Essen. Er ist der Topstar bei Real Madrid, jener Mannschaft, die wahren Weltruhm besitzt und mit Özil endlich wieder einmal den spanischen Meistertitel gewinnen konnte. Am Samstag im ersten EM-Gruppenspiel gegen Portugal soll er in der DFB-Elf seine Zeichen hinterlassen − wie bei der WM 2010.
Bei öffentlichen Auftritten abseits einer Wiese kann Mesut Özil seinen Zauber einfach nicht entfalten. Er benötigt mindestens einen Ball, um sich als Mann mit artistischen Fähigkeiten zu präsentieren. Bei den Pressekonferenzen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), für deren Teilnahme ihn die DFB-Mitarbeiter regelrecht breitschlagen müssen, sieht der 23-Jährige manchmal so aus, als wolle er am liebsten unter dem Tisch verschwinden. Es ist schon besser geworden, viel besser sogar, aber große Reden zu halten, verbale Steilpässe zu schlagen, die in den Medien ein großes Echo hervorrufen, das mag der im Ruhrpott geborene Deutsch-Türke nicht. Er ist stets freundlich, aber viel lieber ist er mit Freunden und seiner Familie zusammen, er spielt lieber an der Playstation, als Fragen zu beantworten. Aber am allerliebsten spielt Mesut Özil natürlich Fußball.
Dieser Özil ist Deutschlands großartiger Fußball-Export. Er ist der Topstar bei Real Madrid, jener Mannschaft, die wahren Weltruhm besitzt und mit Özil endlich wieder einmal den spanischen Meistertitel gewinnen konnte. Özil verdrängte den Brasilianer Kaka, der 2007 zum besten Fußballer Europas und der Welt gekürt wurde, aus der Real-Stammelf. Özil wird überschüttet mit Lob. „Mesut ist mit seiner Entwicklung bei Real natürlich Weltklasse“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. „Er verzaubert das königliche Publikum in Madrid. Er ist wunderbar“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff.
Özil gilt unter Experten als der Beste im DFB-Team
Am Samstag, 20.45 Uhr, im ersten EM-Gruppenspiel gegen Portugal, soll er seine Zeichen hinterlassen in der deutschen Nationalmannschaft wie bei der WM 2010, wo er erstmals auf großer internationaler Bühne das Publikum begeisterte. Erst ein Jahr zuvor hatte er die deutsche U21-Nationalmannschaft in Schweden zum ersten EM-Titel geführt, nicht im Mittelfeld, sondern als Sturmspitze. Seit der WM 2010 gilt er vielen internationalen Experten als der beste unter mehreren sehr guten deutschen Spielern. Özil steht für das neue Fußball-Deutschland, locker leicht offensiv ist der neue Stil, stark geprägt vom Spielmacher Özil, hart radikal defensiv war das Spiel der deutschen Mannschaft früher nicht selten. Sie wurde dafür respektiert und war damit auch erfolgreich, aber sie wurde nicht bewundert wie Özil und seine Mitspieler.
Özil trifft in Lwiw auf einen anderen Superstar, auf den Portugiesen Cristiano Ronaldo, seinen Kollegen von Real Madrid. Nun muss er gegen ihn spielen, zusammen mit fünf oder sechs Spielern vom FC Bayern, gegen die er mit Real Madrid im Halbfinale der Champions League verlor. So schüchtern wie früher ist Özil nicht mehr. Deswegen erzählt er über das Geschehen in der Madrider Kabine. „Wir haben geflachst mit Ronaldo und Späße gemacht. Natürlich auch mit den Spaniern, die bei der WM spielen.“ Wenn er Ronaldo vor dem Spiel trifft, wird es herzlich zugehen. Der stolze Portugiese hat viele seiner Tore nur dank Özils Vorarbeit erzielt. „Er ist ein richtig guter Typ, sehr hilfsbereit", sagt Özil über Ronaldo.
Hunger nach Erfolg bei EM
Gelernt hat er Fußball in einem Käfig in Gelsenkirchen, in der Freizeit jongliert er mit einem oder mehreren kleinen Bällen, natürlich ohne die Hand zu benutzen, weil es nichts Besseres gibt, um das Ballgefühl zu schulen. Taktisches Verständnis besitzt er intuitiv. Özil muss sich zudem nicht groß umstellen, wenn er in den verschiedenen Teams spielt. „Das Positive für mich ist, dass Real und die Nationalmannschaft das gleiche System spielen", sagt er. Nach Portugal folgen die Gegner Niederlande und Dänemark – Özil geht davon aus, dass die Gruppe B souverän überstanden wird. „Wir haben das Potenzial und sind eine junge Mannschaft, die erfolgshungrig ist. Ich glaube daran, dass wir den Titel holen können. Das wird auch endlich mal Zeit.“
Zinedine Zidane, der französische Welt- und Europameister, ist eines der Vorbilder von Özil, der auch für Real spielte. Özil, der frühere Schalker, der 2010 von Bremen nach Madrid wechselte, sagt, er habe die beste Saison seiner Karriere bestritten. Dafür wird er von anderen Nationalspielern bewundert. Bei Real Madrid erfolgreich zu spielen, ist sozusagen die Krönung einer Laufbahn. "Ich habe weniger Höhen und Tiefen in meinem Spiel als früher", sagt Özil. Bei der EM will er sich auf alleroberstem Niveau bewegen, noch besser als bei Real spielen, denn die Nationalmannschaft bedeutet Mesut Özil viel, sogar noch mehr als sein großartiger Verein. Doch das würde er niemals sagen. (dapd)