen Tagen. Der Gladbacher Trainer lächelt viel und sagt: „Wir müssen keine Angst vor Bayern haben.“ Kurze Pause des besonnenen Schweizers, dann fährt er fort: „Aber natürlich haben wir Respekt.“

Das 7:1 der Bayern in der Champions League beim AS Rom würde für sich sprechen. Favre glaubt, dass es auf die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive ankommt. Bremen, das am vergangenen Spieltag sein Heil in einem Abwehrbollwerk suchte, ging mit 0:6 baden. Rom, das versuchte mitzuspielen, geriet mit 1:7 unter die Räder. Es wird ein schmaler Grat, die richtige Ausrichtung zu finden.

Taktikfuchs Favre wird einen Plan haben, doch er möchte sich noch nicht in die Karten schauen lassen. Er hat den Verein seit 2011 vom fast sicheren Absteiger zum Europapokalteilnehmer geformt. Der Mann weiß, was er tut. Auch wenn er bis Donnerstag damit beschäftigt war, Limassol stark zu reden und beteuerte, sich zu 100 Prozent auf das Europapokalspiel zu konzentrieren.

Die Fans sind elektrisiert

„Zieht den Bayern die Lederhosen aus“, skandierten die Fans schon während der Partie gegen Limassol und gaben ihrer Mannschaft einen klaren Auftrag mit. Am Sonntagabend, wenn der 100. Vergleich der beiden Vereine vorbei ist, wollen sie wieder ein bisschen träumen können. Davon, dass die alten Zeiten wiederkommen und die Borussia in München gefürchtet wird.