Homburg. Wenn im Fußball von Härtefällen gesprochen wird, finden sich in der Regel Spieler auf der Bank wieder, die damit wahrscheinlich nicht gerechnet haben. Bei Borussia Mönchengladbach traf es am Samstag beim Pokalspiel in Homburg Patrick Herrmann.

Kapitän Filip Daems, Roel Brouwers, Thorben Marx und Amin Younes suchte man in Homburg auf dem Aufstellungsbogen vergeblich. Diese vier arrivierten Spieler von Borussia Mönchengladbach durften die Reise ins Saarland ebenso wenig antreten wie Weltmeister Christoph Kramer (Trainingsrückstand) und Stürmer Max Kruse (OP). Patrick Herrmann fand sich in seiner Heimat immerhin auf der Bank wieder. Nur gut 30 Kilometer liegen zwischen seinem Geburtsort Uchtelfangen und dem Waldstadion des FC 08 Homburg, natürlich war Herrmann enttäuscht, nicht dort auflaufen zu dürfen, wo er bekannt ist, wie ein bunter Hund.

„Schade, dass ich in der Heimat nicht von Anfang an ran durfte“, sagte der 23-Jährige nach der Pokalpartie. Dass man in der Heimat spiele, komme ja nicht so häufig vor. „Aber wenigstens bin ja noch reingekommen“, versuchte Herrmann der Situation etwas Positives abzugewinnen. Die Situation heißt Konkurrenzdruck und trifft in dieser Saison auch gestandene Spieler. Da könne es schon mal vorkommen, dass sich ein Spieler „auf der Bank oder gar auf der Tribüne wiederfindet, der über 100 Bundesligaspiele auf dem Buckel hat“, blickte Innenverteidiger Tony Jantschke nach dem Testspiel gegen Athletic Bilbao voraus. Und behielt Recht damit.

Fabian Johnson und Thorgan Hazard auf der Bank

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Neuzugang André Hahn spielte auf der Herrmann-Position und feierte einen perfekten Einstand. Er war der Aktivposten in einer Gladbacher Mannschaft, die beim Regionalligisten sichtlich Mühe hatte. Im ersten Pflichtauftritt für seinen neuen Klub erzielte er gleich mit der ersten Aktion sein erstes Tor. „Ich denke, schöner kann man sich sein erstes Pflichtspiel nicht erträumen“, sagte der ehemalige Augsburger über sein gelungenes Debüt. Des einen Freud ist des anderen Leid: Der Konkurrenzkampf ist bei der Borussia mit Beginn der Pflichtspiele nun richtig entfacht; Herrmann ist im Team von Trainer Lucien Favre nur einer von etlichen möglichen Härtefällen.

In der Defensive durfte links Oscar Wendt spielen. Alvaro Dominguez schaffte zwar den Sprung in den Kader – anders als Kapitän Daems –, musste aber auf der Bank Platz nehmen. Julian Korb verteidigte rechts statt Neuzugang Fabian Johnson. Der WM-Teilnehmer könne auch links offensiv spielen, betonte der Coach in der Vorbereitung, doch dort spielte Ibrahima Traoré, der auch den Vorzug vor Leihspieler Thorgan Hazard erhielt. Im Mittelfeld sollten Granit Xhaka und Havard Nordtveit die spielerische Schaltzentrale sein, der so hoch gelobte Youngster Mo Dahoud musste draußen bleiben. Und auch Weltmeister Kramer wird in den kommenden Wochen Ansprüche auf einen Stammplatz stellen.

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„Da muss man einfach durch“, erklärte Herrmann stellvertretend für alle Ersatzspieler. Der Trainer entscheide vor jedem Spiel, und „manche Entscheidungen muss man respektieren“, so Herrmann. „Ich kann nicht in den Kopf des Trainers reinschauen“, man müsse abwarten, wie die nächsten Spiele laufen. „Wir haben einen großen Kader und den brauchen wir auch für die kommenden intensiven Wochen.“ Alle anderen großen Vereine würden schließlich auch rotieren. Auch Hahn ist sich dessen bewusst. „Ich glaube nicht, dass jeder alle Spiele voll durchziehen kann. Bei dem Programm, das wir haben, wird sich jeder mal auf der Bank wiederfinden.“ Er sei froh, dass der Kader so „groß und stark“ sei. Und: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Für den Nationalspieler geht es um den Teamgedanken, denn das Ziel, erfolgreich zu sein, habe schließlich jeder Spieler. Ein, zwei Tage die Beine hochlegen und regenerieren wolle Hahn jetzt und „dann geht es volle Power nach Sarajevo“.

Konkurrenzdruck im Gladbacher Team enorm

Dass er dort wieder das Vertrauen von Favre bekommt, ist nicht unwahrscheinlich. Herrmann wird sich, wie so manch anderer Spieler, in Geduld üben und versuchen müssen, den Teamgeist als Motivationshilfe zu nehmen, und im Training Druck auf die Konkurrenz auszuüben. Favres Aufgabe wird es in den kommenden Wochen sein, seinen gesamten Kader bei Laune zu halten. Sonst schlägt der gesunde Konkurrenzkampf vielleicht schnell in Knatsch um.