Essen. . Thomas Müller wird im deutschen Team gegen Ungarn schmerzlich vermisst werden. Er ist ein Fußballer mit besonderem Wert. Ein Kommentar.

Es laufen die letzten Minuten im Spiel gegen Portugal. Es steht 4:2 für Deutschland. Abwehrspieler Pepe will einen Angriff einleiten. Von rechts flankt er in Richtung des deutschen Strafraums. Doch sein Schuss kommt nicht weit. Thomas Müller wirft sein Bein dazwischen, sein Knie fängt den Ball ab. Irgendwie. In einer Körperverdrehung, wie sie nur er hinbekommt. Der Angriff ist verhindert. Die Zuschauer feiern Müller mit tosendem Sonderapplaus. Diese Szene genügt, um zu verstehen, welchen Wert Thomas Müller für diese deutsche Mannschaft bei der Fußball-EM 2021 hat.

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Von Kai Schiller und Sebastian Weßling

Der bayrische Schlaks, der sich gerne als Mann ohne Muskeln bezeichnet, gehörte im Spiel gegen Portugal nicht zu den Torschützen, nicht einmal zu den Vorbereitern. Doch er fuchtelte, er wedelte. Er dirigierte, gab Kommandos, organisierte die Offensive. Er war überall, er gab alles. „Er hat die Mannschaft mit nach vorne gezogen“, lobte Bundestrainer Joachim Löw.

Rückholaktion des Bundestrainers hat sich gelohnt

Müller bezahlte seinen Ganzkörpereinsatz teuer: Bei seinem spektakulären Stopper zog er sich eine Kapselverletzung im rechten Knie zu, er dürfte heute gegen Ungarn fehlen. Und der Bundestrainer dann ein Problem haben, einen wie ihn – einen wie keinen – zu ersetzen.

Denn, gewiss, Leon Goretzka oder Ilkay Gündogan sind in der Lage, die rein fußballerische Rolle Müllers auszufüllen. Aber sie sind nicht „Radio Müller“, keine Lautsprecher. Dabei scheint gerade bei diesem Turnier – nach den vielzitierten Enttäuschungen seit dem WM-Vorrunden-Aus 2018 – ein Charakterspieler wie dieser Thomas Müller unglaublich wichtig zu sein. Die Rückholaktion des Bundestrainers hat sich schon jetzt gelohnt: Mit 31 Jahren prägt Thomas Müller, der bis auf den EM-Titel alles gewonnen hat, diese Mannschaft auf dem Platz, er gibt ihr Struktur, Führung – und Freude.

Thomas Müller avancierte seit der WM 2010 zum deutschen Publikumsliebling

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Neben seinen fußballerischen Fähigkeiten hat es Thomas Müller auch wegen seiner Lockerheit, seiner klaren Worte und seines Humors zum Publikumsliebling gebracht, seit sein Stern bei der WM 2010 in Südafrika aufgegangen war. Doch man sollte nicht den Fehler machen, diesen lustigen Bazi als Pausenclown zu unterschätzen. Seinen Wert hat er einmal mehr unter Beweis gestellt. Sollte der Auftritt ohne Müller schiefgehen – sein Fehlen würde sicherlich Teil der Erklärung sein.