Essen. . Der Druck auf Uefa-Chef Michel Platini steigt: Erneut gab es eine Fehlentscheidung, weil der Torrichter ein Tor nicht als solches erkannte. Leid trug in diesem Fall die Ukraine, die prompt aus der EM ausschied. Solche Fehler dürfen nicht mehr passieren. Ein Kommentar von Bastian Angenendt.
Michel Platini ist einer der entschiedensten Gegner von technischen Hilfsmitteln im Fußball. Setze man Technologie wie Kameras oder Chips im Ball ein, ginge dem Spiel Dynamik verloren, meint der UEFA-Präsident. Es verkäme zum „Playstation-Fußball“, das den Schiedsrichter „überflüssig“ mache. István Vad wünscht sich wahrscheinlich, er wäre am Dienstagabend überflüssig gewesen.
Der Torrichter, der John Terrys Rettungsaktion nach dem Schuss von Marko Devic fälschlicherweise vor der Torlinie verortete, war der untröstlichste Mann in von Donezk. Millionen von Fernsehzuschauern bemerkten seine Fehlentscheidung dank einer Torlinienkamera nur wenige Sekunden später. Kurz darauf waren die Bilder im Stadion zu sehen. Das Schiedsrichter-Gespann stand öffentlich am Pranger.
Torrichter wird zur tragischen Figur
István Vad stand im fraglichen Augenblick nur gut drei Meter entfernt. Aber es war eben nur ein Augenblick, in dem der Ball tatsächlich hinter der Linie schwebte. Auch das zeigte die Torlinienkamera. Eine Kamera, die Michel Platini so ungern als offizielles Hilfsmittel zulassen möchte. Deswegen war er, neben dem EM-Gastgeber Ukraine, einer der größten Verlierer des Abends.
Selbst einige Engländer dürften ein ungutes Gefühl gehabt haben. Schließlich ist die Erinnerung an das nicht gegebene Tor gegen Deutschland bei der WM 2010 noch frisch. Diese Fehlentscheidung war es, die selbst die alten Herren der Fifa umstimmte: Es gilt als wahrscheinlich, dass der Fußball-Weltverband am 5. Juli den Weg für die Torkamera oder den Chip im Ball frei macht.
Platini muss umdenken
Platini ging nach der WM in Südafrika andere Wege. Er plädierte vehement für den Torrichter. Dieser wurde auf der großen Euro-Bühne nun schon zum zweiten Mal der Lächerlichkeit preisgegeben. István Vad gab das Tor nicht, tags zuvor hatte Florian Meyer als Assistent von Wolfgang Stark die überharte Attacke von Sergio Ramos an Mario Mandzukic falsch bewertet. Dank der Kameras waren alle anderen schlauer. Und die Torrichter die Deppen.
Platini muss umdenken. Es würde Siege wie die von England zu richtigen Siegen, Niederlagen wie die der Ukraine weniger bitter machen. Siege und Niederlagen, die im Spitzenfußball längst über viel, viel Geld entscheiden. Vor allem aber wären Leute wie István Vad dann nicht mehr so hilflos.