Düsseldorf. . Am Dienstag war Dirk Kall genau 95 Tage im Amt bei Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf. Der Diplom-Kaufmann hat noch eine Menge vor. Unter anderem will er das Nachwuchsleistungszentrum ausbauen und an der Arena für einen Fanshop sorgen.
Eines hat Dirk Kall nach genau 95 Amtstagen als Fortuna Düsseldorfs Vorstandschef sicher erkannt: In verantwortlicher Position spürt man Freud und Leid eines Fußball-Zweitligisten nahezu täglich. Mit interner und öffentlicher Wucht. Für den 46-jährigen Diplom-Kaufmann war das 2:1 in Paderborn die Wende zum Guten innerhalb seiner Amtszeit, die am Dienstag die beiden markanten Fortuna-Jahresendziffern überschritt.
Herr Kall, der Sieg beim möglichen Bundesliga-Neuling vor gut sechs Wochen hat bei Ihnen ungeahnte Emotionen freigesetzt. Sie sind wie ein Jojo durch die Mixedzone gehüpft vor Freude.
Dirk Kall: Stimmt! Ich war ziemlich angespannt, weil wir zu diesem Zeitpunkt ja noch eng an der Abstiegszone hingen. Das 2:1 war eine positive Explosion. Dazu kein Einmal-Effekt, sondern unsere sportliche Wende. Da darf man schon mal die Freude richtig rauslassen.
Scheint so, als seien Sie nicht nur der ruhige, analytische Typ, den viele in Ihnen sehen.
Kall: Das würde auch zu kurz greifen. Ich stehe gern unter Strom. Und bei Fortuna bekomme ich stets neue Reizpunkte. Es wird nie langweilig.
Was dürfen die Fans erwarten, damit das auch in der neuen Saison so bleibt?
Kall: Unser Anspruch muss sein, eine bessere Saison zu spielen.
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Die den Aufstieg zum Ziel hat?
Kall: Da warte ich ab, wie der Kader aussieht. Und dann frage ich Helmut Schulte.
Ihr Sportvorstand ist bislang ja nicht für forsche Töne in der Öffentlichkeit bekannt.
Kall: Muss er auch nicht. Unser Ziel ist es, eine Mittelfristplanung über drei bis fünf Jahre aufzustellen. Wie in einem Unternehmen. Das ist im Fußball allein wegen der exorbitant unterschiedlichen Fernsehgelder in Liga eins und zwei natürlich schwer. Man muss immer zweigleisig planen.
Mittelfristplanung heißt . . .
Kall: . . . aufzusteigen. Und wie wir es dann schaffen, sportlich und wirtschaftlich etablierter Erstligist zu werden. Das beinhaltet vor allem auch, Mut zur Entscheidung und zur Veränderung zu zeigen.
In welchen Bereichen?
Kall: Bei der Kaderzusammenstellung legen wir mehr Wert auf deutsche oder deutschsprachige Spieler. Auch auf junge Leute. Der Kader soll verkleinert werden, aber an Qualität gewinnen.
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Apropos jung und talentiert: Wie wichtig ist das eigene Nachwuchsleistungszentrum in Flingern?
Kall: Sehr wichtig! Mit Tugrul Erat, Timm Golley oder Samuel Piette sind ja schon einige unserer Nachwuchskicker im Zweitliga-Einsatz. Diese Entwicklung müssen wir vorantreiben. Auch aus wirtschaftlichen Gründen. Unser Plan ist, das Leistungszentrum auszubauen. Mit der Stadt möchten wir über eine Pacht des alten Geländes vom DJK SC Flingern sprechen. Um Platz für neue Plätze und ein neues Funktionsgebäude zu haben.
Auch an der Arena tut sich was.
Kall: Unsere vier Trainingsplätze sind top. Drumherum könnte man noch mehr machen, aber da denken wir Schritt für Schritt.
An welche?
Kall: Zum Beispiel an einen Fan-Shop auf dem Arena-Gelände.
Kall: Arena soll auch optisch als Fortunas zu Hause erkennbar sein
Viele Vereine, gerade auch in England, verdienen vor und nach Heimspielen enorm an Fanartikeln, weil deren Shops direkt am Stadion liegen. Und da natürlich dann hunderte von Fans reinströmen.
Kall: Das wäre aus Fortuna-Sicht allein aus wirtschaftlichen Gründen wünschenswert.
Otelo hat mit der Vertragsverlängerung als Trikothauptsponsor schon vor der aktuellen sportlichen Erfolgsserie ein großes Zeichen gesetzt.
Kall: Das ist toll. Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Unter anderem versuchen wir derzeit, neben Hitachi weitere japanische Unternehmen für die Fortuna zu gewinnen. Die Japaner lieben Düsseldorf. Fortuna gehört dazu. Da gibt es für uns Potenzial. Und das ist ein Wettbewerbsvorteil für uns im Vergleich mit der Konkurrenz.
Auch einen japanischen Kicker im Team zu haben, ging zuletzt mit Genki Omae schief. Sucht Fortuna nach Alternativen?
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Kall: Genki ist an Shimizu S-Pulse ausgeliehen und spielt dort gut. Ob er zurückkommt, ist ungewiss. Einen japanischen Spieler nach Düsseldorf zur Fortuna zu locken, ist sicherlich wünschenswert, muss aber in erster Linie sportlich passen.
Machen Sie sich auch über das Innenleben der Arena Gedanken? Wirklich fortuna-like wirkt die Spielstätte ja nicht.
Kall: Das stimmt. Wir sind in Gesprächen mit dem Arena-Management darüber, wie wir unser Stadion mehr als Fortunas Zuhause wahrnehmbar machen können. Selbst die Umkleidekabine ist total neutral. Viel Rot-Weiß sehe ich da nicht. Mehr sollte es aber sein.
Ist die Trainerfrage bisher Ihre schwerste Baustelle? Durch Lorenz Köstners Erkrankung stellt sich die Frage ja immer dringlicher.
Kall: Ganz ehrlich: Für Lorenz tut es mir wahnsinnig leid. Die Sache hat vor allem eine menschliche Komponente. Aber auch eine professionelle. Mein Kopf sagt mir, dass wir bald eine Entscheidung brauchen.