Essen. Die bislang schweigende Mehrheit in den Stadion, nimmt die Ausfälle von Extremisten derzeit nicht mehr hin. Das macht Hoffnung. Ein Kommentar.
Es bewegt sich etwas in Deutschlands Fußballstadien. Wahrnehmbar. Es begann vor einer Woche in Münster, baute sich in Frankfurt auf und erreichte jetzt Mönchengladbach und Berlin. Fußballfans nehmen es in diesen Tagen wiederholt nicht mehr hin, dass kleine, krakeelende Minderheiten die Meinungshoheit zu kapern versuchen.
Ein zartes Pflänzchen Hoffnung
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Die Ursachen für den Aufstand der Anständigen – das darf man ruhig so nennen – sind unterschiedlich. In Münster, Frankfurt und Berlin brachten die Zuschauer Nazis und Rassisten zum Schweigen, in Mönchengladbach ging es mit Pfiffen gegen Ultras, die mehr oder weniger unverhohlen zum Mord aufriefen. Hoffenheims Mäzen ins Fadenkreuz zu rücken, lässt sich nicht mit der „derben Sprache“ auf dem Fußballplatz rechtfertigen. Die sorgfältig gemalten und gegen Verbote hinweg ins Stadion geschmuggelten Plakate zeigen vorsätzliches Handeln.
Auch wenn es den einen oder anderen Ultra schmerzen wird, muss er es hinnehmen, dass er mit tumben Nazis und Rassisten in einen Topf geworfen wird. Im Prinzip gibt es da nämlich keinen Unterschied. Beide verstoßen gegen Gesetze, setzen sich über gesellschaftliche Vereinbarungen zum zivilisierten Zusammenleben hinweg und versuchen, die Deutungshoheit im Öffentlichen Raum zu kapern. Dass die bislang schweigende Mehrheit nicht mehr bereit ist, dieses tatenlos hinzunehmen, macht Hoffnung.
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Mehr noch: Auch Schiedsrichter, Manager und Trainer zeigten Mut. Felix Brych, weil er das Spiel unterbrach, Gladbach-Manager Eberl, weil er sich der Plakat-haltenden Fangruppierung entschieden entgegenstellte und der Trainer Alfred Schreuder, weil er es mit der Ankündigung, nicht mehr weiter spielen zu wollen, offenbar wirklich ernst meinte.
Die Zuschauer in den Stadien brauchen Unterstützung
Fans haben jetzt drei Mal gezeigt, wie es geht. Das ist ein Anfang. Mehr aber auch noch nicht. Damit sich das in den Stadien weiter in die richtige Richtung bewegt, das zarte Pflänzchen Hoffnung wachsen kann, brauchen die Zuschauer Unterstützung. In Mönchengladbach haben sie gezeigt, wie die aussehen könnte. Wenn andere Klubs folgen und Courage zeigen, könnte die Hoffnung wachsen. Dann wäre der Sport, dann wären die Fußballstadien würdige Spiegel der Gesellschaft.