Rom. . Wie schon vor der WM 2006 versinkt die italienische Nationalmannschaft vor einem großen Turnier in einem Wettskandal. Während die Fans unter Schock stehen, sucht die Squadra Azzurra nach Normalität.
Es ist wie 2006 - nur noch viel schlimmer. Nach der Welle von von Festnahmen im Zuge des Wettskandals steht der italienische Fußball wieder mal vor einem großen Turnier unter Schock. Nicht nur Nationaltrainer Cesare Prandelli befürchtet nach der Razzia im Trainingslager negative Auswirkungen auf die EM. „Ich hoffe, dass die Fans begreifen werden, dass die Squadra Azzurra mit diesen Vorwürfen nichts zu tun hat. Trotzdem ist der Schaden groß, vor allem für Jugendliche, die den Werten des Sports vertrauen“, sagte Prandelli.
„Festnahmen und Durchsuchungen in Coverciano, ein Schock für Prandellis Truppe“, titelte die Gazzetta dello Sport am Dienstag und erinnerte an die WM vor sechs Jahren - die bekanntlich mit dem Titel endete. Damals waren mehrere Spitzenklubs in den Sumpf der Ermittlungen geraten. „Diesmal ist es noch schlimmer als 2006, die Ermittlungen sind noch weitreichender. Wer Fehler begangen hat, muss dafür zahlen, aber ich kann nicht glauben, dass Kollegen wie Criscito in die Affäre verwickelt sind“, sagte Nationalstürmer Daniele De Rossi fassungslos.
Durchsuchung im EM-Trainingslager
Für Domenico Criscito, dessen Computer, Handy und Videokamera am Montag im EM-Trainingslager von der Polizei beschlagnahmt worden waren, ist der EM-Traum EM-Traum jedenfalls vorbei, der Abwehrspieler von Zenit St. Petersburg wurde bereits aus dem Kader gestrichen. Besser erging es Leonardo Bonucci, der ebenfalls in den Sog der Ermittlungen geraten ist. „Bonucci geht es gut. Er steht in der Liste der 23, die an der EM teilnehmen“, betonte Prandelli. „Ich habe mit Bonucci gesprochen. Er ist von den Staatsanwälten befragt worden, die gegen ihn ermitteln. Er ist ruhig und wir sind es auch“, sagte der Trainer über den Defensivspieler von Rekordmeister Juventus Turin.
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Tief enttäuscht zeigte sich Ex-Nationaltrainer Giovanni Trapattoni. „Trotz der Lehren aus der Vergangenheit passiert diese Dummheit. Darunter leidet der Fußball hier und in der ganzen Welt“, sagte der Ex-Coach des deutschen Rekordmeisters Bayern München. Verbandspräsident Giancarlo Abete rief die Ermittler auf, die Vorwürfe so rasch wie möglich zu klären. „Wir erleben bittere und traurige Tage. Die Plage der illegalen Wetten belastet Italien und leider auch andere Länder“, sagte Abete. Sportminister Pietro Gnudi rief die Ermittler zur raschen Aufklärung der Vorwürfe gegen die italienischen Profis auf: „Kriminelle Aktivitäten müssen mit Strenge bekämpft werden.“
Auch Lazio Rom, Team des deutschen Nationalspielers Miroslav Klose, zittert nach der Verhaftung von von Kapitän Stefano Mauri. Lazio sei nicht in die Affäre verwickelt, versicherte der Klub in einer Pressemitteilung.
"Ehrlichkeit, Integrität und Loyalität"
Der italienische Rekordmeister Juventus Turin verteidigt derweil seinen Coach Antonio Conte vom Vorwurf der Verstrickungen in den Manipulationsskandal. „Ich kenne den Coach seit 20 Jahren, seine Ehrlichkeit, Integrität und Loyalität“, sagte Juve-Präsident Andrea Agnelli. Die Rolle Contes in der Affäre sei „unbedeutend“. Gegen den 42-Jährigen, der in der Saison 2010/2011 den AC Siena betreut hatte, wird ebenfalls wegen Sportbetrugs ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft in Cremona wurden 2011 bis zu acht Siena-Matchs manipuliert.
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Die Wohnung Contes, der seit einem Jahr den italienischen Rekordmeister trainiert, wurde von der Polizei durchsucht. „Ich und meine Spieler haben absolut nichts mit Manipulation zu tun. Im vergangenen Jahr hat Siena den Aufstieg in die Serie A drei Tage vor Ende der Meisterschaft mit großer Anstrengung geschafft. Dieser Erfolg ist einem phantastischem Team zu verdanken“, sagte Conte. Er protestierte gegen die Durchsuchung seiner Wohnung, von den ermittelnden Staatsanwälten sei er jedoch nicht vernommen worden. Sein Rechtsanwalt Antonio De Rencis beteuerte die Unschuld seines Mandanten: „Conte ist fest entschlossen, seine Unschuld zu beweisen.“ (sid)