Düsseldorf. Fortuna Düsseldorf plant die Ticket-Revolution im Profifußball: Alle sollen freien Eintritt bekommen. Am Mittwoch erklärte der Klub seinen Plan.
Obwohl Eckpunkte des kühnen Plans bereits durchgesickert waren, hielt Fortuna Düsseldorf den Spannungsbogen weiter hoch. Unter fortunafueralle.de zählte am Mittwoch ein Countdown in großen Zahlen die Stunden, Minuten, Sekunden bis zur offiziellen Präsentation herunter. Um 14.30 Uhr war dann der Zeitpunkt gekommen, an dem das Vorstandsteam des Zweitligisten gemeinsam mit Stephan Keller (CDU), dem Oberbürgermeister der NRW-Landeshauptstadt, auf einer Pressekonferenz damit begann, ein Vorhaben zu erläutern, das seit Dienstagabend hohe Wellen schlägt: Der Klub will künftig allen Zuschauern freien Eintritt zu seinen Heimspielen gewähren. Ein bislang einzigartiges Modell im Profifußball.
Fortuna: Kartenverkauf soll durch andere Erlösquellen ersetzt werden
„Wir öffnen den Fußball für alle. Wir gehen einen komplett neuen Weg“, sagte Fortunas Vorstandschef Alexander Jobst. Der 49-Jährige, der von 2011 bis 2021 für Schalke 04 gearbeitet hatte, kündigte an, dass in der kommenden Saison mindestens drei Heimspiele kostenlos besucht werden können. Fortuna will mit Blick auf die Fans keine Ausnahme machen. Heißt: Auch Gäste-Anhänger sollen für den Stadionbesuch nichts mehr zahlen müssen, auch deshalb läuft das Vorhaben unter dem Motto: „Fortuna für alle“.
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Alle Heimspiele einer Saison, so die Vision, sollen gratis sein. Wann das möglich sein wird? Fortunas Finanzvorstand Arnd Hovemann blieb gestern vorsichtig: „Wann wir die 17 Spiele freien Eintritt gewähren können, hängt davon ab, wie sich die Dinge entwickeln.“ Der Klub will den Kartenverkauf als eine Erlösquelle sukzessive durch andere Einnahmen ersetzen.
45 Millionen Euro für fünf Jahre durch Sponsoren
Um das Projekt anzuschieben, sind Sponsoren nötig. Vier hat die Fortuna bereits gefunden. Die bisherigen Partner für das neue Modell sind die Provinzial-Versicherung, die Targobank, das amerikanische Informationstechnikunternehmen Hewlett Packard Enterprise sowie die Initiative Common Goal. Sie werden laut Jobst gemeinsam in den kommenden fünf Jahren insgesamt 45 Millionen Euro bereitstellen. Diese Kooperation sei für Fortuna „der Beginn einer neuen Reise. Wir sind dankbar, dass wir uns mit unseren Partnern eine wirtschaftliche Grundlage geschaffen haben.“
Oberbürgermeister Keller berichtete, ihm sei nichts weniger als eine „Fußball-Revolution“ versprochen worden, als ihm das erste Mal der Plan vorgestellt wurde . Dieser sieht vor, dass die künftigen Sponsoring-Einnahmen nicht nur fehlende Ticket-Einnahmen kompensieren, sondern auch nach einem Schlüssel verteilt werden. Neben Investitionen in den Profikader sollen 20 Prozent in den Nachwuchs und den Frauenfußball fließen. Weitere 20 Prozent sind für die digitale Infrastruktur und die Arena, in der 2024 auch EM-Spiele stattfinden, vorgesehen. Der Breitensport in der Stadt und Nachhaltigkeitsprojekte sollen mit zehn Prozent gefördert werden. Es handelt sich also um einen umfassenden Ansatz, der über die Ticket-Idee hinausgeht.
Das Interesse an kostenlosen Karten dürfte groß werden. Wer an Tickets kommen will, soll sich dafür in Zukunft online auf einer Plattform bewerben können. Wie Jobst erläuterte, sollen Vereinsmitglieder einen zeitlichen Vortritt bekommen, die Dauerkarten-Inhaber auch ein Anrecht auf ihren Platz haben. „Die Nachfrage wird das Angebot übersteigen“, sagte Jobst, der ein „Verlosungsprinzip“ ankündigte.
Bundesliga-Rückkehr ist das Ziel von Fortuna Düsseldorf
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In der laufenden Zweitliga-Saison liegt der Zuschauerschnitt in Düsseldorf bei rund 29.000. Ausverkauft mit 52.200 Zuschauerinnen und Zuschauern war die Arena zuletzt beim Heimspiel gegen den Hamburger SV am 31. März (2:2). Derzeit beträgt der Rückstand der Düsseldorfer auf den Relegationsrang neun Punkte, eine Bundesliga-Rückkehr ist für die Rheinländer in diesem Jahr kein Thema mehr. „Wir wollen den Fortuna-Fans wieder Erstliga-Fußball präsentieren. Es ist unser Antrieb, wieder bei den Großen mitspielen zu können“, bekräftigte Sportvorstand Klaus Allofs. Ein „Weiter so“ habe es nicht geben können. „Die Schere ging immer weiter auseinander.“
Jobst erklärte, dass er mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und Klubvertretern frühzeitig über das Vorhaben gesprochen habe. Falls Fortunas Plan Erfolg hat, könnten die anderen 35 Profi-Vereine unter Druck geraten. Der MSV Duisburg teilte auf Anfrage dieser Redaktion mit, es sei „ein interessanter Ansatz“, aber: „Ehrlicherweise sehen wir eine solche Möglichkeit für den MSV in unserer Situation in der 3. Liga aktuell allerdings nicht als realistisch an“. Ähnlich reagierte Marcus Uhlig, Vorstandschef des Drittligisten Rot-Weiss Essen. Er gab auch zu bedenken: „Kein Verein hat etwas zu verschenken – auch Düsseldorf nicht.“ Bundesligist 1. FC Köln schloss einen ähnlich radikalen Ansatz für sich aus: „Ohne die Ticketeinnahmen unserer großartigen Fans“ sei die Finanzierung des Profifußballs in Köln nicht möglich, erklärte Geschäftsführer Markus Rejek. In der kommenden Saison dürften sie alle nun sehr gespannt nach Düsseldorf blicken.