Essen. .
Borussia Mönchengladbach und der 1. FC Köln haben sich in die erste Reihe der Abstiegskandidaten gespielt. Schalke robbt zentimeterweise aus dem Tabellenkeller. Unser Kommentar zum Spieltag.
Die herausragende Rolle der Traditionsklubs in der Fußball-Bundesliga wird derzeit gern hervorgehoben. Jüngst erst forderte der Dortmunder BVB-Boss Hans-Joachim Watzke eine Neu-Verteilung der Fernsehgelder zugunsten der altehrwürdigen Vereine, die schließlich deutlich mehr Leute bewegen würden als, nun ja, Wolfsburg, Leverkusen oder Hoffenheim. Auch die Einschaltquoten im Bezahlfernsehen seien entsprechend, befand Watzke.
Der BVB-Boss hat gut reden. Die Borussen konnten an diesem Spieltag bisher genüsslich zuschauen, wie sich die vermeintlichen Konkurrenten um die Champions-League-Plätze gegenseitig die Punkte wegnahmen. Am Sonntag kann der BVB nun mit einem Heimerfolg gegen Hoffenheim die tabellarische Kluft noch deutlich vergrößern. Die Schlucht zu anderen Traditionsvereinen, die laut Watzke doch profitieren müssen, ist so breit und tief wie der Grand Canyon.
Schalke verpasste „Befreiungsschlag“
Es wird vorerst so bleiben. Der FC Schalke verpasste mit dem mauen wie glücklichen 0:0 bei der Frankfurter Eintracht zumindest das, was küchenpsychologisch ein „Befreiungsschlag“ genannt wird. Immerhin: Diese trübe Nullnummer lässt die Gelsenkirchener zentimeterweise aus dem Tabellenkeller robben.
Borussia Mönchengladbach und der 1. FC Köln haben sich nach diesem Spieltag endgültig in die erste Reihe der Abstiegskandidaten gespielt. Jene beiden Teams, die ihre direkten Duelle auf irrwitzige Art zu Klassikern stilisieren. Beide Vereine hatten ihre große Zeit in den 70ern, als die Fans, die sich nun gegenseitig lautstark die Pest und sonstige Unannehmlichkeiten an den Hals wünschen, noch gar nicht geboren waren.
Es ist der irreale Glaube an die eigene Größe, welche diese Klubs, die in der Bundesliga seit 2001 am Ende bestenfalls Tabellen-Elfter (!) wurden, eint. Der Verweis auf die eigene glorreiche Tradition ist dabei vor allem gefährlich.
Das statistisch erschreckende 1:4 der Gladbacher daheim gegen Werder Bremen war dabei in der Art des Zustandekommens äußerst unglücklich; die Borussen boten – wie oft in dieser Saison – durchaus ansehnlichen Fußball, hatten klarste Torchancen und waren am Ende wieder einmal der Verlierer. Wer sieben Spiele in Serie nicht gewinnt, verwirkt irgendwann auch den Glauben daran, dass es stets nur Pech ist, dass den Klub am Aufschwung hindert. Zumindest aber herrscht am Niederrhein (noch) Ruhe an der Personalfront, Konsequenzen stehen da vorerst nicht zu erwarten.
Deutlich dramatischer ist die Lage beim Rivalen 1. FC Köln, dessen 1:2 bei Hannover 96 kaum ohne personelle Auswirkungen bleiben dürfte. Der schweigsame Trainer Zvonimir Soldo könnte dort – vielleicht schon an diesem Wochenende – zur Disposition gestellt werden. In der Tat nährt die zurückhaltende Art des Kroaten nicht den Glauben daran, dass er eine Mannschaft im Tabellenkeller aufrütteln könnte. Doch die Probleme des FC liegen weitaus tiefer. Sie lassen sich mit dem gängigen wie einfallslosen Reflex des Trainerwechsels nicht dauerhaft lösen.
Dem FC fehlt es so ziemlich an allem: Geld, einer intakten Struktur, Disziplin und vor allem einer Leitidee, der sich dieser Klub mittelfristig verschreibt. Dass es gelingen kann, mit noch weniger Geld eine größere Wirkung zu erzielen, führen Mannschaften wie Mainz oder Freiburg gerade wieder einmal vor. Dafür verweisen die Klub-Verantwortlichen gern auf ihr volles Stadion, die tolle Stimmung auf den Rängen – und auch in der kommenden Saison sicher wieder erstklassige Einschaltquoten. Wenn der FC aber nicht bald anfängt zu punkten, können die Kölner Fans ihren Lieblingsverein bald wieder im Free-TV sehen – am Montagabend auf Sport 1: beim Zweitliga-Spiel der Woche.