Reims. Der Auftaktsieg der US-Amerikanerin gegen Thailand war mehr als ein Kantersieg. Es geht ihnen auch um mehr Qualität im Frauenfußball.

Als Gastgeber Frankreich am vergangenen Freitag mit einem 4:0 gegen Südkorea ins Turnier gestartet war, hatte die Fußball-WM der Frauen mit einem kleinen Ausrufezeichen begonnen. Als der Titelverteidiger USA sein erstes Spiel am späten Dienstagabend absolviert hatte, war allerdings ein noch größeres Statement gefolgt. Eines, das mit Torhunger und einer klaren Ansage unterstrichen war. 13:0 hatten die USA gegen Thailand gewonnen. Es war eine Machtdemonstration.

Keine Gnade walten lassen

21 Mal beförderten die US-Amerikanerinnen den Ball in Richtung des thailändischen Tores, 13 Mal drehten sie danach jubelnd ab. 13:0 – ein Ergebnis, das es in einer solchen Höhe bei einer WM noch nie gegeben hatte, Deutschland hielt den Rekord seit 2007 mit dem 11:0 gegen Argentinien. 13:0 – ein Ergebnis, das es so auch eigentlich nicht mehr geben sollte bei einer WM, hat der Frauenfußball sich in den vergangenen Jahren doch sportlich weiterentwickelt und auch vermeintliche „Kleine“ sollten längst über ein defensives Grundgerüst verfügen. Doch genau das war es, worauf Kapitänin Megan Rapinoe hinweisen wollte. Hätte man nicht trotz hoher Führung nicht viel früher Gnade walten lassen können gegen überforderte Thailänderinnen? Wäre ein 7:0, ein 9:0 oder gar ein 10:0 nicht auch genug gewesen? „Wir respektieren jeden Gegner, aber wir sind hier bei einer WM. Das gehört zur Entwicklung des Sports dazu", sagte Rapinoe. Trainerin Jill Ellis stimmte ihr bei: „Wenn das hier ein 10:0 bei einer Männer-WM wäre, kämen dann die gleichen Fragen?“ Und überhaupt: „Gegner zu respektieren, heißt, gegen jeden Gegner sein Bestes zu geben. Es ist nicht meine Aufgabe, meine Spielerinnen zu bremsen.“

Kampf um Gleichberechtigung

Es hat derzeit immer etwas politisches, wenn die US-Amerikanerinnen die große Bühne betreten. In ihrer Heimat kämpfen sie für mehr Gleichberechtigung im Sport, sie wollen die gleichen Prämienzahlungen wie ihre männlichen Kollegen und haben deshalb den nationalen Verband verklagt. Als bei der WM in Frankreich nun erstmals die US-Nationalhymne erklang, lag weder Rapinoes Hand auf dem Herzen, noch bewegten sich ihre Mundwinkel. Wieder eines dieser kleinen Protestsignale, wie sie die 33-Jährige auch in der jüngeren Vergangenheit gesendet hatte, als sie bei der Hymne niederkniete, um den US-Football-Spieler Colin Kaepernick in seinem Kampf gegen Rassendiskriminierung zu unterstützen. Und vielleicht war dieser hohe Sieg des aktuellen Teams auch ein Signal an einer der größten der Vergangenheit.

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Kurz vor dem Turnierstart hatte sich die frühere Torhüterin Hope Solo über Trainerin Ellis ausgelassen, hatte ihr Führungsschwäche und taktische Fehler vorgeworfen. Die 37-Jährige ist einer der wenigen Weltstars im Frauenfußball. Nach den Olympischen Spielen 2016 in Brasilien wurde sie suspendiert und ihr Vertrag mit dem US-Verband aufgelöst, nachdem sie Viertelfinalgegner Schweden wegen dessen defensiven Spielweis als einen „Haufen Feiglinge“ bezeichnet hatte. Für Trainerin Ellis offenbar ein Skandal zuviel.

Alex Morgan trifft fünfmal

Wahre Stars des Frauenfußballs haben die Amerikanerinnen aber auch ohne Hope Solo noch genug in ihren Reihen. Allen voran Stürmerin Alex Morgan, die gleich fünf der 13 Treffer (12./53./74./81./87.) erzielte und damit eine Bestmarke einstellte - allerdings von einer US-Legende. Fünf Tore in einem WM-Spiel hatte bislang nur Michelle Akers geschafft, beim 7:0 gegen Taiwan 1991. „Das ist natürlich unglaublich“, sagte die 29-jährige Spielerin des Klubs Orlando Pride: „Aber es war einfach eine super Teamleistung. Wir haben gezeigt, wie vielseitig unsere Offensive ist.“ Mit Gruppenspielen gegen Chile (16. Juni) und Schweden (20. Juni) sowie gegen einen vermeintlich leichten Achtelfinalgegner könnte die Dominanz der US-Frauen noch weiter anhalten. Am Ende zeigten sich die Amerikanerinnen aber doch menschlich - und umarmten die Gegenspielerinnen.

Schweden und Niederlande mit späten Siegtreffern

Und andere vermeintliche Favoriten? Schweden konnte einen Fehlstart am Dienstag mit Mühe abwehren und kam nach einer längeren Regenpause noch zu einem 2:0-Sieg gegen Chile durch zwei Treffer in den Schlussminuten. Auch Europameister Niederlande sicherte sich den knappen 1:0-Erfolg gegen Neuseeland erst spät in der zweiten Minute der Nachspielzeit.