Essen. Das Viertelfinal-Aus der deutschen Fußballerinnen ist kein Drama wie das Vorrunden-Aus der Männer-Nationalmannschaft 2018. Ein Kommentar.

Nachdem die Niederlande mit 2:0 gegen Italien gewonnen hatten, verbreitete die Sportredaktion des ZDF ein Foto mit den jubelnden Siegerinnen. Und quer darüber stand geschrieben: Oranje wartet auf Deutschland. Nur klitzeklein, unten in der Ecke, die Alternative: oder Schweden.

Tja, schwer verschätzt. Damit hatte der Inhaber der WM-TV-Rechte der deutschen Nationalmannschaft keinen Gefallen getan, denn dieses Team hat es nicht verdient, mit Hochmut in Verbindung gebracht zu werden. Deutschlands Fußballerinnen waren nicht stabil genug, ihr Spiel wirkte taktisch nicht ausgereift, vielleicht waren sie auch verunsichert. Aber überheblich waren sie definitiv nicht.

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Der K.o. im Viertelfinale ist bedauerlich und ärgerlich – aber er ist kein Drama und keine Blamage wie das Vorrunden-Aus der Männer-Nationalmannschaft vor einem Jahr bei der WM in Russland. Martina Voss-Tecklenburg, die das Team erst im Februar erstmals bei einem Länderspiel betreut hatte, war ja bewusst ins Risiko gegangen. Die Bundestrainerin nominierte 15 WM-Neulinge und schickte das jüngste Aufgebot aller WM-Teilnehmer nach Frankreich. Und dann fiel auch noch Dzsenifer Marozsan aus, die Zentralfigur, die einzige deutsche Weltklassespielerin. Unter solchen Umständen kann es passieren, dass man nicht zur Topform findet und gegen einen stärkeren Gegner verdient ausscheidet.

2018 ist Joachim Löw schon vor der WM und erst recht kurz danach vorgeworfen worden, keinen radikalen Schnitt gemacht zu haben. Martina Voss-Tecklenburg hingegen hat einen weit über die WM hinaus reichenden Plan. Bitter ist nur, dass mit dem Viertelfinal-Aus auch die verpasste Qualifikation für die Olympischen Spiele verbunden ist. Die deutschen Frauen dürfen ihren Titel in Tokio nicht verteidigen.

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Aber so bietet sich die Chance, ab sofort konsequent alles auf die Zukunft auszurichten. Martina Voss-Tecklenburg hat bereits damit begonnen. Doch neben der Aufgabe, ihr junges Team weiter zu entwickeln, muss sie auch Antworten auf die Frage finden, warum die Konkurrenz spielerisch stärker geworden ist. Denn auch wenn sie nicht überheblich waren: Guten Fußball haben die deutschen Frauen bei dieser Weltmeisterschaft nur in wenigen Momenten geboten.