Miami. Dass Max Kruse zum Nationalspieler wurde, ist fast ein modernes Fußball-Märchen. Denn der Freiburger galt lange als Filou. Der Neu-Gladbacher hat sich gewandelt und gilt jetzt als Musterprofi und deutsche Sturm-Hoffnung für die kommenden Jahre.

Sein Ex-Trainer Holger Stanislawski nannte ihn mal einen „Vollpfosten“, der Boulevard taufte ihn „Maserati-Max“, und sein Facebook-Video „als halb nackter und über Sexpraktiken mit Prostituierten stammelnder Testosteron-Rapper“ (Die Welt) MC Max hätte die Karriere um ein Haar beendet. Doch am Mittwoch gegen Ecuador (Anstoß 20.30 Uhr deutscher Zeit/live in der ARD und in unserem Ticker) wurde Max Kruse im Alter von 25 Jahren zum Nationalspieler. Und mehr noch: Der Freiburger gilt als Musterprofi und deutsche Sturm-Hoffnung für die kommenden Jahre.

Gerade einmal sechs Trainingstage im Kreise der Nationalmannschaft brauchte Kruse, um in Joachim Löw einen neuen Fan zu gewinnen. „Von Kruse bin ich sehr angetan“, sagt der Bundestrainer: „Weil er ein schlauer, raffinierter Spieler ist, der immer anspielbar ist, sehr gute Wege macht und sehr gut im Abschluss ist.“

Das Ergebnis von Kruses harter Arbeit

Und plötzlich ist Kruse, zwölf Monate nachdem er mit dem FC St. Pauli noch in der 2. Liga spielte, nach Miroslav Klose und Mario Gomez Stürmer Nummer drei in Deutschland. Wenn ihm vor anderthalb Jahren jemand gesagt hätte, dass er Nationalspieler wird, „dann hätte ich gelacht“, sagt der Norddeutsche.

Dass er es geschafft hat, wirkt für manche wie ein Märchen. Es ist jedoch das Ergebnis von harter Arbeit - und vor allem einer wichtigen Einsicht. „Irgendwann kam bei mir der Punkt, an dem ich mein Leben umstellen musste, wenn es noch mal was werden sollte mit der Karriere“, gesteht er dem Kölner Express: „Ich habe doch in vielen Phasen die letzte Professionalität etwas hinten dran gelassen.“

Nach der Geburt von Sohn Lauro-Maxim habe er „selbst gemerkt, dass ich lieber mal den ein oder anderen Abend zu Hause bleiben sollte. Irgendwann habe ich mir gesagt, dass es entweder steil nach oben geht oder dass ich auf Dauer Durchschnitt bleibe.“

Nach einer starken Saison bei St. Pauli war der Wechsel nach Freiburg im vergangenen Sommer wohl die letzte ernsthafte Chance, in der Bundesliga Fuß zu fassen. Kruse nutzte sie entschlossen. Vor seinem Dienstantritt im Breisgau fuhr er in ein zusätzliches Trainingslager, das er selbst finanzierte.

Für 2,5 Millionen Euro nach Gladbach

Auch interessant

Der Plan ging auf: Kruse machte alle 34 Spiele, erzielte elf Tore, bereitete acht weitere vor und war Borussia Mönchengladbach 2,5 Millionen Euro wert. Dass er Freiburg trotz des lange feststehenden Wechsels noch in die Europa League schoss, zeigt seinen Charakter.

Den Spott der Kollegen, weil die Borussia die Qualifikation schaffte, ersparte ihm dies freilich nicht. „Kruse spielt Europa League, auf der PS3 - die ganze Nacht, von zwölf bis acht“, sangen sie nach dem letzten Saisonspiel. „Ich kann damit umgehen“, sagt der gebürtiger Reinbeker schmunzelnd: „Ich kann ganz gut Playstation spielen.“

Seine heimliche Begabung ist jedoch eine ganz andere. Denn um ein Haar wäre Kruse Schiedsrichter geworden. Bis vor sieben Jahren pfiff er nämlich regelmäßig Spiele, alle sagten ihm großes Talent nach. „Doch als das Angebot für die A-Jugend von Werder Bremen kam, musste ich mich entscheiden“, sagt er: „Zum Glück aus heutiger Sicht habe ich mich für den Fußball entschieden.“´

Wenn er sich heute vom Schiedsrichter ungerecht behandelt fühlt, schimpft und zetert Kruse „wie jeder andere auch. Ich habe sogar schon Gelbe Karten wegen Meckerns bekommen“, sagt er: „Aber eine Rote noch nie.“

Disziplin, das hat der ehemalige „MC Max“ gelernt, ist nämlich das Wichtigste. (sid)