Leipzig. . Beim 2:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Israel in Leipzig passierte nichts Aufschlussreiches im Hinblick auf die EM. Einige Fragen bleiben offen. Vor allem diese: Wie sicher ist die Abwehr? Auffällig dynamisch war wieder Leverkusens Andre Schürrle.
Aus Leipzig hat die Nationalmannschaft allerlei Gutes mit in den Kurzurlaub nehmen können. Das Stadionvolk huldigte ihr in hellwachen wie in verschnarchten Momenten mit vorfreudigem Enthusiasmus. Die engen Bande zu Israel verhinderten eine Auseinandersetzung, die irgendjemandem hätte weh tun können. Und erfreulicherweise war nicht einmal Eren Derdiyok spielberechtigt, der Schweizer Stürmer, der dem deutschen Ensemble bei der 3:5-Niederlage in der vorletzten Testpartie in Basel drei Treffer zugefügt hatte, die ohnehin grassierende Zweifel an der Funktionstüchtigkeit der Defensive noch verstärkten.
Mit einem Gefühl des Wohlseins, mit einem Gefühl der Wärme in den Bäuchen, Herzen und Köpfen wären die Nationalspieler aber auch nach einer milden Zecherei aus Auerbachs Keller gewankt, Leipzigs berühmtester Gaststätte. Beim letzten Hurra vor der Reise ins Teamquartier im polnischen Danzig am Montag sollten jedoch auch Erkenntnisse gewonnen werden. Erkenntnisse! Mit Blick auf die EM! Das allerdings war kaum möglich, weil Israel ein gefährlicher Bursche wie Derdiyok einfach fehlte und Trainer Eli Gutmann seine Mannschaft sogar ausdrücklich „dazu aufgefordert hatte, ein faires Spiel zu spielen“. Was einerseits dafür sorgte, dass tatsächlich niemand verletzt wurde, und andererseits dafür, dass der Ball den Deutschen ungefähr nie abhanden kam.
Für Dortmunds Hummels wird wohl keine Hauptrolle abfallen
Ob mehr Harmonie, mehr Sicherheit und mehr vom Gedanken des Dienens in der Beziehungskiste von Per Mertesacker und Holger Badstuber steckt als in der von Mertesacker und Mats Hummels, lässt sich also immer noch nicht beantworten. Beim Innenverteidigerpaar Merte und Mats krachte es in Basel. Bei Merte und Holger passierte nicht viel mehr als bei einem TV-Abend auf der Couch. Der Bundestrainer erklärte deshalb: „Man muss das auch richtig einordnen“, das ebenso traute wie spannungslose Beisammensein. Dass Joachim Löw aber nicht Hummels noch einmal auf den Rasen gebracht hat, sondern den Altvorderen, lässt schon Rückschlüsse zu.
Der Herr über den Aufstellungsbogen behauptet zwar vor dem einzig wirklich wichtigen Auftritt, vor der ersten EM-Vorrundenpartie am 9. Juni gegen Portugal: „Wie die genaue Elf aussieht, darüber werden wir nächste Woche entscheiden.“ Doch für den selbstbewussten Dortmunder Hummels wird – sollte Mertesacker nicht hüsteln – wohl eine eher miniaturartige Bühnenrolle abfallen: die des Notstopfens, die der des dritten Ochsen im weihnachtlichen Krippenspiel ziemlich ähnelt. Und weil auch ansonsten kein Akteur des Meisters und Pokalsiegers von Anfang an dem harmlosen Geplänkel beiwohnen durfte, ist die Kontur der Garde des Löw-Vertrauens bereits erkennbar. Sieben Bayern („Die Bayern sind wieder in der Spur“), zwei Königliche aus Madrid (Mesut Özil und Sami Khedira), zwei Arsenal-Kanoniere (Lukas Podolski und Mertesacker) tummelten sich auf dem Platz in der Leipziger Arena. Und der Bundestrainer wähnte sich anschließend „im Gleichgewicht“: „Ich bin nicht völlig zufrieden, aber auch nicht in Sorge.“
Ungewissheit bei Mertesacker, Klose und Schweinsteiger
Nicht in großer Sorge. Es gibt lediglich diese kleinen, misslichen Alltäglichkeiten, die die Gehirnzellen auf Trab halten. Von Mertesacker weiß Löw noch nicht genau: Wird er auch funktionieren, wenn der Gegner etwas näher an ihn heranrückt als der höfliche Israeli? Von Angreifer Gomez weiß er weiterhin genau: Der Mario lässt sich nicht so ins erwünschte Tick-tick-tick-Spiel einbinden. Bei ihm macht es öfter Klonk als bei Miroslav Klose. Doch der Wahl-Römer benötigt eben noch Zeit, um sich nach langer Verletzungspause heranzutasten. Über Außenverteidiger Jerome Boateng kann der Bundestrainer lediglich sagen: Ich muss doch jemanden auf der Verteidigerflanke postieren, die Philipp Lahm nicht auch noch übernehmen kann. Warum also nicht den Jerome? Der hat doch im Sächsischen anders als Benedikt Höwedes und Marcel Schmelzer in der Schweiz…
Richtig. Er hat nichts kaputt gemacht bei diesem 2:0-Sieg durch ein Tor von Gomez und eines des eingewechselten und wieder einmal auffällig dynamischen Andre Schürrle. Und die anderen haben auch nichts kaputt gemacht. Viel eindrucksvoller als Bastian Schweinsteiger, der nach Wadenproblemen „schmerzfrei“ (Löw) auf der Bank hockte, konnten sie sich aber auch nicht für höhere Aufgaben qualifizieren.