Danzig. . Marco Reus verkörpert in der Nationalmannschaft einen neuen Stürmertypen. Miroslav Klose attestiert ihm großes Potenzial, aber was sagt Marco Reus dazu? Im Interview spricht er über seine Rolle und die Stimmung im Team vor dem Start in die EM 2012.

Miroslav Klose behauptet: Marco Reus kann eine prägnante Rolle bei dieser EM spielen. Was sagt Marco Reus dazu?

Marco Reus: Er sagt, dass sich das zeigen wird. Wenn ich die Chance bekomme, egal, ob von Anfang an oder als Einwechselspieler, dann werde ich alles geben und versuchen, den Trainer von mir zu überzeugen. Das Turnier kann sehr lang werden, daher brauchen wir hier jeden Einzelnen. Das ist die Erfahrung der vergangenen Jahre.

Sie haben lange Zeit auf der Außenposition zugebracht, erst Ihr Gladbacher Trainer Lucien Favre hat Sie dann in die Mitte beordert. Betrachten Sie sich als Stürmer?

Reus: In der Nationalmannschaft spiele ich im Moment eher auf der Außenposition eine Rolle.

Der Bundestrainer hat in Ihnen aber doch eine Sturmspitzenalternative erkannt…

Reus: Wenn der Bundestrainer sich das mit mir in der Sturmspitze vorstellen kann, dann gerne. Ich habe das in Gladbach oft gespielt und mit meinem Sturmpartner Mike Hanke immer wieder die Position getauscht. Das ist kein Problem.

Was macht einen guten Stürmer aus?

Reus: Er muss Tore schießen und Vorlagen geben. Er muss gut antizipieren können, er muss die Stärke haben, den Ball im Eins-gegen-eins zu behaupten und sich durchzusetzen können. Er muss immer einen Schritt schneller sein als die Gegner und das Tor unbedingt machen wollen.

Schnell sein – das Erfolgsrezept des modernen Fußballs?

Reus: Ich versuche, mich in den Gegenspieler hineinzuversetzen: Was hat er für Möglichkeiten, wie kann er die Situation lösen? Das muss schnell passieren. Noch wichtiger ist Schnelligkeit aber, wenn ich selbst den Ball habe. Dann muss man schnell handeln, schnell denken können.

Kantige Typen, die Flanken ins Tor köpfen können, scheinen eher Auslaufmodelle zu sein. Gefragt sind aktuell spielstarke, wendige, schnelle Spieler. Ist der FC Barcelona das Vorbild?

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Reus: Am Barca-System sieht man es ganz gut. Die spielen gar nicht mit einem echten Stürmer, sondern mit einem Lionel Messi, der sich ins Mittelfeld zurück fallen lässt und immer wieder Überzahl schafft. Xavi, Busquets, Iniesta, Messi, die beiden Außenspieler noch dazu: So bleiben sie lange in Ballbesitz und verlagern das Spiel weit nach vorne

Lucien Favre sagt, wichtig sei, dass man Marco Reus auf dem Platz Freiheit gewährt.

Reus: Ich brauche diese Freiheit. Ich muss mich in jeder Situation bewegen können, wie ich das für richtig halte, und es meinen Mitspielern damit so einfach wie möglich machen.

Könnten Sie auch hier Ihre Freiheit ausleben oder handelt es sich bei der Nationalmannschaft um ein geschlossenes System?

Reus: Natürlich ist sie ein geschlossenes System. In dem hat aber jeder auch seine Freiheiten. Das betont der Bundestrainer immer wieder. Nur sollen wir eben nicht irgendwo herumlaufen, sondern die Laufwege einhalten.

Das spielerische Niveau war in den beiden Testspielen vor dem EM-Ernstfall gegen die Portugiesen überschaubar. Bereitet Ihnen das Sorge?

Reus: Natürlich haben wir keinen überragenden Fußball gespielt. Aber diese Freundschaftsspiele darf man nicht überbewerten. Wir hatten eine lange Vorbereitung, wir hatten intensiv und hart gearbeitet. Es war klar, dass die Spritzigkeit und die hundertprozentige Frische im Kopf nicht da sein würden. Wenn es jetzt am Samstag los geht, dann wird man wieder das Deutschland sehen, das die Fans kennen.

Spiegelt das die Stimmungslage in der Mannschaft, vor dem ersten großen Auftritt?

Reus: Ja. Wir sind entspannt und sehr fokussiert. Die Stimmung ist gut.

Tragen Sie Ihren Teil dazu bei?

Reus: Mittlerweile kenne ich die Jungs ganz gut und kann auch mal den Spaßvogel raushängen lassen. Aber immer der Situation angepasst. Ich mache hier nicht den Lauten.