Die neue Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg gefällt bei ihrer Vorstellung in der DFB-Zentrale mit Kompetenz und Weitblick.
Martina Voss-Tecklenburg hatte lange auf diesen Moment gewartet. Lächelnd saß die neue Bundestrainerin der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei ihrer Vorstellung am Freitag zwischen den DFB-Bossen. Ihr Gesicht strahlte Stolz und Vorfreude aus: Die Mission beginnt. „Ich bin froh, dass es endlich losgeht“, sagte die 50-Jährige.
Obwohl ihre Verpflichtung bereits Ende April verkündet worden war, konnte ihr bis Sommer 2021 datierter Vertrag erst kürzlich am 15. November Gültigkeit erlangen. Einfacher Grund: Die gebürtige Duisburgerin wollte ihre Mission als Schweizer Nationaltrainerin nicht vorzeitig aufgeben, doch letztlich schaffte sie es über den ungewollten Umweg der Playoffs nicht, die Eidgenossen zur Frauen-WM 2019 in Frankreich zu führen. Das Doppelleben, sagte sie am Freitag, sei „nicht so einfach gewesen“, denn im Hintergrund wurde sie von ihrer Co-Trainerin Britta Carlson bereits über alle Entwicklungen bei den DFB-Frauen auf dem Laufenden gehalten.
Nach eigenem Bekunden sei die Berufung das „i-Tüpfelchen“ und auch gleichzeitig „der letzte Schritt meiner Trainerkarriere“. Kaum jemand aus dem Kreis verdienter deutscher Fußballerinnen hat sich so konsequent in diesem Metier weiterentwickelt wie die ebenso ehrgeizige wie temperamentvolle Powerfrau, die ihre im Februar 2012 begonnene Mission beim Schweizer Fußball-Verband mit großer Leidenschaft ausübte, um dort den Frauen- und Mädchenfußball aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Dort gab sie Trainerin, Talententwicklerin und eine Art Sportdirektorin in Personalunion. „Zeitweise stand ich fünf Tage die Woche auf dem Trainingsplatz“, erinnert sie sich.
Erfolgreich in Duisburg
Sie ist eine echte Leaderin, verbindet Witz mit Weitblick, gilt als ebenso kompetent wie selbstbewusst und kann hartnäckig, fast unnachgiebig sein, wenn es um ihre Überzeugungen geht. Voss-Tecklenburg gehen jegliche Berührungsängste mit Männerrunden ab. Ihre Ansagen sind klar, ihre Vita ist facettenreich. Dass sie erst als Verbandssportlehrerin, dann als Vereinstrainerin (FCR 2001 Duisburg, USV Jena) gearbeitet hat, vermittelt ihr einen breiten Trainer-Erfahrungshorizont, der der in dieser Funktion am Ende überforderten Steffi Jones vollkommen fehlte. Dass Interimscoach Horst Hrubesch ihr wieder ein funktionierendes Team übergibt, erleichtert die Aufgabe. „Horst hat mir eine Basis gelegt“, lobte Voss-Tecklenburg, die aber wohl mehr als die von ihr genannten „Nuancen“ sieht, um das junge Ensemble noch besser zu machen.
Allein die hochkarätige Besetzung bei ihrer Vorstellungsrunde in der DFB-Zentrale mit Präsident Reinhard Grindel untermauerte, welchen Stellenwert der neuen Führungskraft für den weiblichen Bereich zukommt, die sich bei einer zufälligen Begegnung auch mit Joachim Löw schon ausgetauscht hat. Der „Flankengott aus dem Kohlenpott“ (Grindel) stehe für attraktiven Fußball und soll „an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen“. Ihre Nebentätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beim Bundesligisten Fortuna Düsseldorf dürfe die nun wieder am Niederrhein in Straelen wohnende Voss-Tecklenburg übrigens fortführen, erläuterte der Verbandschef: Die hauseigene Ethikkommission konnte keine Interessenskonflikte erkennen.
Obwohl ihr abruptes Ende aus der Nationalmannschaft nach 125 Länderspielen – die damalige Bundestrainerin Tina Theune bootete sie nach einem Streit mit ihrer Mitspielerin Inka Grings vor den Olympischen Spielen 2000 in Sydney aus – eher unschön verlief, war Voss-Tecklenburg sofort Feuer und Flamme, als „das Heimatland rief“, wie sie es formulierte. „Ich bin ein Kind des DFB. Ich habe mit 16 Jahren mein erstes Länderspiel gemacht. Ich habe große Lust auf diese Aufgabe.“
Dass das Frauen-Nationalteam seit Jahresbeginn direkt in der Direktion von Oliver Bierhoff verortet wird, sollte dem Olympiasieger und Weltranglistenzweiten helfen, die Führungsrolle nicht zu verlieren. Interessant: Bierhoff als Direktor Nationalmannschaften benannte zwar die Zielsetzung „Frauen und Männer zurück an die Weltspitze“ zu führen, aber eine klare Vorgabe für die Frauen-WM 2019 in Frankreich (7. Juni bis 7. Juli) gab er nicht aus. Auch die neue Trainerin wollte sich diesbezüglich nicht festlegen lassen, sondern erst die Eindrücke eines Trainingslagers im Januar in Marbella und einer Frankreich-Reise im März einwirken lassen. Aber sie sagte dann auch: „Ich möchte Titel gewinnen. Ich war noch nie Weltmeisterin.“