Düsseldorf. . Im Interview sprach Fortunas Interimstrainer Taskin Aksoy über Autoritätsprobleme, egoistische und lauffaule Spieler, sowie die Gründe für die schlechte Rückrunde.

Das Dutzend ist voll, die Saison und damit auch die Amtszeit von Taskin Aksoy als Interimstrainer der Düsseldorfer Fortuna beendet. Zwölf Spiele lang versuchte der 47-Jährige der kriselnden Mannschaft allen Widrigkeiten zum Trotz noch seinen Stempel aufzudrücken. Doch auch der Deutsch-Türke, der Ende Februar den beurlaubten Cheftrainer Oliver Reck beerbte, konnte das Ruder nicht mehr herumreißen. Als Tabellenzehnter und schlechteste Rückrunden-Mannschaft beendete die Fortuna eine Spielzeit, in der die eigene Zielsetzung deutlich verfehlt wurde. Im Gespräch mit dieser Redaktion fand Aksoy, der kommende Saison wieder die U23 der Flingerner übernimmt, deutliche Worte für die teils unterirdischen Auftritte in der Rückrunde und die Problemzonen innerhalb der Mannschaft.

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Ab wann haben Sie realisiert, dass die Mannschaft ihr Saisonziel verfehlen wird?

Taskin Aksoy: Nach der 1:3-Niederlage in Leipzig hat man gemerkt, dass wir nicht die Einheit dargestellt haben die es gebraucht hätte, um Erfolg zu haben. Darmstadt hat es uns vorgemacht. So eine verschworene Gemeinschaft war hier, warum auch immer, leider nicht vorhanden. Ab diesem Punkt war mir klar, dass es schwer werden würde. Mit der 0:4-Niederlage auf Pauli war das Ding dann endgültig gegessen.

Welche Gründe haben zu dieser Entwicklung geführt?

Aksoy: Es ist schwer, Gründe dafür zu finden. Hauptgrund war sicherlich, dass viele Spieler ihre persönlichen Interessen in den Vordergrund gestellt haben. Sie haben nicht das große Ganze gesehen. Ich hatte das Gefühl, dass nicht alle an unsere Ziele geglaubt haben. Ich habe der Mannschaft bei meinem Amtsantritt gesagt, dass noch alles drin ist. Ein Platz im oberen Drittel der Tabelle war als Ziel nicht unrealistisch. Der letzte Wille, der letzte Glaube haben aber gefehlt, um auch die letzten Prozentpunkte herauszuholen, die dafür nötig gewesen wären. Deshalb stehen wir nun da, wo wir stehen.

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Nach dem Saisonfinale gegen Frankfurt haben sie einige Spieler für ihre Einstellung kritisiert.

Aksoy: Die Selbstkritik und die Selbstreflexion ist bei einigen Spielern einfach nicht vorhanden. Einige Spieler waren persönlich beleidigt, wenn sie mal nicht in der Startelf oder im Kader standen. Sie haben nicht unser großes Ziel gesehen, das nächste Spiel, den Sieg, die drei Punkte. Sie haben sich runterziehen lassen und dabei auch ein, zwei Teamkollegen mitgenommen. Als Fußballer muss man egoistisch sein, aber man muss auch das große Ziel vor Augen haben. Bayern München macht es uns doch vor. Da sitzen ein Thomas Müller oder ein Bastian Schweinsteiger ohne Murren auch mal auf der Bank.

Für einige personelle Entscheidungen wurden sie kritisiert. Der Spielerberater von Andreas Lambertz hat Sie beispielsweise sogar öffentlich beschimpft. Welche Rolle hat „Lumpi“ in ihrer Kaderplanung gespielt?

Aksoy: Ich hatte das Gefühl, dass Andreas nicht der beste Fußballer ist. Er lebt von seiner Lauf- und Einsatzbereitschaft und hat sich in diesem Punkt überhaupt nichts vorzuwerfen. Spieler wie Christopher Avevor, Sergio Pinto, Oliver Fink oder Christian Gartner haben aber fußballerisch ein Stückchen mehr drauf als „Lumpi“. Gegen Aalen habe ich mich gegen Lambertz und für Kaan Akca entschieden. Er hat jetzt seinen ersten Profi-Vertrag bei der Fortuna bekommen, hatte gut trainiert, und wenn ich ihn nicht gegen Aalen bringen kann, wann soll er dann überhaupt mal eine Chance bekommen? Wir wollten ihn vor eigenem Publikum mal auf die große Bühne stellen und er hat das gut gemacht. In dieser Situation hat es nun einmal „Lumpi“ getroffen.

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Ein wesentlicher Grund für das schlechte Abschneiden ist die mangelhafte Abwehrarbeit. Die Defensive dürfte gerade Ihnen als ehemaligen Verteidiger ein Dorn im Auge gewesen sein, oder?

