Mönchengladbach. Nach dem Unentschieden gegen den Hamburger SV ist bei Borussia Mönchengladbach Ernüchterung eingekehrt. Marco Reus wollte sich zu den verschenkten Punkten nicht äußern. Das Spiel lief am künftigen Dortmunder meistens vorbei.

Marco Reus stapfte wortlos in die Kabine. Der 22-Jährige wirkte genervt und war selbst eine gute Stunde später noch reichlich angefressen und schwieg beharrlich. Reus hatte sich zuvor auf dem Platz 90 Minuten lang aufgerieben. Er hatte geflucht, lamentiert und war selbst von seinem Mitspieler Dante kaum zu beruhigen. Szenen, die sinnbildlich für diesen Abend waren. Borussia Mönchengladbach zeigte beim 1:1 (1:0) gegen den Hamburger SV Nerven. Und schob nach dem Rückschlag im Bundesliga-Titelkampf Frust.

Favre kritisiert seine Mannschaft

Gladbachs Trainer Lucien Favre verpackte seine Kritik charmant und analysierte das fehlerhafte Spiel seiner Mannschaft sachlich. "Wir haben zu langsam gespielt, die Ballannahme war zu durchschnittlich. Die Tiefe und die Durchschlagskraft haben gefehlt. Wir haben den HSV nicht destabilisiert. Ich kann mit dem Punkt aber leben", sagte Favre, der die Frage nach dem Ausfall von Patrick Herrmann (Schlüsselbeinbruch) aber nicht mehr hören konnte. "Wir können das nicht ändern, also brauchen wir auch nicht darüber zu sprechen", sagte der Schweizer. Man werde aber eine Lösung finden.

Gegen den HSV übernahm Reus die Herrmann-Position auf rechts, Igor de Camargo stürmte neben Mike Hanke. Reus wich auf die Flügel aus, tauschte mit Hanke den Platz – doch der bislang so erfolgreiche Offensivfluss versiegte. Der HSV verteidigte geschickt, machte die Räume zu und ließ die Borussen weite Wege gehen. Die wussten die vom HSV gestellten Aufgaben nur selten spielerisch zu lösen. "Es kann nicht immer passen, wir können nicht immer brillant spielen", sagte Tony Jantschke. Man könne nicht erwarten, dass man jetzt jede Mannschaft auseinandernehme.

Tor von Mike Hanke war ein Weckruf

Bei den Hamburgern sah man nach dem achten Auswärtsspiel in Folge ohne Niederlage und dem immerhin zweiten Punkt gegen ein Topteam zufriedene Gesichter. "Wir wollten unser Spiel durchziehen - und zwar von Anfang an", sagte HSV-Kapitän Heiko Westermann. Das sei zunächst zwar nicht gelungen, aber man sei nach dem Rückstand gut zurückgekommen.

Denn das 0:1 durch Mike Hanke kurz vor der Pause war für den HSV offensichtlich der dringend benötigte Weckruf. Nachspielzeit, eine Standardsituation und dann auch noch Abseits: Trainer Thorsten Fink war auf dem Weg in die Kabine kaum zu beruhigen und suchte das Gespräch mit Schiedsrichter Günter Perl, wies ihn an, sich mehr zu konzentrieren.

Unentschieden für Gladbach ein Rückschlag?

Und auch in der Kabine fand Fink offenbar die richtigen Worte, denn die Ansprache an seine Mannschaft fruchtete. "Nachdem es zuerst nicht so lief, hat uns der Trainer noch einmal heiß gemacht und den nötigen Kick verpasst. Wir hatten Gänsehaut", sagte Tolgay Arslan, der für Torjäger Mladen Petric ins Team gerutscht war und kurze Zeit später auch prompt für den Ausgleich sorgte (56.).

Favre hatte hatte zwar ein schnelles 2:0 gefordert, war aber zufrieden, dass man nach dem Ausgleich die Ruhe bewahrt habe. Ist das glanzlose Unentschieden am 23. Spieltag nach den Fußball-Festen der vergangenen Wochen nun ein Rückschlag? Schließlich versäumte es der Tabellenzweite, nach Punkten zu Spitzenreiter Borussia Dortmund aufzuschließen. "Ich kann die Euphorie verstehen, denn bis jetzt haben wir sehr gut gespielt. Aber mein Job ist es, jedes Spiel zu analysieren und für sich zu nehmen", sagte Favre. (dapd)