Mönchengladbach. Borussia Mönchengladbach will den FC Bayern im DFB-Pokal-Halbfinale zum dritten Mal in dieser Spielzeit bezwingen. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl spricht im Interview über „die wunderbare Konstellation David gegen Goliath“, die Perspektiven der Borussia und die Zukunft von Trainer Lucien Favre.

Die Vorfreude ist gewaltig. Heute kommen die Bayern nach Mönchengladbach (20.30 Uhr/live bei ARD und im DerWesten-Ticker). Und wenn die Borussen das Ticket fürs DFB-Pokalfinale in Berlin lösen wollen, dann müssen sie das Kunststück schaffen, den Rekordmeister ein drittes Mal in dieser Spielzeit zu bezwingen. „Normal schlägst du die Bayern nicht dreimal in einer Saison“, sagt Max Eberl vor dem Duell. Aber er sagt auch: „Ein Heimspiel im Halbfinale gegen einen schier unschlagbaren Gegner ist die wunderbare Konstellation David gegen Goliath, der wir uns stellen werden.“ Vor der Begegnung sprach die NRZ mit dem Gladbacher Sportdirektor über die Zukunft der Borussia.

Herr Eberl, kann es für einen Verein wie Gladbach überhaupt Kontinuität auf dem Trainerposten geben? Einen erfolglosen Trainer kann man nur bis zu einem bestimmten Punkt halten, und ein erfolgreicher Trainer weckt die Begehrlichkeiten der großen Konkurrenz?

Max Eberl: Trainer und generell die Verantwortlichen im Sport sind maßgeblich daran beteiligt, welche Philosophie man einem Verein gibt, wie man agieren möchte. Kontinuität im Fußball ist also absolut lohnenswert und aus meiner Sicht die Basis für erfolgreiches arbeiten, für Nachhaltigkeit. Das zeigen die Beispiele Werder Bremen, Bayern München und aktuell Borussia Dortmund...

...für Gladbach bedeutet das konkret?

Eberl: Ich denke, dass wir in Gladbach bewiesen haben, dass wir nachhaltig arbeiten wollen, dass es aber auch Momente gibt, in denen die nachhaltige Arbeit gar nicht mehr gewünscht ist. Es wird von bestimmten Seiten viel zu schnell öffentlicher Druck aufgebaut. Doch aus meiner Sicht muss man erst reagieren, wenn der gesamtwirtschaftliche Erfolg in Gefahr ist.

Wird diese Sichtweise von den Trainern geschätzt?

Eberl: Wenn ein Trainer Kontinuität fordert, darf ich auch als Verein von einem Trainer Kontinuität erwarten. Auch die sportlich Verantwortlichen in einem Klub haben eine Vorbildfunktion. Wenn Dinge passieren wie damals in Aachen und ein Trainer sich nach vier Spieltagen vorzeitig verabschiedet und sagt, jetzt muss ich mal dorthin, wo die Sonne scheint, dann ist das natürlich problematisch und eine generell gefährliche Entwicklung.

Favre bleibt „zu 99-prozentiger Sicherheit“ in Gladbach 

Lucien Favre hat einen Vertrag bis Sommer 2013 - können Sie mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass er in der kommenden Saison noch Trainer der Borussia sein wird?

Eberl: Mit hundertprozentiger Sicherheit kann ich nicht einmal sagen, ob ich heute Abend zum Abendessen nach Hause komme. Das kann kein Mensch. Ich kann aber zu 99-prozentiger Sicherheit sagen, dass Lucien in der kommenden Saison unserer Trainer sein wird.

Mit anderen Worte, sollte Favre doch noch Wechselgedanken hegen, wird die Borussia auf die Einhaltung des Vertrages pochen.

Eberl: Ich brauche nicht auf die Einhaltung zu pochen, weil wir gerade gemeinschaftlich die Mannschaft für die kommende Saison planen. Als wir im Februar 2011 einen Zweieinhalb-Jahres-Vertrag geschlossen haben, galt der ausdrücklich auch für die Zweite Liga. Durch den Klassenerhalt haben wir zwei Jahre gewonnen. Und diese erfolgreiche Entwicklung wollen wir gemeinsam vorantreiben.

Mit finanziell äußerst angenehmen Voraussetzungen.

Eberl: Wir haben finanzielle Möglichkeiten, die es in Gladbach in 110 Jahren noch nicht gegeben hat. Solche Voraussetzungen gibt es nicht bei vielen Vereinen in Deutschland. Ohne zu wissen, was sportlich am Saisonende tatsächlich rauskommt, haben wir die große Möglichkeit, diesen Klub wirklich nach vorne zu bringen. Wir wollen uns dauerhaft im einstelligen Tabellenbereich der Bundesliga etablieren, das ist die große Herausforderung. Und zwar auf Basis einer Mannschaft, die zu 90 Prozent bestehen bleibt, und in der richtig gute Spieler sind, die entwickelt werden wollen.

Gibt’s mit Lucien Favre derzeit konkrete Verhandlungen, um vorzeitig über 2013 hinaus zu verlängern?

Eberl: Wir haben ihm ein Vertragsangebot gemacht, das liegt ihm vor. Wir wissen, woran wir sind, und ich glaube, es gibt keinen Trainer auf der Welt, der eine Saison plant, um dann zum Sommer zu sagen, jetzt bin ich übrigens weg. Unser Trainer, der Kontinuität fordert, der in einem Interview sagte, in Deutschland ist alles fantastisch, die Spieler sind gut, die Stadien sind gut, die Infrastrukturen sind gut, aber die Trainer wackeln zu schnell, hat hier alles, was er will. Das war übrigens genau der Grund, warum er im Februar 2011 gesagt hat: Ich möchte nach Gladbach, weil ihr an einem Trainer lange festgehalten habt, weit über das übliche Maß hinaus.

Gladbach sucht Ersatz für Reus und Neustädter 

Wie weit sind die Personalplanungen fortgeschritten?

Eberl: Wir sprechen mit dem Trainer über Personen und Positionen, und jetzt gehen die Gespräche mit den Spielern los. Wir haben einige Alternativen im Kopf.

Sie suchen nach Ersatz für Marco Reus und Roman Neustädter, und sonst?

Eberl: Das sind die Hauptpositionen, da wollen und müssen wir Personal nachlegen, darauf fokussieren wir uns.

Es wird also noch kein Innenverteidiger, somit Ersatz für Dante, gesucht?

Eberl: Nein, wir suchen keinen Innenverteidiger.

Wird daran gedacht, richtig viel Geld für einen Spieler in die Hand zu nehmen und einen Star zu kaufen?

Eberl: Es macht keinen Sinn zu versuchen, einen einzigen anderen Spieler, den man verliert, durch einen einzigen Mann zu ersetzen. Ich kann nicht alles auf eine Karte setzen. Mit vier, fünf neuen Spielern steigerst du automatisch die Qualität in der Summe. Wir wollen den Kader nicht vergrößern, sondern die Qualitätsspitze verbreitern. Wir suchen Spieler, die uns gemeinsam mehr Qualität geben, als wir verlieren. Und das Geld, das wir erwirtschaften, werden wir komplett in die Mannschaft investiert.

Gibt es eine finanzielle Höchstgrenze, die man für den Kauf eines Spielers nicht überschreiten will?

Eberl: Es gibt kein Limit, allenfalls von der Logik her. Wenn man sehr viel für einen ausgibt, bleibt für die anderen weniger übrig.

Rechnet man die Einnahmen hoch, wird Gladbach für mindestens 20 Millionen einkaufen können.

Eberl: Die Summe ist nicht unrealistisch.