Leipzig. Es war ein zu keiner Zeit gefährdeter 2:0-Sieg gegen Israel. Dennoch hat das Testspiel noch einige Schwächen bei der deutschen Mannschaft offengelegt.

Das Publikum in der Diaspora des großen Fußballs wirkte ausgehungert und war bereit dazu, von Anfang an aus der letzten Testpartie der Nationalmannschaft vor der Reise zur Europameisterschaft in Polen und der Ukraine ein Fest zu machen. Richtig satt und zufrieden verließ aber niemand die Leipziger Arena. Mit 2:0 (1:0) wurde gegen das kleine Israel gewonnen, und dieses Ergebnis spiegelte zwar nicht die turmhohe Überlegenheit des deutschen Ensembles wieder, wohl aber dessen Mangel an Einfällen. Erst in der Schlussphase lief es einigermaßen wunschgemäß.

Der Bundestrainer hatte sieben Bayern auf einen Streich für den Auftritt im Sächsischen auf dem Besetzungsbogen notiert. Also alle Spieler des Branchenführers, die erst am Samstagabend mit ihrer Zweite-Plätze-Last im Gepäck im südfranzösischen Trainingslager eingetroffen waren, bis auf den an Wadenproblemen leidenden Bastian Schweinsteiger. Für Überraschung sorgte das nur in einem Fall: Mario Gomez betrat den Rasen, nicht Miroslav Klose, der Mann von Lazio Rom, dem nach langer Verletzungspause Praxis fehlt. Von der ersten Elf, die mit ihrer 3:5-Niederlage in der vorletzten Testpartie gegen die Schweiz in Basel einen Hauch von Besorgnis ausgelöst hatte, blieben lediglich Sami Khedira, Mesut Özil, Thomas Müller und Lukas Podolski übrig.

Erst nach 15 Minuten der erste Torschuss

In Leipzig präsentierte sich damit das Establishment des nationalen Zirkels, ein Establishment allerdings, dass sich die erste Viertelstunde lang trotz massiver Anfeuerung von den Rängen allein an der puren Menge von Ballbesitz zu erfreuen schien. Erst in Minute 15 wagte Toni Kroos, der Schweinsteiger-Ersatz, einen Schuss auf das Tor der tief stehenden Auswahl Israels. Der Ball flog weit drüber. In Minute 18 versuchte sich dann Gomez an der Verarbeitung einer vom Zufall eingeleiteten Chance. Wieder nichts.

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Aber immerhin: Alle Möglichkeiten, zum Tor zu gelangen, gehörten in Runde eins ebenfalls den Deutschen. Und eine Minute nach dem Gomez-Versuch wurde es sogar gefährlich. Jerome Boateng, für den Philipp Lahm seinen Vereinsposten geräumt hatte und auf die linke Seite der Verteidigungskette gewechselt war, katapultierte den Ball nach Strafraumdribbling gegen den linken Pfosten. Lahm selbst bemühte sich noch in der 31. Minute aus der Distanz. Khedira wollte aus nächster Nähe in Minute 39 den Treffer mit dem Kopf erzwingen. Doch es wollte nicht gelingen. Noch nicht.

Mario Gomez glückt der Durchbruch

Gomez war es, dem bei diesem bis dahin sachlichen, dominanten, aber nur von wenigen Ideen, von wenig Esprit geprägten Spiel der Nationalelf der Durchbruch glückte. 40. Minute. Über Khedira und Thomas Müller gerät der Ball zum Bayern-Stürmer. Der setzt sich im Strafraum durch. 1:0. Ein wichtiger Einschlag. Ein Einschlag, der dem Bundestrainer möglicherweise beim Puzzeln seiner ersten Formation für den ersten EM-Vorrunden-Einsatz gegen Portugal am 9. Juni ein Muster vorgibt, obwohl die Auseinandersetzung mit dem 58. der Weltrangliste kaum das Zeug zur soliden Entscheidungsgrundlage hatte. Erst in Minute 51 drosch Bibras Natkho erstmals den Ball für Israel Richtung gegnerisches Tor. Und erst in Minute 55 sorgte der eingewechselte Gil Vermouth dafür, dass sich Manuel Neuer strecken musste.

Löw schickte in der 67. Minute Andre Schürrle für Podolski und Klose für Gomez auf den vom Dauerregen getränkten Rasen. Die nächste Chance fiel jedoch Müller acht Minuten später auf den Fuß. Geschickt spielte er sich frei. Fahrig bugsierte er den Ball rechts neben das leere. Besser machte es Schürrle. Mit Wucht. In Minute 82 krachte er den Ball in das israelische Rechteck. 2:0. Wie schon gegen die Schweiz: Der Leverkusener demonstrierte, dass er zumindest über einen Optionsschein auf den Aufstieg ins Establishment verfügt.