Tourrettes. Nach der Ausmusterung von vier Spielern beginnt für Fußball-Bundestrainer Joachim Löw die entscheidende Phase der EM-Vorbereitung. Bei der Generalprobe gegen Israel am Donnerstag in Leipzig will der Coach noch einmal testen.

Wenn er aus dem Fenster des noblen Quartiers "Terre Blanche" auf die Berge schaut und an den Zustand seiner Mannschaft denkt, kommen Joachim Löw die Vergleiche mit der Tour de France in den Kopf. "Als wir hier ankamen, habe ich vom Prolog gesprochen, vor dem wir stehen. Nun sind wir in den Bergen, in Alpe d’Huez. Da müssen wir jetzt hoch", sagte Löw am Dienstag. Die Vorbereitung der deutschen Nationalmannschaft auf die Europameisterschaft tritt definitiv in die entscheidende Phase ein, nach der Benennung seines endgültigen 23 Spieler umfassenden EM-Aufgebots folgen am Mittwoch nach 20 Trainingstagen der Rückflug nach Deutschland und am Donnerstag das zweite und schon letzte EM-Testspiel in Leipzig gegen Israel (20.45 Uhr, live in der ARD und im Liveticker).

Löw befindet sich im Zwiespalt: Einerseits geht es wieder darum, erneut zu experimentierten, einige personelle Varianten auszuprobieren und mit dem Training in Hinblick auf das erste EM-Gruppenspiel gegen Portugal am 9. Juni nicht nachzulassen, andererseits wäre ein weiteres Debakel wie das 3:5 gegen die Schweiz absolut kontraproduktiv. Deswegen wird beim Anstieg auf Alpe d’Huez ein wenig gebremst. "Wir nehmen das Tempo am Tag vor dem Spiel ein bisschen raus. Wir nehmen, anders als vor dem Spiel in Basel, im Training ein wenig Rücksicht", sagte Löw, der am Montag eine besonders schwere Aufgaben zu lösen hatte.

Die Streichung des Quartetts Julian Draxler, Marc-Andre ter Stegen, Sven Bender und Cacau, um sein vorläufiges Aufgebot auf die von der UEFA geforderte Stärke von 23 Spieler zu bringen, bereitete Löw einige Schmerzen. "Für die Spieler war der Moment unglaublich enttäuschend", berichtete Löw. Aber er wollte endlich Klarheit und volle Konzentration auf das Wesentliche. Deswegen wurde das Quartett sogar einen Tag eher als erforderlich weggeschickt.

Eine Pleite bei der Generalprobe wäre ein schlechtes Omen

Nun plagen den Bundestrainer andere Sorgen. Wie geht er mit dem Spiel gegen Israel um? Eigentlich ist die Partie die Generalprobe und wenn die schief geht, wäre es doch ein schlechtes Zeichen. "Ich sehe es weiterhin als Test an, weil ich einiges probiere und wissen will, wie ist das Verhalten und die Leistung einzelner Spieler", sagte Löw. Aber zu viel zu testen, kann auch nur weitere Verunsicherung hervorrufen. "Natürlich kann uns ein gutes Ergebnis noch einen Schub geben", erklärte der Bundestrainer. Aber die Euphorie bei den deutschen Fans werde erst in der letzten Woche vor der EM entstehen, wenn er sein Team ab Montag in Danzig vorbereite.

Entschieden hat Löw, dass Kapitän Philipp Lahm gegen Israel auf der linken Seite verteidigen wird. "Das hat aber nichts damit zu tun, wie wir gegen Portugal spielen", sagte Löw, der an seiner Abwehr noch herumbastelt. "Die Abstimmung in der Abwehr muss noch herbei geführt werden", gab er zu. Aber wie, wenn er in Lahm nur einen Außenverteidiger der Weltklasse besitzt? Muss der ständig während des Turniers verschoben werden, um den besten Außenstürmer des Gegners auszuschalten? Es wird vermutet, dass Lahm wie bei seinem Verein Bayern München gegen die Portugiesen auf rechts gegen Real Madrids Star Cristiano Ronaldo gestellt wird.

Neues Personal für die Außenverteidigung

Gegen Israel wird Löw auf der rechten Seite Lahms Klubkollege Jerome Boateng aufstellen. Auf den Außenbahnen hatten Benedikt Höwedes (Schalke/rechts) und Marcel Schmelzer (Dortmund/links) beim 3:5 im Test in Basel gegen die Schweiz erhebliche Probleme. Aber es gibt noch viel mehr Sorgen. Bastian Schweinsteiger hat im Finale der Champions League mit dem FC Bayern gegen den FC Chelsea vor zehn Tagen eine Wadenverletzung erlitten, die seinen Einsatz gegen Israel in Frage stellt. "Bastian ist nach wie vor angeschlagen. Er hat einen Bluterguss in der Wade, den er sich im Endspiel ganz früh gezogen hat. Das Problem ist, dass er damit 115 Minuten spielen musste", sagte Löw.

Der Mittelfeldspieler ist wegen des hartnäckigen Problems bisher noch nicht in das Mannschaftstraining integriert worden. "Die Frage ist, wie kann er den Schmerz, der noch vorhanden ist, ertragen", sagte Löw. In Leipzig schaut Schweinsteiger vielleicht nur zu. "Wenn ärztliche Einwände da sind, werde ich den Teufel tun und den Spieler aufstellen", sagte Löw. Der Weg nach Alpe d’Huez birgt viele Widrigkeiten. (dapd)