Bochum. Nationalspielerin Kerstin Garefrekes überlässt das Rampenlicht lieber ihren Mannschaftskolleginnen. Etwas zu sagen hat sie trotzdem. Die 29-jährige Angreiferin "mit Torriecher" über ihre Stellung in der Mannschaft, den Hang zur Sicherheit und: weiblichere Outfits im Damenfußball.
Raus aus dem Hörsaal, ab auf den Fußballplatz: Mit den Semesterferien begann für Kerstin Garefrekes (29) noch im vergangenen Jahr die Saisonvorbereitung beim 1. FFC Frankfurt. Damit wurde aus der Studentin wieder die Fußball-, ja, die Nationalspielerin. „Uni und Training haben zeitlich zwar nicht immer so gut zusammengepasst, aber irgendwie hat's funktioniert”, sagt die frischgebackene Betriebswirtin heute. „Hilfsbereiten Kommilitonen sei Dank.”
In die kommende Saison kann sie nun gelassener starten: die Prüfungen sind geschrieben, das Diplom erreicht – ein Muss für die bodenständige Westfälin. Mit einer schweren Verletzung könnte schließlich schnell alles aus sein. „Ich hätte keine ruhigen Nächte mehr, wenn ich nicht wüsste, was morgen ist”, sagt sie. Und einen Job als Trainerin strebt sie nach ihrer Karriere ohnehin nicht an. Da soll's lieber wieder zurück ins heimische Münsterland gehen, möglichst zu den beruflichen Wurzeln: der Stadtverwaltung in Rheine. „Ich lege eben viel Wert auf Sicherheit.” Mehr noch, als auf den Ruhm, den ihre Position in der Nationalmannschaft, die Titel (zweimal WM, einmal EM, UEFA-Pokal) und Auszeichnungen, bergen.
"Ich brauche das nicht unbedingt, das können die anderen haben."
„Klar, freue ich mich über Anerkennung und positives Feedback”, sagt die gebürtige Ibbenbürenerin, „aber ich brauche das nicht unbedingt, das können andere haben. Ich möchte doch einfach nur gut Fußball spielen.”
Das gelingt ihr offenbar. Bundestrainerin Silvia Neid (44) setzt bei der kommenden Europameisterschaft in Finnland (Beginn: 23. August) auf ihre Angreiferin „mit Torriecher”. Als solche hatte sie sich bereits bei der Weltmeisterschaft 2003 etabliert, als ihr mit entscheidenden Toren und ihren unglaublichen Flankenläufen endgültig der Durchbruch im deutschen Profifußball der Damen gelang.
„Am Anfang war ich in der Mannschaft noch sehr vorsichtig. Ich kannte die meisten Spielerinnen ja nur aus dem Fernsehen”, erinnert sich Kerstin Garefrekes. „Aber das hat sich in den letzten Jahren geändert.” Von der schüchternen schlaksigen Blondine, von ihrer Zurückhaltung ist nicht mehr viel übrig geblieben. Heute ist sie diejenige, zu der die anderen aufschauen, deren Rat gesucht wird. Und dennoch: Als Führungsspielerin sieht sie sich nicht. „Das ist auch nicht mein Anspruch. Wenn überhaupt, dann möchte ich durch Leistung führen” – am besten gleich zum nächsten EM-Titel. Und: zur Frauen-WM 2011. Die findet nämlich in Deutschland statt.
Wie viele ihrer Kolleginnen erhofft Kerstin Garefrekes sich davon einen weiteren Schub für die Popularität ihrer Sportart. „Das hat bei den letzten internationalen Wettkämpfen ja ganz gut funktioniert”, sagt sie. Von der Idee, den Sport auf anderen Wegen öffentlichkeitswirksamer zu gestalten – zum Beispiel durch weiblichere Outfits wie sie beim Tennis oder Volleyball üblich sind – hält sie dagegen wenig. „Unsere Trikots sind doch tailliert geschnitten, sehen sehr viel femininer aus, als die der Männer”, sagt sie. Damit seien auch innerhalb der Mannschaft alle zufrieden. „Ich möchte nicht mehr Haut zeigen, nur um Aufmerksamkeit zu erlangen.”
Den Vergleich mit der Nationalelf der Männer scheut die 29-Jährige. „Die machen ihr Ding, wir machen unseres”, wehrt sie ab: „Und ganz ehrlich: „Der ständige Vergleich mit den Männern? Der nervt.”
Zu sehen ist Kerstin Garefrekes gemeinsam mit ihren Mannschaftskolleginnen beim letzten Testspiel vor der EM gegen Russland im Rewirpower-Stadion in Bochum: Donnerstag, 6. August.