Aksoy: Wir haben es als Mannschaft einfach nicht hinbekommen, gut zu verteidigen. Wir haben Gegentore kassiert, die spotten jeglicher Beschreibung. Ich denke da nur an einen Gegentreffer auf St. Pauli, das war schon brutal. Wir waren auf Ballhöhe fast immer in Überzahl und trotzdem schafft es ein Gegenspieler, bis vor das Tor durchzulaufen. Da waren wir einfach nicht kompakt genug.

Das sah in der Hinrunde noch anders aus.

Aksoy: In der Rückrunde hatten wir mit vielen Verletzungen zu kämpfen. Wenn beispielsweise ein Christopher Avevor hätte spielen können oder Jungs wie Jonathan Tah und Bruno Soares, die in der Hinrunde noch starke Leistungen gezeigt haben, zu ihrer Normalform gefunden hätten, dann hätte das sicherlich ganz anders ausgesehen. In der Rückrunde hat kaum ein Spieler seine Normalform erreicht. Wir mussten zudem teils Spieler aus der U23 ins kalte Wasser werfen, weil uns die Verteidiger ausgingen.

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Welche Rolle hat dabei das Selbstvertrauen der Spieler gespielt?

Aksoy: Niederlagen stärken nicht gerade das Selbstvertrauen. Nach Gegentreffern sind wir in ein Loch gefallen, das haben wir nicht abstellen können. In solchen Situationen brauchen wir Spieler, die vorangehen können und den Karren wieder aus dem Dreck ziehen. Davon hatten wir zu wenige. Sergio Pinto hat es versucht, war aber wegen seiner Kieferverletzung nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Jeder wollte sein Bestes geben, aber eben nur persönlich sein Bestes, ohne dabei die anderen Spieler mitzuziehen.

Schon während der Hinrunde wurde immer wieder der Fitnesszustand der Spieler kritisiert. Wie ist es Ihrer Meinung nach um die Fitness der Spieler bestellt?

Aksoy: Unsere Mannschaft war nicht lauffreudig. Wenn die Einstellung und die Bereitschaft stimmen, kann man auch mal ein, zwei lauffaule Spieler durchziehen. Es wird nur problematisch, wenn es mehrere sind. Laufen ist natürlich nicht alles. Wir haben beispielsweise beim Spiel gegen Aalen 121 Kilometer abgespult und haben trotzdem mit 0:2 verloren. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass wir so eine Laufleistung öfters an den Tag legen. Wenn der Gegner 120 Kilometer läuft und wir nur 106, dann ist das so, als wenn man mit einem Mann weniger spielt.

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Bei ihrer Vorstellung als Nachfolger für den beurlaubten Oliver Reck wurden Sie offiziell nur als Übergangslösung angekündigt. Hat Sie diese Darstellung ein Stück weit Autorität innerhalb der Mannschaft gekostet?

Aksoy: Die Pressekonferenz war sicherlich nicht glücklich. Ich weiß nicht, was die Intention des Vereins war. Ich dachte mir zu dem Zeitpunkt, dass man sich mit einem neuen Cheftrainer bereits einig ist und lediglich jemanden sucht, der sich für zwei, drei Tage auf den Trainingsplatz stellt. Der Verein wird seine Gründe gehabt haben, warum das so kommuniziert wurde. Die Spieler sind natürlich ausgebuffte Profis und merken sowas sofort. Ich kann mich noch an eine Situation erinnern, als ich einem Spieler mitteilte, dass er nicht spielen wird. Daraufhin fragte er mich, ob das meine Entscheidung sei.

Hatten Sie im Stillen für sich gehofft, einen ähnlichen Weg wie Oliver Reck einschlagen zu können, der es bekanntlich von Interims- zum Cheftrainer brachte?

Aksoy: Intern war von Anfang an klar, dass ich die Mannschaft nur übergangsweise betreuen werden. Das hätten drei Tage oder auch zwei Monate sein können. Ich hatte gehofft, dass wir die zwölf Spiele unter meiner Leitung gewinnen. Dann wären wir Erster oder Zweiter geworden und dann hätte sich der Verein Gedanken machen müssen. Nein, ernsthaft, ich bin enttäuscht über den Verlauf dieser zwölf Spiele. Ich hätte die Mannschaft gerne auf einem besseren Tabellenplatz übergeben. Über meine Rolle habe ich mir dabei keinen Kopf gemacht.

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Haben Sie mit ihrer Arbeit dennoch Begehrlichkeiten bei anderen Klubs geweckt?

Aksoy: Es gab über Berater den ein oder anderen losen Kontakt. Es war aber nichts konkretes dabei. Noch habe ich einen Vertrag bei der Fortuna. Es wird sich zeigen, wenn dieser ausläuft und ich auf dem Markt bin. Ich fühle mich bei der Fortuna aber sehr wohl und könnte mir vorstellen den Vertrag zu verlängern, wenn der Verein das wünscht. Ich hoffe jedenfalls, dass ich hier noch länger arbeiten darf.

Was erhoffen Sie sich von der nächsten Saison?

Aksoy: Ich hoffe, dass wir auf jeden Fall eine bessere Saison erleben werden, als das zuletzt der Fall war. Den zehnten Tabellenplatz müssen wir sicherlich nicht verteidigen.