Düsseldorf. Ähnlich wie Bayer Leverkusen überzeugt Fortuna Düsseldorf mit Comeback-Qualitäten und offensiver Power. Reicht das im Pokal-Halbfinale?

Es könnte so einfach sein. „Hinfahren, gewinnen, nach Hause fahren und am 24. Mai zwei Nächte in Berlin verbringen“, sagte Daniel Thioune kürzlich. Dass es für den Trainer von Fortuna Düsseldorf an diesem Mittwoch im Halbfinale des DFB-Pokals bei Bayer Leverkusen (20.45 Uhr/ZDF) tatsächlich so kommen könnte? Dafür ist wohl vor allem eines notwendig: Fantasie. Zwar spielt der Zweitligist derzeit stark auf, doch Leverkusen schickt sich an, in dieser Saison mindestens das Double zu gewinnen. Da ist es schwer vorstellbar, dass ausgerechnet der kleine Nachbar zum Stolperstein wird. Wenngleich beide Mannschaften in dieser Saison eine Menge verbindet.

Über Bayer Leverkusen ist zuletzt viel gesagt worden. Doch im Schatten des rheinischen Saison-Giganten reifte in Düsseldorf eine Westentaschen-Kopie in der 2. Liga. Rheinische Renaissance sozusagen. Kaum jemand hatte Fortuna Düsseldorf vor der Saison ernsthaft zum Kandidatenkreis für den Aufstieg in die Bundesliga gezählt. Nicht einmal die Vereinsverantwortlichen selbst. Schalke 04, Hertha BSC, der FC St. Pauli, der große HSV - da nahm man sich in der Stadt, in der man sich gern wichtig nimmt, dann doch nicht so heraus. 27 Spieltage später allerdings träumen sie etwas den Rhein hinab aber ebenso wie in Leverkusen vom großen Wurf. Aktuell Platz drei in der Liga - und ebenso im Halbfinale. Wäre also Aufstieg und Pokalsieg in einer Saison möglich?

Fortuna Düsseldorf hat die beste Offensive der 2. Liga

Träumen vielleicht, aber daran denken werden sie in Düsseldorf nicht. Trainer Thioune formulierte es folgendermaßen: „Wir haben unsere Wohnung noch mal picobello aufgeräumt. Es sieht alles super aus. Und egal was Mittwoch passieren wird: Es wird nichts mit uns machen im Hinblick auf die Partie gegen Braunschweig am kommenden Sonntag. Dann werden wir uns wieder ausschließlich auf die Liga konzentrieren.“ Will heißen: Die Saison ginge auch bei einer Niederlage weiter. Eine gewisse Demut schwingt in diesen Worten mit. Aber auch Selbstvertrauen in den Worten von Mittelfeldspieler Yannick Engelhardt: „Wir wollen den Tag genießen, unseren Fußball spielen und uns nicht vor Leverkusen verstecken.“

Jubeln sich von Sieg zu Sieg: die Spieler von Fortuna Düsseldorf.
Jubeln sich von Sieg zu Sieg: die Spieler von Fortuna Düsseldorf. © dpa | Uwe Anspach

Fortunas Fußball hat sich inzwischen geändert. Nach einem Durchhänger zu Jahresbeginn hat sich F95 zu einem echten Spitzenteam entwickelt, 59 Tore stellen den mit Abstand besten Offensivwert der 2. Bundesliga dar. Thioune hat seiner Mannschaft mehr Ernsthaftigkeit verliehen. Die wilden Auftritte aus dem Saisonverlauf, in denen man mal 4:3 oder 5:3 spielte, gehören der Vergangenheit an. Vier Siege aus den vergangenen fünf Spielen stehen zu Buche, darunter ein Erfolg gegen den Hamburger SV. Das am Mittwoch zu erwartende Spiel liegt den Düsseldorfern offensichtlich. Schon seit Wochen überlässt die Thioune-Mannschaft den Ballbesitz eher dem Gegner - um dann selbst blitzschnell umzuschalten und Nadelstiche zu setzen. Hinten ist man dadurch deutlich weniger anfällig, vorne trifft allen voran Christos Tzolis.

Den 22 Jahre alten Stürmer haben die Fortuna-Fans wegen seiner 19 Tore und acht Vorlagen so sehr ins Herz geschlossen, dass sie gar Geld sammeln, um Tzolis zu halten: Bis zum Sommer hat die Fortuna den griechischen Nationalspieler von Norwich City ausgeliehen. Im Aufstiegsfall beträgt die Kaufoption fünf Millionen Euro, bei einem Ligaverbleib 3,5. Beide Summen sind für die Fortuna kaum zu stemmen, auch wenn der Höhenflug im Pokal schon über 3,5 Millionen in die knappe Kasse gespült hat. Die Spendenaktion hat bisher gut 20.000 Euro zusammengebracht. Ein paar Tzolis-Tore mehr, und die Summe könnte noch anwachsen.

Fortuna will das Halbfinale genießen

Denn mittlerweile gewinnt Fortuna selbst die Spiele, in denen sie sich lange schwer tun. Wie am Karsamstag beim 3:1-Erfolg beim 1. FC Kaiserslautern. Auch so eine Qualität dieser Tage am Rhein: Spiele drehen. Ähnlich wie es Bayer Leverkusen immer wieder gelingt, kurz vor Schluss noch eine Partie zu drehen, beweisen die Düsseldorfer gehörige Comeback-Qualitäten. 14 Punkte holte F95 in dieser Saison schon nach Rückstanden in der 2. Liga. Im Pokal kam man trotz Rückständen gegen Unterhaching, den SC Magdeburg und den FC St. Pauli weiter. Weil man im richtigen Moment noch einmal einen Gang zulegen kann, weil man sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. „Dieses Selbstverständnis haben wir momentan einfach“, sagte Mittelfeldstratege Engelhardt nach dem Sieg in der Pfalz.

In Düsseldorf glauben sie an sich. Wegen Engelhardt und Leihspieler Tzolis, der trifft, wie er will. Zudem spielt endlich der Japanar Ao Tanaka die für ihn angedachte herausragende Rolle im Mittelfeld. „Tanaka und Engelhardt sind das beste Duo der 2. Liga“, sagte Kaiserslautern-Trainer Friedhelm Funkel zuletzt der Rheinischen Post. Jamal Siebert und Tim Oberdorf haben derweil ein Innenverteidiger-Bollwerk geschaffen, mit dem vielleicht auch Leverkusens Patrik Schick Probleme bekommen könnte. Und vielleicht geht dann auch Thiounes Traum von einem Final-Wochenende in Berlin in Erfüllung.