Rom. Italiens Mittelfeldspieler war mit seinen beiden Toren im Spiel gegen die Schweiz Mann des Tages. Sein Name weckt nun Begehrlichkeiten.
Am Ende musste Manuel Locatelli hart im Nehmen sein, härter als zuvor im Spiel. Das Schulterklopfen der Kollegen für den zweifachen Torschütze nach dessen Auswechslung fiel ziemlich heftig aus. Locatelli war umringt von den Auswechselspielern, die ihm ihre Freude überschwänglich spüren ließen, womöglich eine Spur zu überschwänglich. Aber er wird sich nicht beschwert haben.
Nicht an so einem Abend, der der nächste magische für die italienische Nationalmannschaft bei dieser EM wurde, mit dem nächsten 3:0-Sieg, dieses Mal gegen die Schweiz. Am Mittwoch war der 23 Jahre alte Mittelfeldspieler aus Lecco der Hauptakteur.
Manuel Locatelli widmete das Tor seiner Verlobten
Sein Tor zum 1:0 taugt als Anschauungsunterricht für alle Mannschaften, die versuchen, mit unendlichen vertikalen Ballstafetten eine Lücke in der Abwehr zu finden, statt schnell und direkt zu spielen.
Locatelli hat sein Tor in der eigenen Hälfte selbst eingeleitet, mit einem wunderbaren Pass auf die rechte Seite hinaus zu Domenico Berardi. Er selbst setzte zu einem Sprint an und stürmte in den Strafraum, als der Ball von seinem Vereinskollegen präzise zu ihm zurückkam. Die Schweizer Defensive war gerade noch dabei, sich zu organisieren, da hatte Locatelli den Angriff schon abgeschlossen, mit der Führung für Italiener. Er zeigte anschließend mit beiden Zeigenfingern ein „T“ und ließ später wissen, dass er das Tor seiner Verlobten Thessa widme. „Sie gibt mir Ruhe und die Balance, die man braucht“, sagte er.
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Der zweite Treffer in der zweiten Halbzeit war nicht ganz so spektakulär. Ein präziser Schuss aus 18 Metern.
Der „Corriere dello Sport“ bezeichnet die beiden Tore als „zwei Blitze in einem Match, das auf Topniveau gespielt worden ist“. Allerdings nur von Italien, das sich mit diesem Auftritt endgültig in die Favoritenrolle für den EM-Titel brachte. „Mit Locatelli tanzt man Rock-Musik und das Ziel ist Wembley“, schrieb „La Repubblica“. Während die italienischen Medien den zweifachen Torschützen feiern und nach der vorzeitigen Qualifikation für das Achtelfinale bereits das Endspiel in London vor Augen haben, bleibt Trainer Roberto Mancini vorsichtig: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“
Dortmund soll Interesse an Locatelli haben
Locatelli ist nicht wie Kai aus Mancinis Squadra-Kiste gehüpft, wenngleich er zunächst nur den gerade erst genesenen Marco Verratti von Paris St. Germain in den ersten EM-Spielen vertreten sollte, aber nun wohl unverzichtbar geworden ist. Bei US Sassuolo, einem erstaunlich erfolgreichen Provinzklub aus der Nähe von Modena, ist er zusammen mit Berardi einer der Schlüsselspieler in dieser Saison geworden.
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Im vergangenen September gab er sein Debüt in der Nationalmannschaft, auf elf Länderspiele und drei Tore brachte er es seitdem. Die Verschiebung der EM um ein Jahr sei für ihn ein Vorteil gewesen, gibt Locatelli zu: „Ich bin erfahrener geworden, nicht nur als Spieler gereift, sondern vor allem als Mensch.“ Er steht auch für die perfekte Symbiose im italienischen Team zwischen Routiniers wie Giorgio Chiellini, der am Mittwoch früh verletzt ausgewechselt werden musste, Leonardo Bonucci oder auch Verratti, und den talentierten Jungen.
Dass Locatelli einem von einem Bauchemieunternehmen finanzierten Verein, der in der Serie A in der abgelaufenen Saison lange Zeit vorne mitgemischt und am Ende Achter wurde, erhalten bleibt, scheint nun unwahrscheinlicher denn je. Das sei aber im Moment kein Thema, sagt Locatelli. „Wenn man hier teilnehmen darf, fällt es nicht schwer, sich darauf zu konzentrieren.“
Zu den Interessenten soll auch Borussia Dortmund gehören. Aber die Chancen, ihn zu verpflichten, sind nach den ersten EM-Auftritten des Italieners sicher nicht besser geworden. Locatelli ist auch in den Fokus anderer Klubs geraten, in den von Juventus Turin zum Beispiel. Außerdem dürfte er für die Westfalen nun kaum mehr finanzierbar sein. Der Marktwert Locatellis ist in diesen Tagen kräftig gestiegen.